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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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dem Grabstein, während der andere auf das Grab zulief. Ich schrie, aber nicht mal meine Stimme hörte sich mehr an wie meine eigene. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, das des Mannes, denn der war unten in der Grube, aber ihres - mein Gott, den Ausdruck, den vergesse ich nie.
    Und dann passierte alles wie in Zeitlupe; sie zog eine kleine Pistole aus ihrer Tasche und richtete sie auf mich; ich schreckte zurück und prallte gegen einen Baum, während sie schoß. Aber sie muß mit einer Pistole genausogut umgehen können wie mit einem Gewehr« - ein freudloses Lachen -, »denn sie verfehlte mich. Erschoß mich nicht, meine ich. Die Kugel streifte mich am Ohr, aber, lieber Gott, das viele Blut ...«
    Schweigen. Er zupfte wieder ein paar Akkorde auf der Fender, dann suchte er nach einer Zigarette. Jury schüttelte eine aus seiner Packung. »Sie hat wohl gedacht, daß sie mich erwischt hat. Ich rutschte nämlich am Baumstamm runter und sackte zusammen. Jetzt kam er aus der Grube geklettert und schubste sie zurück, nannte sie eine blöde Kuh, und während sie sich noch beschimpften, schaffte ich es, vom Baum wegzukriechen, aufzustehen und zu laufen. Sie müssen das verstehen, ich dachte, Billy ist tot. Ich rannte zurück zur Straße, wollte jemanden anhalten. Mit einer Hand stillte ich mit einem Hemdfetzen die Blutung am Ohr, mit der anderen versuchte ich, ein Auto anzuhalten. Tolle Idee.« Und er spielte ein ungestümes Riff, schien immer noch voller Zorn auf sich zu sein. »Haben Sie schon mal versucht, vor Autoscheinwerfern davonzurennen?«
    »Nein. Dann war es also ihr Auto?«
    »Ich weiß auch nicht, wieso sie mich noch mal verfehlten, aber sie schafften es. Dieses Mal mit dem Auto. Sonst hätte mal wieder jemand einen Unfall gebaut gehabt und Fahrerflucht begangen.«
    »Unter den Umständen hätte man das schwerlich erklären können.«
    »Ich schwenkte von der Straße ab und rannte in Richtung Küste, in Richtung Klippen. Dahin konnte sie - oder er - mit dem Auto wohl kaum hinter mir her. Wahrscheinlich hatte ich gar nicht soviel Blut verloren, wie ich dachte. So bin ich eine Meile vor mich hingestolpert, vielleicht auch zwei, vielleicht mehr; ich hab’s nicht nachgezählt. Und dann hatte ich ein unwahrscheinliches Glück; ich stieß auf ein paar Camper. Die hockten zu fünft um ein Lagerfeuer. Amerikaner, die mit dem Rucksack die britischen Inseln erkundeten. Junge Leute, so um die Zwanzig.« Charlie grinste. »Und alle stoned. Sie waren total fasziniert von diesem blutenden Briten, der da buchstäblich über sie gestolpert war. Die vergesse ich nie: Katie, Miles, Dobby, Helena, Colin. Sie hatten was im Rucksack, womit sie meine Wunde verbinden konnten. Die dachten, ich phantasiere, als ich davon quasselte, man müsse die Polizei holen, ich hätte gerade einen Mord mit angesehen.
    Nie vergesse ich, wie Miles mich ansah und die Augen zusammenkniff. Er gab mir einen Joint und sagte: >He, immer mit der Ruhe, Mann.<
    Und ich wurde ruhig, das kann man wohl sagen. Ich klappte völlig zusammen. Schlief den ganzen nächsten Tag durch, und als ich aufwachte, da klampften Dobby und Miles vor sich hin. Immer noch stoned. Nur die beiden Mädchen nahmen mich langsam ernst und rieten mir ebenso ernst, einen Bogen um die Bullen zu machen. Sechs Tage lang kriegte ich keine Zeitung zu Gesicht und hatte keine Ahnung von der Lösegeldforderung. Und das kann ich Ihnen sagen, Angst hatte ich nicht zu knapp. Schließlich hatte ich alles mit angesehen, und zuviel vor der Glotze gehockt hatte ich wohl auch.«
    Jury sagte: »Wessen Idee war es eigentlich, die Leiche von jemand anderem zu identifizieren?«
    »Meine und Onkel Owens. Ich wollte nicht, daß er mich für tot hielt wie Billy, und so habe ich ihn schließlich angerufen.«
    »Wollen Sie damit sagen, er wußte, daß Irene Citrine drinhing, und ist nicht zur Polizei gegangen?« Irgendwie paßte das nicht zu dem Bild von Owen Holt.
    »Er hat nichts gewußt. Ich habe ihm nichts gesagt. Ich hatte Angst um ihn und Tante Alice. Ich habe ihm gesagt ... ich wüßte nicht, wer es gewesen ist.«
    »Aber Ihre Tante wußte nicht Bescheid. Ihr Onkel hat ihr nichts gesagt. Warum?«
    Neuerliches Schweigen. »Er wollte schon. Aber dann fand er, auf die Dauer wäre es wahrscheinlich leichter für sie, wenn sie mich für tot hielte, statt mich nie wiederzusehen.« Er blickte auf seine Gitarre. »Und Sie kennen ja Tante Alice. Glauben Sie, die hätte so was für sich behalten können? Onkel Owen

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