Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Bürobar; dann zog er Racers Schreibtischstuhl hervor. Cyril war ein Meister der perfekten Tarnung.
    Vom Vorzimmer her rief Fiona ungeduldig: »Glauben Sie etwa, da hätte ich noch nicht nachgesehen?« Sie schniefte erneut und erzählte Wiggins: »... als er diese Kiste mitgebracht hat, das kam mir schon komisch vor. Aber er schleppt immer Sachen durch die Gegend. Irgendwie muß er Cyril da reinbugsiert haben!«
    »Gut. Angenommen, er hat Cyril mitgenommen, wo würde er ihn hinbringen?« Eigentlich sprach er mit sich selbst, aber Fiona antwortete ihm jammernd: »Er hat ihn bestimmt in Blackheath ausgesetzt, und der arme Kater weiß nicht, wo er ist!«
    Wiggins versuchte Fiona zu beruhigen, indem er einen Film erwähnte, den er vor Jahren gesehen hatte: »Die unglaubliche Reise, über eine Katze und zwei Hunde, die beim Umzug der Familie aus irgendeinem Grunde verlorengingen und einhundert Meilen wanderten, Fiona, und ihre Familie dann wiedergefunden haben!«
    »Aber die Familie wollte sie auch zurückhaben.« Sie schneuzte sich in das Taschentuch.
    Jury sagte noch einmal: »Wo würde Racer den Kater hinbringen?« Er blätterte im Branchenbuch, fand, was er suchte, trennte die Seite heraus, riß sie in drei Teile und gab einen Wiggins und einen Fiona. »Jetzt fangen wir an rumzutelefonieren.«
    »Den Tierschutzverein? Tierheime, Sir?« Wiggins runzelte die Stirn. »Superintendent Racer macht auf mich nicht gerade den Eindruck, als würde er sich darum kümmern, daß ein Tier gut versorgt ist. Eher der Typ >Husch-in-den-Sack, rein-in-die-Themse< -« Er brach mitten im Satz ab, als Fiona wieder aufschluchzte.
    »Hören Sie auf zu reden und telefonieren Sie. Ich nehme Racers Apparat.«
    Sie sprachen alle auf einmal und sagten fast dasselbe.
    ». kupferfarbenes Fell und sehr lebhaft.«
    »... orangefarben. Weiße Pfoten. Wahrscheinlich heute morgen abgegeben worden . «
    »... bildschöner Kater, intelligent ... eventuell gestern abend. Nein? Na gut, vielen Dank.« Wiggins legte auf.
    »Stur? Hungerstreik? Hat die Tür seines Käfigs geöffnet?« Jury stand auf und sagte: »Das ist er. Mein Name ist Richard Jury. Ja, J-U-R-Y. Wir sind gleich da und holen ihn.«
    Jury ging in Fionas Büro, ein strahlendes Lächeln auf den Lippen. »Ich hab ihn, Fiona.« Sie knallte den Hörer auf. Ein sonniges Lächeln. »Ich besorge uns ein Auto; allzulange dauert es ja nicht.« Als er zur Tür hinausging, fügte er hinzu: »Und schicken Sie den Thunfisch ins Labor.«
    Eine der diensthabenden Rezeptionistinnen brachte Jury und Wiggins zu den Räumen, wo die Katzen in numerierten Käfigen saßen. Cyril war in Käfig Nummer elf.
    »Ach, ich bin ja so froh, daß Sie gekommen sind und ihn abholen. So sitzt er die ganze Zeit da, rührt sein Futter nicht an, und ich glaube fast, daß er keine Minute geschlafen hat.« Sie ging auf einen Käfig zu, in dem eine getigerte Katze mit ihren Jungen saß. Kopfschüttelnd steckte sie die Finger durch den Draht. »Die werden morgen eingeschläfert. Wenn die Leute Katzen mit Kätzchen herbringen, kann ich immer nur meinen Mund halten. Wissen Sie, die haben so gut wie keine Chance, mitgenommen zu werden, weil die Leute nur Kätzchen haben wollen.« Sie versuchte, die Katze durch das Metallgeflecht zu streicheln. »Da kann einem schon übel werden, wirklich.« Dann wandte sie sich wieder Jury und Wiggins zu und machte ein gehöriges Tamtam um den Kater und seine Retter. Cyril beobachtete das Geschehen. »Man sieht, daß er schon jede Hoffnung aufgegeben hatte. Aber er bewahrt Haltung.«
    Das war nicht einfach nur eine »Haltung«. Cyrils Pose und die träge blinzelnden Augen legten vielmehr den Schicksalsgöttinnen nahe, besser noch einmal zu überdenken, was sie für ihn vorgesehen hatten. Und was die mitfühlende junge Frau für stoisches Erdulden gehalten hatte, war, wie Jury wußte, schlichte Arroganz. Cyril war ein anpassungsfähiges Tier, wenn er es mit Racer aushielt. Selbst hier schien er trotz der neuen Umgebung und seiner Gefangenschaft nicht übermäßig erregt, weil er wußte, daß Rettung nahte. Er saß in jener für Katzen typischen statuenhaften Pose, die Pfoten hübsch ordentlich nebeneinander, den Schwanz um sich gewickelt wie eine Staatsrobe. Er gähnte. Damit hatte er ohnehin gerechnet: Erlösung!
    Sie waren vivianlos zurückgekommen.
    Hm, dachte Melrose, Lambert Strether war auch schadlos zurückgekommen. Nur daß Strether einen Morast gesellschaftlicher Heuchelei und moralischen Verfalls

Weitere Kostenlose Bücher