Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
mit Nell Healey aufgehalten.
    »Das soll öfter vorkommen.« Sein Lächeln fiel etwas eisig aus. »Und wenn es nun Liebe war?«
    Sie kippte den Whisky. »Was gab es da zu lieben außer Geld? Na ja, ganz unattraktiv ist sie nicht .«
    Jury schüttelte leicht den Kopf. Vielleicht glaubte sie wirklich, was sie da redete. »Was ist mit Citrines Frau? Nell Healeys Mutter?«
    »Tot.« Sie errötete unter ihrer Bräune. »Charles ist Witwer -« Dann ging ihr wohl die unterschwellige Bedeutung dieser Bemerkung auf, denn sie fügte hastig hinzu: »Wahrscheinlich ein Segen, daß sie das nicht mehr erleben mußte.«
    Diese abgedroschene Floskel war selbst dem Kakadu zuviel. Er kreischte auf.
    Das aufregendste Ereignis, das sich je an einem Neujahrstag in Long Piddleton zugetragen hatte, war der Streich einer Bande von Jungs aus dem nahen Marktflecken Sidbury gewesen, die sich irgendwie durch die Hintertür Zugang zur »Hammerschmiede« verschafft und sich die Treppe zum Abstellraum hochgeschlichen hatten. Sie kletterten auf den Giebelbalken, bauten den mechanischen Schmied mit der blauen Jacke ab und bugsierten die Holzfigur nach Sidbury. Das lag nun drei Jahre zurück, doch vor drei Nächten hatten die Jungs wieder zugeschlagen. Wenn man Dick Scroggs glaubte, so konnten es hinsichtlich ihres Rowdytums nur noch die Fußballfans aus Newcastle mit den Hooligans aus Sidbury aufnehmen.
    Marshall Trueblood, nicht weniger farbenfreudig gekleidet als die entwendete Figur, saß mit seinem Freund Melrose Plant an einem der Fenstertische der »Hammerschmiede«. Beide waren emsig mit einem großen Buch voller Ausschneidebogen beschäftigt, gaben jedoch gelegentlich mitfühlende Laute von sich.
    Scroggs, der Wirt der »Hammerschmiede«, stand über die Theke gebeugt, raschelte mit den Seiten seines Telegraph und rollte einen Zahnstocher im Mund herum. Er hatte sich noch immer nicht von den Ereignissen der Neujahrsnacht erholt. Da hatte die Polizei nämlich die »käsebleiche Räuberbande« (so Marshall Trueblood) dabei ertappt, wie sie auf einer gefrorenen Wiese zwischen borstigem Gras und Farngestrüpp gerade das trockene Reisig in Brand stecken wollte, das sie um den armen Schmied angehäuft hatte. Wo er doch der ganze Stolz und die Freude des Pubs und das Farbenprächtigste war, was Long Pidd abgesehen von Marshall Trueblood zu bieten hatte. Der Schmied wurde gerettet und Dick Scroggs mit etwas angesengten Hosen zurückerstattet.
    »Schlimm genug, daß man sich die kindischen Streiche der Gören hier gefallen lassen muß«, sagte Trueblood und drückte behutsam ein vorgestanztes Dracula-Gesicht aus dem Karton, »da haben einem diese Rowdies aus Sidbury gerade noch gefehlt.«
    Wozu Melrose Plant nichts sagte. Er saß mit gerunzelter Stirn über einen ausgestanzten Torso gebeugt, an dem ein Bein befestigt werden mußte; seine langen, eleganten Finger mühten sich mit einer winzigen Lasche, die er durch einen kleinen Schlitz schieben mußte. »Wo bleibt das Cape? Ich bin fast fertig.«
    Trueblood hatte die Ausschneidebogen mit Ungeheuern und Unholden in »Wrenns Büchernest« aufgetrieben (»Ein Kampf auf Leben und Tod mit einem gräßlichen Balg«, denn es war das letzte Exemplar gewesen). »Sollen wir das wirklich so vor aller Augen machen? Ich meine, sie könnte schließlich jeden Augenblick hereinschneien.« Er lehnte sich zurück, zündete sich eine jadegrüne Sobranie an und musterte Melrose durch einen Rauchschleier.
    »Sie kommt schon nicht hereingeschneit; sie packt«, sagte Melrose, dem es inzwischen gelungen war, beide Beine am Körper zu befestigen, und der nun nach dem Gesicht griff. »Vielleicht starrt sie auch nur ihre Schrankkoffer an. Oder die Wand. Ich habe Durst.« Und er forderte über die Schulter bei Dick Scroggs eine neue Runde an.
    »Es will mir immer noch nicht in den Kopf, daß sie wirklich Ernst macht. Ihnen etwa?«
    »Sie ist seit vier Jahren mit ihm verlobt; ich könnte mir vorstellen, daß sie sich allmählich ziemlich albern vorkommt. Wo ist das Boot?«
    »Vor Ihrer Nase, alter Junge.« Trueblood lehnte ein schmales Boot an sein Bierglas. Er hatte es unter einem Haufen anderer Sachen entdeckt, die er auf einer Antiquitätenauktion ersteigert hatte. Es war blaßblau bemalt und hatte kleine Dinger an den Enden, was ihm etwas Gondelartiges verlieh. Die vorgestanzte Ratte war schon aus dem Bogen gedrückt, die durfte mitfahren, wurde jedoch vorläufig in einem Aschenbecher abgelegt.
    »Verdammt und zugenäht«,

Weitere Kostenlose Bücher