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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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durchwatet hatte. Zu seinem eigenen Verdruß konnte Melrose keine Jamessche Sensibilität für sich beanspruchen. Er bat Ruthven, den weißen Armani-Anzug irgendwohin zu stopfen, wo er ihn nie wieder sehen würde.
    Immerhin war es ermutigend, daß Vivian ihre Hochzeit (wieder einmal) auf einen späteren Zeitpunkt verschoben hatte, um nach London zu kommen und Jury seine Eheschließung auszureden. Trueblood hatte eine erstklassige Vorstellung hingelegt, einmal mußte er sich sogar echte Tränen verkneifen. Die Frau mit den hennaroten Haaren war schon angesichts ihrer grausigen Vergangenheit schlimm genug. Aber dann auch noch vier Kinder - untragbar!
    Sie waren bereits zwei volle Tage wieder in England, als Agatha von ihrer Rückkehr erfuhr; da war sie auch schon und schmierte Marmelade auf ein Brötchen, während Melrose versuchte, sein Buch zu lesen und Musik zu hören.
    Die neue Anlage war wirklich wunderbar, ein Meridian 208 CD-Player und Spica-Lautsprecher gehörten dazu. Gestern hatte er den ganzen Tag Lou Reed gehört, aus allen Zimmerecken zugleich hämmerte Lou auf New York City ein:
    Get ’em out
    on the Dirty Boulevard
    Gelegentlich sang Melrose mit, schlug mit den Fäusten im Takt durch die Luft und weckte damit Mindy recht unsanft.
    Heute waren es die Doors. Jim Morrison war RimbaudFan gewesen. Also, das war merkwürdig. Morrisons Grab war in Paris, sein Tod blieb ein Mysterium.
    »Hörst du schon wieder diesen Irrsinnigen?«
    »Nein, das ist ein anderer Irrsinniger.« Oje, heute nachmittag würde es wohl wieder Streit mit Agatha geben.
    »Für mich klingen sie alle gleich.« Sie setzte noch einen Klacks double cream auf die Marmelade.
    Er antwortete nicht. Die Gesandten kamen ihm wieder in den Sinn; Lambert Strether hatte Chad Newsome nicht erzählt, daß er, Strether, von einem Lastwagen angefahren worden war und daß sein bester Freund lebensgefährlich an Lungenentzündung erkrankt war.
    Und Melrose und Marshall hatten Richard Jury noch nicht angerufen, weil sie die Story noch nicht erfunden hatten, die sie ihm erzählen wollten. Melrose hoffte nur, daß Vivian kein überstürztes Ferngespräch tätigte, bevor es gelänge, Jury und die Frau mit den schwererziehbaren Kleinen zu entloben.
    »Dieses Getöse ist ja nicht zum Aushalten !« Agatha gönnte dem silbernen Teeservice eine Ruhepause und hielt sich die Hände über die Ohren.
    Melrose stellte die Anlage leiser. Die Lautsprecher waren so angeordnet, daß die Musik gleichsam in Agathas Gesicht explodierte.
    Er vertiefte sich wieder in sein Buch über Palladio. Seit seiner Reise nach Venedig interessierte er sich für Ruskin, Henry James und andere Schriftsteller, die sich über die Bauten in dieser herrlichen Stadt ausließen. »Das ist interessant.«
    »Was?«
    »Palladio war der Auffassung, daß auf jeden Landsitz eine alte Ruine gehört.« Über seine Brille hinweg starrte er Agatha an.
    »Du siehst ziemlich blaß aus«, erwiderte sie. »Ich habe dich davor gewarnt, so bald nach dieser fiesen Lungenentzündung eine Reise zu machen.«
    ... die Krankheit, die es nie gegeben hatte. Aber Ruthven hatte meisterhaft seines Amtes gewaltet und der Tante vierzehn Tage lang die Krankheit glaubhaft gemacht, derentwegen Melrose vor der Italienreise zwei Wochen lang »flachgelegen« hatte.
    Wie er sich nach diesen agathalosen Zeiten sehnte! Zwei volle Wochen lang hatten er und Mindy vor dem Kamin gesessen, vor sich hingedöst, Portwein getrunken, etwas gegessen. Damit Mindy nicht den langen Weg zur Küche auf sich nehmen mußte, hatte Melrose sogar angeordnet, daß ihr Schüsselchen ins Kaminzimmer gebracht wurde. Beide waren wie verzaubert von der Stille, dem Feuer, den Drinks, dem Essen. Ruthven war entzückt, das Mädchen für alles zu spielen. Er machte Lady Ardry eindeutig klar, daß Seine Lordschaft keinen Besuch empfangen dürfe.
    »Nicht mal von der Familie? Das ist absurd!«
    »So lauten die Anweisungen des Arztes«, hatte Ruthven mit dem Fuß in der Tür gesagt.
    »Welcher Arzt? Der aus Sidbury?«
    »Nein, Madam.« Pause. »Der aus London. Ein Spezialist.« Melrose enthielt sich eines Kommentars und las weiter in seinem Buch.
    »Und ausgerechnet mit Marshall Trueblood, dem dämlichsten Menschen im Dorf. Er hat einen schlechten Einfluß auf dich, mein lieber Plant.« Sie hörte auf zu reden, um ein Stück Kuchen zu essen. »Mit ihm zusammen wirst du genauso dämlich. Du als Aristokrat.«
    Er seufzte. »Würdest du bitte aufhören, mich immer als den

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