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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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anders.« Jury sah zu, wie ein großer Holzklotz zerfiel und ein Funkenregen aufstob. Er machte sich nicht die Mühe, ihre Mienen zu studieren, denn das alles hatten sie schon einmal gehört.
    Und darauf wies ihn Charles Citrine denn auch mit matter Stimme hin. »Aber alles spricht dafür, daß es jemand aus diesem Haus war. Das haben wir mit der Polizei von Wakefield und diesem Kriminalbeamten, diesem Sanderson, bis zur Bewußtlosigkeit durchgekaut.«
    »Sie glauben doch«, sagte Rena, »daß jemand aus diesem Haus die arme Ann Denholme in den Tod gelockt hat. Wenn man bedenkt, daß es uns augenblicklich etwas an Familienmitgliedern mangelt, so sind die Verdächtigen nicht gerade zahlreich. Und unsere Dienstboten dürften Sie kaum für die Schießwütigen halten.« Sie streckte die Hand aus. Dafür, daß es erst kurz nach elf war, schien die Karaffe schon tüchtig auf Wanderschaft gewesen zu sein. Und doch wirkten beide ganz und gar nicht betrunken.
    »Und natürlich Mrs. Healey«, warf Jury sanft ein.
    Citrine ließ den Kopf auf die Hände sinken. Doch seine Schwester drehte sich um, wie er vorhin, und schoß Jury einen wütenden Blick zu. »Seien Sie nicht albern. Das glauben Sie doch selber nicht!« Sie knallte ihr Glas auf den Tisch.
    Jury antwortete im gleichen sanften Ton: »Beide Anrufe, der für Ann Denholme und der für Abby, könnten aus einer öffentlichen Telefonzelle gekommen sein.«
    Rena griff wortlos zu ihrem Glas.
    »Wir wissen nur, daß es nicht der Milchmann war. Abby lebt noch und kann aussagen.«
    Keiner von beiden äußerte ein Wort, noch blickten sie einander an.
    Nachdem sich Charles geräuspert hatte - als wollte er prüfen, ob seine Stimme noch funktionierte -, sagte er: »Dieselbe Person?«
    »Können Sie sich vorstellen, daß zwei Personen dieses Spiel spielen?«
    Charles schüttelte den Kopf. Rena blickte ihn mit steinerner Miene an, und Jury hätte nicht zu sagen gewußt, ob sie Charles nun wahrnahm oder nicht. Schließlich sagte sie: »Im Fall von Ann Denholme dürfte es eine Reihe von Kandidaten geben. Männer.«
    Citrine erhob die Stimme etwas und sagte warnend: »Rena.«
    Schweigen. Dann stand sie auf und stellte sich mit den Händen in den großen Taschen ihres gefütterten Rocks vors Feuer. Sie trat mit dem Hacken ärgerlich nach einem heruntergefallenen Holzklotz. Eine blaue Flamme züngelte hoch. Die Funken ließen ihr rotes Haar silbrig schimmern und ihre bernsteinfarbenen Augen aufleuchten.
    Das ganze Geviert des freudlosen Raumes schien rings um Jury aufzulodern; hinter ihm das Kohlebecken, vor ihm die funkenstiebenden Holzklötze und Rena in ihrer flammenden Farbenpracht. Jury sah sie an, sah ihre feurige Pose und wußte, daß die schludrige, komische Rolle als Irre im Turm, als Ausgestoßene, als verlorene Tochter, trog.
    Und dann sah er es:
    Nicht die Einzelheiten, nicht den Wipfel des dunklen, belaubten Baumes, nicht den geschwungenen Rand des hellblauen Himmels und auch nicht die Symmetrie der Fensterchen, ob nun dunkel oder erleuchtet. Es war nicht das prächtig gerahmte Rechteck des Magritte-Druckes, sondern das Licht, das die Straßenlaterne auf Abbys Bild warf. In diesem Licht sah er es.
    »Sie ist Deutsche.«
    Ellen bastelte an ihrer BMW herum; die hatte weniger Schaden genommen, als es zuerst den Anschein gehabt hatte. »Deutsche? Wer ist Deutsche?« Sie sah ihn über die Schulter mit zusammengekniffenen Augen an.
    Obwohl sie einen bedrohlich wirkenden Schraubenschlüssel in der Hand hielt, antwortete er. »Caroline. Sie ist seine >Germanenkönigin<.«
    So ein Motorrad mußte einiges aushalten können; ein Wunder, daß das Leder nicht platzte, als sie den Schraubenschlüssel auf den Sattel knallte. »Wann hören Sie endlich mit dieser Scheißkassette auf! Hätte ich Lou Reed doch bloß nie erwähnt!«
    »Sie haben sich in Berlin kennengelernt. Die ganze Liedfolge handelt von ihrer Beziehung.« Und er setzte die Kopfhörer auf. Leider schirmten sie nicht genug ab.
    »Ist doch piepegal, wo sich diese Idioten kennengelernt haben!« Sie schob das Motorrad immerzu im Kreis herum und erinnerte ihn dabei an Abby. Ellen zu ärgern machte fast soviel Spaß, wie Agatha zu ärgern.
    »Sie sehen echt bescheuert aus mit Ihren blöden Kopfhörern«, schrie sie.
    »Ist das alles, was Ihnen einfällt?« fragte er sanft.
    Sie unterbrach ihre Derwisch-Kreiserei unmittelbar vor ihm und fragte argwöhnisch: »Sonst noch was?«
    Melrose streckte die Hand aus, packte sie hinten am

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