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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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auch nicht.«
    »Wo war es denn?«
    »Dahinten, hinter den Medizinfläschchen. In einer Flasche, auf der >Grüße aus Brighton< steht.«
    »Nicht zu fassen. Woher hat er das gewußt?«
    Sie hob die Schultern. »Keine Ahnung. Er hat einfach zu ihr gesagt, daß er Bescheid weiß, und sie hat gleich hingesehen.«
    Jury unterdrückte ein Lächeln und beobachtete die Kufen des Schaukelstuhls, die so schnell schaukelten wie eine richtige Schaukel. Nach kurzem Schweigen sagte er: »Tut mir leid, daß du heute morgen noch mal ins Moor mußtest. Ist dir sicher nicht leichtgefallen.«
    »Leichter als das erste Mal«, sagte sie mit einem gleichmütigen Unterton.
    »Möchtest du lieber nicht darüber sprechen?«
    Mit einer gespielten Weltverdrossenheit, die nicht einmal die Principessa hinbekommen hätte, erzählte sie. Von dem Telefonanruf, der gedämpften Stimme, dem Husten,
    Gemurmel, etwas über Stranger und Mr. Nelligans Schafe. Sie breitete ihr ganzes, schreckliches Erlebnis vor Jury aus.
    Er fragte nicht weiter; welchen Sinn hatte es schon, ihr Antworten zu entlocken, die sie schon ein dutzendmal gegeben hatte. Er sagte: »Es tut mir leid. Tut mir leid, daß ich nicht da war.«
    »Macht nichts. Ich hatte ja Stranger und Tim. Und die Schafe.«
    Darin lag keine unterschwellige Anschuldigung, keine Spur Ironie. Sie stellte eine Tatsache fest: So ist die Welt eben.
    »Ihre Tochter.« Jury schüttelte den Kopf, während er die Zigarette in den Zigarettenanzünder des Volvo steckte.
    »Wer die beiden sah, meinte, Ann Denholme wäre Abbys Mutter. Was für eine Ironie.« Melrose auf dem Beifahrersitz machte sich an dem Funkgerät zu schaffen. Die Türen waren auf beiden Seiten offen, und das Auto stand noch immer in der Einfahrt, wo Jury es abgestellt hatte.
    »Trevor Cable aufzutreiben war nicht weiter schwer. Wiggins sagt, er hört sich nach einem netten Kerl an, er wäre entgegenkommend gewesen, wenn auch >ein wenig duckmäuserisch<, so seine Worte. Er hat Abby auch nicht abschieben wollen. Bei dem Streit mit Ann Denholme, den Mrs. Braithwaite mitbekommen hat, ging es darum, daß Ann Denholme Abby zurückhaben wollte.«
    »Sie wollte sie zurückhaben und hat sie dann in eine Scheune gesteckt?« Melrose schüttelte den Kopf. »Es läuft mir immer noch eiskalt den Rücken herunter.« Er blickte durch den feinen Nieselregen zur Scheune, aus der sie gerade gekommen waren. »Verglichen mit Ann Denholme hätte man Medea zur Mutter des Jahres gewählt, und Iokaste hätte das Mutterkreuz gekriegt. Und Klytämnestra, mein Gott, eine wahrhaftige Heldin. Alle scheinen zu vergessen, daß Agamemnon ihre Tochter opfern wollte. Man sollte meinen, sie hätten irgendwann die Nase voll gehabt von soviel Vatermord, Muttermord, Kindermord und Inzest. Und wer sagt es nun Abby? Wäre es nicht besser, endlich den Irrtum aufzuklären?«
    »Damit sie mit einer weiteren Täuschung leben muß?«
    »Was ist mit dem Onkel? Trevor Cable? Will der sie nicht wiederhaben?«
    »Würde sie das wollen? Wenn Sie glauben müßten, Ihr richtiger Vater hätte Sie abgeschoben, würden Sie dann zu ihm zurückwollen?«
    Melrose ließ von dem Funkgerät ab, lehnte sich zurück und schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Aber sie ist noch so klein, Richard. Sie braucht jemanden.«
    »Soll das heißen, einen Verwandten? Seit wann ist Blut dicker als Wasser? Von Verwandten bekommt man so was nie zu hören, nein, von denen sicher nicht. Für mich ist das eine Leerformel.«
    Melrose machte das Handschuhfach auf. »Superintendent Sanderson ist der Ansicht, daß Nell Healey ein Mordsmotiv für den Mord an Ann Denholme hat, falls Roger der Vater ist.«
    Jury ließ sich tiefer auf seinen Sitz rutschen. »Ich wittere überall Geld.«
    »Ich wittere Der scharlachrote Buchstabe .«
    »Ann Denholme ist mir nie wie eine Märtyrerin vorgekommen. Weit gefehlt. Eher wie eine Erpresserin.«
    »Damit will ich sagen, falls das Motiv Ehebruch war, muß das Kind leiden. Die Rede ist von Abby, diesem dauernden Denkzettel für Healey. Wetten, daß Ann Denholme sie ihm buchstäblich vor die Nase gesetzt hat?« Melrose schloß das Handschuhfach. »Vielleicht hat sich einer nicht mehr an die >Absprache< gehalten. Vielleicht sollte Ann ursprünglich Abby abschieben, und dann wollte Healey sich von seiner Frau scheiden lassen und sie heiraten. Oder so ähnlich. Aber sie muß ganz schön blöd gewesen sein, daß sie zehn Jahre mitgespielt hat.«
    »Klingt plausibel.« Jury unterbrach sich. »Suchen Sie

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