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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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alten Zeit war Jurys Arbeit nicht zuträglich, obwohl er sie meistens ausklammern konnte. Es sei denn, es kam ein Fall wie dieser, der es eben verlangte, dass man einen Blick zurück warf.
    Simon Crofts Haus war nicht das Ergebnis einer solchen Umwandlung. Im King-George-Stil gebaut, war es von der Architektur her nicht sonderlich interessant, wenngleich das graue Steingebäude unter anderem wegen seines Alters recht eindrucksvoll war. Es hatte die typische flache Fassade mit den hohen Fenstern im Erdgeschoss sowie im ersten Stock, in den beiden darüber liegenden Stockwerken dagegen kleinere Schiebefenster.
    Davor befand sich ein kleiner Vorplatz, auf dem fünf oder sechs Autos Platz hatten. Momentan stand dort lediglich Crofts eigener Mercedes. Als Jury in der Mordnacht hier gewesen war, war ihm aufgefallen, dass das Haus voll mit fantastischen Antiquitäten war, ein wahres Vermögen an antiken Möbeln. Jetzt stand er in einem großen, fast leeren Salon oder Empfangszimmer. An einer Wand befand sich ein Büfett, vermutlich aus dem siebzehnten Jahrhundert, dessen Tür und Seitenteile mit welkenden Blumen in Rosa und Grün bemalt waren. Die einzigen anderen Möbelstücke standen fast im Mittelpunkt des Raumes: eine unauffällige, mit tiefblauem Samt bezogene Couch und ein Chippendale-Armsessel mit silbriggrünem Damast Sitzpolster.
    Das gleiche Gefühl von Leere, dem Jury draußen nachgehangen war, ergriff ihn nun wieder. Es war die Art von Leere, die man mit Häusern in Verbindung bringt, deren Bewohner Hals über Kopf die Sachen gepackt und die Flucht ergriffen haben. Er fühlte sich an seinen ersten Besuch in Watermeadows erinnert, das wunderschöne Haus mit Gartenanlage im italienischen Stil, das an Ardry End angrenzte, obwohl beide Grundstücke sich über eine Viertelmeile erstreckten, bevor sie aneinander stießen. Er schloss die Augen und dachte an Hannah Lean. Stell dir nicht vor, wie es dort ausgesehen hatte, sagte er sich.
    Doch sobald man daran denkt, ist es natürlich schon zu spät. Der Raum in Watermeadows war noch größer gewesen als dieser hier, leerer, fast ohne ein Möbelstück - Sofa oder Sessel -,wodurch dieses verwirrte Gefühl entstanden war, dass die Eigentümer überstürzt weggegangen waren und, wie im Krieg, wie bei feindlicher Belagerung, irgendwelche Habseligkeiten zusammengerafft hatten und verschwunden waren. Er ging aus dem Zimmer.
    Dann durchquerte er die ganz in schwarzweißem Marmor gehaltene Eingangshalle, die von einer breiten Mahagoniholztreppe in zwei Hälften geteilt wurde. Er ging weiter bis zur Bibliothek, wo Mrs. MacLeish Simon Croft entdeckt hatte. Dieser Raum war wieder völlig anders, vollgestellt mit Sesseln, Tischen und Büchern. Jury machte die Schreibtischlampe an, ein kunstvoll gefertigtes Stück mit einem Messingelefanten als Sockel. Er sah die Sachen durch, die die Polizei nicht in Plastikbeuteln als Beweismittel mitgenommen hatte: ein Tintenfässchen aus getriebenem Silber, mehrere Montblanc-Füllfederhalter, ein Tintenlöscher und ein von einem massiven gläsernen Briefbeschwerer gehaltener Stapel Druckerpapier, dazu auf einem kleinen Tisch in der Fensternische der Drucker. Ein hübsches Möbelstück aus Rosenholz, das aussah wie ein kleiner Schreibsekretär, entpuppte sich als Aktenschrank. Die Sessel waren breit und behäbig, dick gepolstert und mit Leinenstoff oder Leder bezogen. Jury konnte fast fühlen, wie der Raum ihn liebevoll umfing.
    Vom Fußboden bis zur Decke waren in Regalen an drei Wänden, von denen zwei durch schmale Bleiglasfenster geteilt waren, Bücher untergebracht. Interessant erschien ihm, dass der Mörder zwar alles mitgenommen hatte, was mit dem Buch, an dem Simon Croft geschrieben hatte, zu tun hatte -Manuskript, Festplatte, Disketten -, die Bücher in den Regalen aber hatte er keiner genaueren Begutachtung unterzogen. Vielleicht hatte er keine Zeit dafür gehabt und einfach gehofft, niemand käme auf die Idee, Crofts Bücherregale durchzusehen.
    Irgendwo hier musste er gewesen sein, der Grund für den Mord an Simon Croft, und vielleicht war er immer noch dort. Es gab nicht die leiseste Spur von den Aufzeichnungen, die er doch sicher gemacht hatte. Auch keine Spur von dem kleinen Notizbuch, das Miss Penforwarden erwähnt hatte (»Er hatte es immer bei sich. >Nie ohne das hier<, sagte er.«) Und keine Spur vom diesjährigen Tagebuch, das er bestimmt geführt hatte, denn die Tagebücher der letzten fünfzehn Jahre standen so ordentlich

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