Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU
eine ganze Menge vergessen. Nach dem Tod seines Sohnes hat Hugh eine extreme Verdrängungshaltung eingenommen, auch in Bezug auf seine Ehe. Die hielt dem Gewicht von Robbies Tod nicht stand. Vielleicht ist sie jetzt in Ordnung. Jedenfalls hatte er viel Wichtigeres im Kopf als das Buch, das er mit mir schreiben wollte.«
»Wenn wir diese Sache mit Rosa Paston noch mal aufgreifen könnten«, schaltete sich Dryer ein. »Warum haben Sie nicht einfach zugegeben, dass Sie wussten, wer sie war? Und unter welchen Umständen Sie sie kennen gelernt haben? Dachten Sie, die Polizei würde Sie verdächtigen?« »Könnte schon sein, das war aber nicht der Grund.«
»Was dann?«, fragte Dryer.
»Wenn ich Ihnen davon erzählt hätte, wäre nicht ich Ihr Hauptverdächtiger in diesem Mordfall. Sondern Glynnis Gault. Ich habe versucht, Glynnis zu schützen, mehr nicht.« Harry strahlte. Mungo kroch wieder unter das Sofa.
»Der Kerl lügt, Tom. Das ist doch ein krankhafter Lügner!« Sie gingen die Treppe hinunter und über den Gehweg zum Wagen.
»Trotzdem... sind Sie sicher, dass Sie ihn nicht falsch verstanden haben?«
Jury war entsetzt. »Sagen Sie bloß nicht, Sie glauben ihm.« Dryer fixierte Jury mit einem amüsierten Blick. »Das haben Sie doch auch.«
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»Mungo!« Melrose legte das Messer hin, mit dem er gerade sein Brötchen gebuttert hatte. »Menschenskind, heuern Sie den doch an!« Kopfschüttelnd griff er nach seiner Gabel. »Der könnte doch einer von Ihren Schnüfflern werden, oder wie man diese Hunde eben nennt.«
Jury lächelte. »Mungo schnüffelt nicht. Der denkt. Vivians Argument war folgendes: Wenn Tiere tatsächlich in die Klinik mitgebracht werden durften - siehe den Wolfshund -, wieso nahmen wir dann Mungo nicht mit hinein zu Hugh?«
»Kann ich Mungo haben, nachdem man Harry weggesperrt hat?«
»Nein. Ich bin mir auch überhaupt nicht sicher, ob wir Harry tatsächlich wegsperren.« Jury klang niedergeschlagen.
»Harrys eigene Maskerade ist jedenfalls vorbei.« »Für mich schon. Für Chief Inspector Dryer kann ich nicht sprechen.«
Der junge Higgins servierte ihnen das Hauptgericht. »Fisch«, sagte Jury. »Ich gewinne wieder.« »Und Harry streitet alles ab?«
»Alles.«
»Wie hat Ihr Polizist aus Surrey reagiert?«
»DCI Dryer fragt sich, ob ich vielleicht alles missverstanden habe.«
Melrose legte seine Gabel hin. »Sie machen Witze!«
»Er will diese Möglichkeit jedenfalls nicht ganz und gar verwerfen. Immerhin ist diese Geschichte ziemlich unglaubhaft, nicht? Das war aber natürlich Harrys Absicht. Und ich - emotional überstrapaziert, nervlich belastet, verunsichert. Dryer fragt sich, ob ich das, was Harry gesagt hat, nicht >falsch verstanden habe. >Der Hund kam wieder zurück< - du meine Güte!«
»Harrys ganzes ausgeklügeltes System sollte diesen Eindruck vermitteln.«
Jury nickte. »Das ist ja der Witz dran: ausgeklügelt war es. Und er hatte seinen Spaß dran.« Jury spießte ein Stückchen Heilbutt auf und verspeiste es. »Sehen Sie, die Leute dort haben tatsächlich eine Frau mit einem Jungen gesehen, aber keiner von ihnen hatte etwas von deren Verschwinden gehört. Marjorie Bathous nicht, die Shoesmiths nicht und auch nicht Myra Easedale. Der eine oder andere hatte dann erfahren, dass >Glynnis Gault< nicht zum Maklerbüro zurückgekehrt war und dass Mrs. Bathous ziemlich durcheinander war, weil sie sie nicht erreichen konnte. Aber kein Mensch hatte Harrys Geschichte gehört, außer mir. Und die Details habe ich anscheinend selbst geliefert.« Jury schüttelte den Kopf. »Herrlich, einfach herrlich.«
»Wieso lächeln Sie?«
»Ich lächle gar nicht.«
Melrose widersprach ihm nicht. »Glauben Sie, er hat sie ermordet?«
»Ich weiß, dass er sie ermordet hat. Dazu hat doch alles hingeführt. Erinnern Sie sich - Sie selbst kamen auf die Idee, es wäre vielleicht irrt Hinblick auf irgendein zukünftiges Ereignis geplant worden. Etwas in der Zukunft. Und mit dieser haarsträubenden Geschichte soll nun alles vom Tisch gefegt werden.« Jury spießte wieder etwas Heilbutt auf. »Ich behaupte zwar steif und fest, dass Harry diese Rosa Paston ermordet hat, aber wieso sollte mich denn jemand richtig ernst nehmen? Mich, mit meiner lebhaften Fantasie, mich, den nervlich Angespannten, der mit so einer verrückten Geschichte daherkommt? Denken Sie mal nach: Was hat Marjorie Bathous denn tatsächlich gesagt? Dass Glynnis den Schlüssel nicht zurückgebracht hat. Und wie seltsam es war, dass
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