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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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dünnen, überdrehten Frauen in ihren hauchzarten, fließenden Kleidern, Schmetterlingen gleich, mit ihren schimmernden Lippen und Nägeln? Das Speiseetablissement stand – grundgütiger Himmel! – doch nicht einmal im Zagat , dem maßgeblichen Restaurantführer. Wie es hatte ausgelassen werden können, war ein Rätsel. Das Essen war gut und nicht zu teuer, das Aufregende war jedoch das Ambiente. Saul meinte, es läge daran, dass Nina und Tim Zagat abgewiesen worden waren. Habe er jedenfalls gehört.
    Das fanden nun alle zum Brüllen komisch.
    Und doch war es nie überfüllt. Die Leute wurden an Freitagabenden nicht wie bei Swill’s an die Bar gequetscht (wo ein Gedränge herrschte wie im Wettbüro kurz vor Annahmeschluss).
    Sie hatten – wie jeder andere auch – versucht, Erkundungen über das Old Hotel einzuziehen. Jeder von ihnen hatte sich irgendwann einmal bemüht, vom Besitzer, der gleichzeitig auch der Geschäftsführer war, Antworten auf diese Fragen zu bekommen. Der war jedoch angeblich immer gerade dann »mal kurz außer Haus« gewesen. Sie wussten (oder glaubten zu wissen), dass es tatsächlich einen Geschäftsführer gab, denn er war ihnen einmal vom Barkeeper gezeigt worden, als er gerade durch die Lobby-Bar ging. Sein Name, hatte der Barkeeper ihnen gesagt, sei Duff. Das da ist er, Sir. Er wird Ihre Fragen sicher gern beantworten. Ich würde es ja selber tun, ich bin aber noch nicht so lange hier.
    Saul fand Duff faszinierend.
    (»Ist ja klar«, war Jamies unergründlicher Kommentar.)
    Duff war ein großes Fragezeichen, ein offenes Rätsel, um ihn rankten sich wilde Gerüchte.
    Schließlich gaben sie es auf, dem Geschäftsführer nachzustellen, denn offenbar sollten sie es gar nicht erfahren. Wie bei Ödipus, nicht wahr?, hatte Sally gesagt. Die ganze Begegnung – beziehungsweise deren Nichtstattfinden – hatte etwas Fatalistisches an sich.
    »Pittsburgh hat sich mächtig verändert«, sagte Ned, als hätten sie es schon die ganze Zeit diskutiert, seit er es zur Sprache gebracht hatte. Er verzehrte die restlichen Cashewnüsse aus dem Silberschälchen.
    »Wieso fahren Sie überhaupt hin?« Sooft Ned Manhattan verließ, geriet Sally in Besorgnis.
    »Zur Recherche«, log er.
    Jamie stieß einen tiefen Seufzer aus, um ihm zu verstehen zu geben, was sie von dem Vorhaben hielt. »Fahren Sie aber bloß nicht nach McKees Rocks und kommen dann wieder und fragen mir ein Loch in den Bauch! Ob ich mich an dies erinnere? Ob ich mich an das erinnere? Ich warne Sie.«
    »Erinnern Sie sich an den Duquesne Incline? Und an die Treppe, die dort hochführt? Wissen Sie, wie viele Stufen die hatte? Da bin ich raufgestiegen.«
    Jamie guckte ihn giftig an. »Nein, sind Sie nicht! Sind Sie nicht , die wurde nämlich irgendwann in den Sechzigern abgerissen. Anfang der Sechziger. Menschenskind, da waren Sie noch ein winziges Baby.«
    »Vielleicht hat mich mein Vater ja raufgetragen.« Jamies gequälten Gesichtsausdruck ignorierend, sagte er: »Bestellen Sie mir noch einen Drink, ja? Ich gehe mal kurz zur Toilette.« Auf den Schildern stand Gentlemen und Ladies, was perfekt zum Stil des Old Hotel passte, fanden sie.
    Sally sah ihm nach und wandte sich dann an Jamie. »Sie sollten Ned nicht dauernd wegen Pittsburgh aufziehen.«
    »Wieso nicht?« Jamie schien ehrlich erstaunt über Sallys Kritik. Sie war Kritik gewohnt, aber nur in beruflicher Hinsicht, wo sie drei- bis viermal so viele schlechte Besprechungen bekam wie gute. »In Bezug auf Pittsburgh ist er wahnsinnig sentimental.« Sie bemerkte, dass Saul sie musterte. »Was schauen Sie mich so scharf an?«
    »Weil Pittsburgh das ist, was er ist. Pittsburgh ist das, was er hat.«
    Jamie war von Sauls Ton noch überraschter als vorhin von Sallys. Auf Saul hielt sie große Stücke und war darum nur noch irritierter.
    Sally sagte: »Sie können manchmal ganz schön arrogant sein, Jamie.«
    Das ignorierte Jamie, weil ihr nichts einfiel, was sie zu ihrer Verteidigung sagen konnte. »Ned erinnert sich an Sachen, die gar nicht existiert haben und die nie passiert sind!«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Weil ich nachgeschlagen habe!« Zu spät fiel ihr ein, dass ihr so ein Verhalten als tiefe Feindseligkeit und sogar Eifersucht ausgelegt werden konnte. Rasch fügte sie hinzu: »Sie wissen doch, dass ich in McKees Rocks gewohnt habe. Das liegt in der Nähe von Pittsburgh.«
    Sallys leises Lachen klang skeptisch. »Na und? Soll das heißen, Neds Erinnerungen müssen mit Ihren

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