Grim

vor einer metallenen Tür stehen blieben. Bannzauber glommen darauf, Flüche in Th’ynguel, der Alten Dämonensprache. Neugierig flog Remis von Grims Schulter, doch kaum, dass die ersten Flammen ihn trafen, schlug eine Klaue von innen gegen die Tür und hinterließ tiefe Kratzer im Metall. Remis schrie auf, blitzschnell sauste er zurück auf Grims Schulter, während die Tür immer heftigeren Stößen ausgesetzt war.
    »Was ist das für ein Ort?«, raunte Grim, ohne sich von der verformten Tür abzuwenden. Er spürte die Macht jener Wesen, als würden sie ihn in ihre Flammen hüllen, und ballte unwillkürlich die Klauen. Doch Lyskian lächelte nur.
    »Was hattest du erwartet?«, fragte der Vampir mit leisem Spott. »Wir befinden uns in der Akademie der Schatten, jenem Ort, der die besten Dämonenjäger der Anderwelt hervorgebracht hat. Wie hätten sie üben sollen ohne … Anschauungsobjekte?«
    Er grinste, und noch ehe Remis’ hektisches Schnaufen oder Grims Faust ihn davon hätten abhalten können, riss er die Tür auf. Grim zog einen Schutzwall in die Höhe – doch vor ihnen lag nichts als ein leeres dunkles Zimmer. Mia warf ihm einen angespannten Blick zu, als sie Lyskian ins Innere des Raumes folgten. Sie schickte einen Lichtzauber über ihre Hand und erhellte das Innere einer Kapelle. Zerbrochene Bänke lagen auf dem teilweise aufgerissenen Boden, ein Kronleuchter war mit voller Wucht auf den Altar und die Grabplatten gefallen und hatte beides zerschmettert, und die Säulen, die einst aus makellosem Marmor bestanden hatten, wurden nun von zahllosen Kratzern bedeckt, die sich wie Narbengewebe über die Steinhaut zogen. Ein leises Scharren drang durch den Raum, dicht gefolgt von einem Wispern und einem boshaften, tückischen Lachen.
    Jeder Muskel in Grims Körper war angespannt. Er hasste dieses Lachen. Jede einzelne dieser verfluchten Höllenkreaturen verfügte darüber, jeder körperlose Bastard von einem Dämon konnte seine Stimme über dem Abgrund der Bosheit spannen und auf ihr musizieren, dass es jedem anderen Geschöpf die Zehennägel aufrollte. Zum Teufel, was hatte Lyskian sich dabei gedacht, sie hierherzuführen? Was auch immer er mit dem Gerede über Risse im Traum gemeint hatte – auch in einer Illusion konnte man verwundet werden, insbesondere dann, wenn sie von einem durchgedrehten Dschinn bewacht wurde, der nichts lieber tat, als sein Auge durch die Gegend zu schnippen. Grim ließ seinen Blick durch das Zwielicht der Kapelle gleiten, während die Gruppe instinktiv in Kampfposition ging, und konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, den verfluchten Blutsauger kopfüber in das Becken mit Weihwasser zu tauchen. Sobald sie hier wieder herauskamen, würde er …
    Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment schoss eine Horde skelettierter Dämonen hinter einer Säule hervor und stürzte sich auf sie. Mia verstärkte den Schutzschild, Grim warf ihnen einen Flammenzauber entgegen, der sie in blaues Feuer hüllte und die modrigen Teppiche an den Wänden in Brand setzte, und er glaubte schon, sie so einfach bezwungen zu haben, als ein Kreischen durch den Raum ging und weitere Dämonen auf sie zustürmten. Als geisterhafte Schreckgestalten glitten sie aus den Schatten der Decke, brachen aus dem Boden und sprangen wie riesige Katzen von den Säulen herab, um sich mit verdrehten Gliedern und verzerrten Gesichtern auf den Schutzwall zu stürzen. Mit einem Schrei stieß Grim die Faust vor. Eine Druckwelle schleuderte die Dämonen zurück, doch schon rappelten sie sich auf und rannten erneut auf sie los, eine mächtige Welle wahnsinniger Leiber.
    »Lyskian!«, brüllte Grim und sah aus dem Augenwinkel, wie der Vampir eine Peitsche in seiner Hand erschuf. »Es sind zu viele! Wir werden ihnen nicht standhalten, wenn … «
    Doch Lyskian hörte ihm nicht zu. Er sprang aus dem Schutzwall und schmetterte seine Waffe mitten unter die Dämonenschar. Ein markerschütterndes Brüllen zerriss die Luft, Lyskians Mantel flatterte, als würde ihm heftiger Wind entgegenschlagen, doch er zog die Peitsche mit machtvoller Bewegung zurück und beförderte einen Dämon vor seine Füße, ein Geschöpf mit echsengrüner Haut und Teufelshörnern, die ihm aus dem kahlen Schädel ragten. Seine Augen waren gelb, und er hockte in regloser Katzenhaftigkeit da, als wollte er sich jeden Moment auf Lyskian stürzen. Grim trieb die sich nähernden Angreifer mit flackernden Blitzzaubern zurück, doch sie ließen sich nicht länger bezwingen.