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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Feind sich als jemand anderes ausgibt, diese lächerliche Vorstellung, dass überall in England
    plötzlich verkleidete Deutsche auftauchen würden. Da kam zum Beispiel dieses Gerücht von den deutschen Fallschirmjägern auf -und dass sie als Nonnen verkleidet hier landen würden. Das und dann die Geschichte mit der fünften Kolonne. Dass Verräter in ihren Gärten stehen und den deutschen Flugzeugen mit elektrischen Taschenlampen Signale geben. Dummes Zeug! Aber wenn so eine Vorstellung sich erst einmal festsetzt, sagte Simon, ist es sehr schwer, sich geistig davon zu befreien.«
    »Ja. Die Vorstellung von Verrat hätte ihm bestimmt nicht behagt.«
    Wiggins schaltete sich ein: »Ihnen denn, Sir? Würde sie einem von uns denn behagen?«
    Miss Penforwarden schürzte die Lippen und stellte ihre Tasse auf die Untertasse zurück. Der Tee war sowieso kalt. »Wissen Sie, manchmal hatte ich das Gefühl, es gab noch etwas anderes als den Krieg, was ihn dazu drängte, diese Nachforschungen anzustellen.«
    »Aber er sagte nicht, was es war.« »So ganz direkt? Nein.«
    »Sie sagen, Sie hätten ihn vor zwei Wochen gesehen. Ist Ihnen eine Veränderung an seinem Verhalten aufgefallen?«
    Sie wirkte etwas verwirrt. »Nein. Er war so wie immer. Er redete über die vierziger Jahre, das Ausmaß der Zerstörung. Jede Nacht schickte Hitler über fünfhundert Flugzeuge herüber. Simon führte Tagebuch oder machte sich Notizen, und solche Sachen erzählte er mir. Als ich ihn fragte, wie er sich denn das alles merken könnte, hielt er das Tagebuch hoch, das er immer bei sich hatte. >Nie ohne das hier<, sagte er.«
    »Manche Leute scheinen zu glauben, er sei während der letzten Wochen seines Lebens ein wenig paranoid geworden. Das ging anscheinend so weit, dass er keine Familienmitglieder mehr in sein Haus lassen wollte. Und die Besitzer des Blumenladens wurden auch nicht eingelassen, wenn sie ihm die bestellten Blumen brachten.«
    »Aber woher wussten sie das, diese Leute, die weggeschickt wurden?«
    »Woher wussten sie was?«
    »Dass er sich verändert hatte, dass er ein wenig paranoid geworden war.«
    »Vielleicht weil er sie nicht empfangen wollte. Er schien Angst zu haben.«
    Daran hatte sie offensichtlich Zweifel. »Ich kann nur sagen, mir kam er vor wie immer.«
    »Nun, das liegt vielleicht daran, dass er sich in Ihrer Gegenwart entspannter fühlte als bei den anderen.«
    Sie tat ihren Anteil wegwerfend ab. »Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.«
    »Ich schon.« Jury stand auf und nahm seinen Mantel. »Wir gehen dann wohl jetzt. Sie haben uns wirklich sehr geholfen, Miss Penforwarden. Sind Sie bereit, Wiggins?«
    »Sir«, ließ Wiggins sich knapp vernehmen.
    Gerade eben hatte er noch ziemlich verschlafen ausgesehen. Während sie sich unter dem niedrigen Türsturz bückten, sagte Jury: »Das richten drei Tassen Tee und drei Stückchen Kuchen bei einem Menschen also an, Sergeant.«
    »Das war es aber doch wert, nicht?« Sie gingen zum Wagen. »Jetzt haben wir ein anderes Bild von Simon Croft.«
    »Die ganze Kuchenesserei war also ein Martyrium, das sich ausgezahlt hat?«
    »Das kann man wohl sagen. Ich bin ziemlich satt. Wohin jetzt?«
    Jury zwängte sich auf den engen Sitz und dachte, im Kofferraum wäre es eigentlich genauso bequem. »Setzen Sie mich an Crofts Haus ab.«
    »Was wollen Sie denn da noch finden? Die Kollegen von der Spurensicherung haben doch schon alles ganz genau untersucht -«
    »Schon. Aber manchmal hilft es, sich die Dinge ganz allein anzusehen.«
41
    Privathäuser an der Themse waren selten, besonders in der City. Die Bank von England, Mincing Lane, Lloyd's waren hier. Doch der Trend, alte Gebäude in Wohnhäuser umzuwandeln wie schon seit Jahren in den Docklands und weiter in Gegenden wie Whitechapel, Limehouse und Wapham, machte auch in der City nicht Halt. Sentimentale Menschen hätten die heruntergekommenen Docks zwar lieber als Denkmäler an Londons Vergangenheit stehen gelassen. Aber was an Romantik verloren war, hatte man an ansprechendem, behaglichem Wohnraum wieder wett gemacht. Planer und Bauunternehmer hatten zur Abwechslung einmal Recht behalten. Die Verbesserung erwies sich tatsächlich als Aufwertung, außer in den Augen derjenigen sentimentalen Gemüter, die die Vergangenheit für unantastbar hielten und sich gegen jede Art von Veränderungen sträubten.
    Jury wusste, dass er zu diesen Gemütern gehörte. Simon Croft hatte ebenfalls dazu gehört. Diese unsinnige Sehnsucht nach der guten

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