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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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sich für Dylan Thomas –«
    »Ha! Da müssen sie aber mindestens zu zweit sein, um den einen darzustellen.«
    »Die stehen also immer noch draußen, betrachten den Wald offenbar als ihre ganz persönliche Harry’s Bar, als plötzlich einer anfängt, einen langen, komplizierten Blankvers zu verlesen, und die zwei anderen blasen mir Rauch ins Gesicht und bieten mir die Flasche Montecristo an. Ich sage: ›Nein danke, wisst ihr, ich versuche hier nämlich wirklich zu schreiben.‹
    ›Schreiben? Schreiben ? Hey, Junge, das kannst du doch woanders. Was willst du so ein schönes Wochenende im Wald damit verplempern?‹«
    Paul lachte. »Das ist gut, das ist wirklich gut.« Er machte der Kellnerin ein Zeichen. Sie kam her, und er erkundigte sich nach der Kuchenauswahl.
    »Hm.« Sie überlegte kurz. »Es gibt Obstkuchen, äh, Blaubeer und Erdbeer, Apfel, Zitronenmeringue –«
    Als Paul sah, dass Jimmy den Kopf in die Hände sinken ließ, bestellte er ihm ebenfalls ein Stück. »Sagen wir, zweimal den Apfel. Danke. Und bitte noch Kaffee.«
    »Es gab dort bestimmt ein Dutzend solcher kleinen Hütten. Als man mich zu meiner führte, zeigte eine von den Geschäftsführerinnen oder was sie war mir nacheinander, wie sie zwischen den Bäumen versteckt lagen. Richtig idyllisch. Hätte es jedenfalls sein sollen. Aus irgendeinem verdammten Grund wurde meine dann zum Mittelpunkt des Geschehens. Und wo hatten diese Schriftsteller ihren Fusel her? Eigentlich war trinken verboten, außer im Haupthaus kurz vor dem Abendessen, wenn sie Cocktails servierten.« Als käme er gerade an die Wasseroberfläche, holte Jimmy tief Luft und sprach weiter.
    »Schließlich zogen die drei ab, und ich dachte, dann gehe ich auch gleich ins Bett. Am Samstagmorgen beschließe ich, das Frühstück im Haupthaus ausfallen zu lassen und mich gleich ans Schreiben zu machen. Ich schreibe also Bitte nicht stören!! auf einen Zettel und klebe ihn an die Tür –«
    Der Apfelkuchen kam, zusammen mit frischem Kaffee. Jimmy schob seinen Kuchen beiseite und erzählte mit fiebrigen Augen weiter:
    »Endlich kriege ich also die vier Zeilen hin, die mir zu schaffen gemacht hatten – dieses Gedicht ist nämlich wirklich schwer, wegen seiner Form. Es geht um analysierten Reim – Sie wissen ja, was das ist.«
    Mit einem großen Bissen im Mund sagte Paul: »Klar.« Nein, er wusste es nicht und wollte es auch gar nicht wissen. »Den hätte ich mit Vanilleeis bestellen sollen. Wollen Sie eine Kugel?«
    Jimmy redete weiter, als wäre Paul nichts weiter als ein Tonaufnahmegerät. »Um die Mittagszeit höre ich dann plötzlich ein Klopfen an meiner Fensterscheibe, so rat-tat-tatt mit den Fingernägeln , und mache auf, weil ich denke, es ist mein Mittagessen. Ich habe einen Bärenhunger  – hatte ja kein Abendessen, kein Frühstück. Ich mache die Tür auf, und da steht dieses Mädchen davor – oder vielmehr eine Frau, so etwa in den Dreißigern, die aber aussehen will wie dreizehn, Sie wissen schon, so mit Zigeunerklamotten, ein getupftes Tuch um den Kopf geschlungen, große goldene Ohrringe –«
    »Schöne Detailbeschreibung. Sie sollten mal was in Richtung Prosa schreiben – oh, Verzeihung.« Paul duckte den Kopf zu seinem Kuchen hinunter, als Jimmy die geballte Faust reckte.
    »Die kommt also rein, als wäre es ihre Hütte, und lässt sich auf mein Bett fallen. Sie sagt: ›Oh, Wahnsinn ‹, was für eine Nacht! Ich vergess immer wieder, ich darf Eddies Martinis nicht trinken. Die sind absolut tödlich. Ach hallo, ich heiße Marie –‹
    ›Und ich bin Alkoholiker‹, sage ich.«
    Paul prustete, die Kuchenkruste im Mund.
    »Na, da staunt die aber und flötet: ›Ach, dann bist du also auch in dem Programm?‹
    › Auch ?‹ Es gelingt mir, einen ätzenden Ton reinzubringen. ›Soll das heißen, Sie sind drin? Ha. Nein, ich bin nicht in dem Scheißprogramm, was wollen Sie überhaupt?‹
    ›Auweia, sind wir heute früh aber empfindlich!‹ Als ob ich gestern Abend mit ihr gesoffen oder gevögelt hätte.
    ›Ich bin hier, um zu schreiben , deswegen bin ich hier.‹
    ›Ich auch, dazu sind wir doch alle hier. Man muss aber doch auch mal Pause machen.‹
    ›Was anderes macht ihr hier doch überhaupt nicht. Das ist ja das reinste Pausenparadies.‹
    › Ähm‹ , sagt sie – das ist ihr doch egal. ›Kann ich ’ne Fluppe schnorren?‹ Ich schmeiß ihr die Schachtel hin. Sie zündet sich eine an und fängt an zu quasseln, wie furchtbar ihr Leben ist, drum ist sie auch

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