Grimes, Martha - Mordserfolg
können. Typisch Old Hotel eben!). Saul betonte immer, er könne sich das Rauchen auch verkneifen. Worauf Jamie jedes Mal erwiderte: »Na, ich aber nicht.« Saul ging ihr manchmal schrecklich auf den Wecker.
»Nichts«, antwortete Sally auf seine besorgte Frage. »Ich dachte nur, dann gehe ich vielleicht –« Sie verstummte.
Ned war wieder da und nahm seinen Platz ein. »Gehen wir oder essen wir hier?«
»Tut mir Leid, ich hab Ihren Drink vergessen«, sagte Sally. »Ja, wir bleiben zum Essen.«
Saul sah zu, wie zwei Paare die Treppe hinauf in die vergeistigteren Sphären des Zwischengeschosses stiegen.
»Saul?«
»Was?«
»Fertig zum Essen?«, sagte Ned.
»Klar.« Saul holte sein Geldscheinbündel hervor und warf ein paar Scheine auf den Tisch, ohne jedoch die beiden aus den Augen zu lassen, die sich zwischen den Tischen dort oben einen Weg bahnten.
Die beiden, die im Park und später bei Swill’s waren! Und ihre weiblichen Gegenstücke, mitten hier im Old Hotel! Saul lachte.
»Was ist?«, fragte Jamie.
»Die Typen da.« Saul deutete mit dem Kinn nach oben. »Die waren auch im Park und bei Swill’s.«
Alle blickten in Richtung Zwischengeschoss.
»Die Anzugträger mit den Büchern.«
22
Clive kam zehn Minuten früher an, weil er wusste, dass Mort es gern hatte, wenn man auf ihn wartete, und Clive hatte sich vorgenommen, ihm heute Abend seinen Willen zu lassen. Doch als Clive die Lobby-Bar betrat, saß Mort bereits da, den Bauch an die prächtige Theke aus Mahagoni, Marmor und Jade gedrückt. Flankiert war er von einem schwarzen Paar sowie zwei Frauen, einer Rothaarigen und einer Blonden. Aufgedonnerte Tussis! Welche Kriterien Duff auch immer anlegte, der Berufsstand spielte dabei offenbar keine Rolle. An einem Nachbartisch saßen vier schmuddlig aussehende, dunkelhäutige Männer mit mächtigen Schnurrbärten, einer mit einem Turban wie einst Lawrence von Arabien. Diese Gruppe war offenbar akzeptabel, allerdings nicht auf Zwischengeschossebene, denn sie warfen immer wieder sehnsüchtige Blicke zum Balkon hinauf.
Clive staunte, dass Mort es überhaupt durch die Eingangstür geschafft hatte.
Mort klärte ihn gleich auf. »Ich habe denen meinen Namen genannt, bin da aber aus irgendeinem Grund nicht weitergekommen, also habe ich Ihren genannt.« Die willkürlichen Maßstäbe des Old Hotel quittierte Mort mit einem Schulterzucken. »Was wollen Sie trinken?«, fragte er dann gönnerhaft.
Clive lächelte. »Das Gleiche wie Sie, Martini, aber on the rocks mit zwei Oliven.« Er vervollständigte die Beschreibung für den Barkeeper, der meinte, einen Moment, es würde gleich kommen. Den Moment nutzte Clive, um den Blick umherschweifen zu lassen. Dass er sich wie ein Bauerntrampel benahm, war ihm klar. Zwar wurde wie üblich herumgeschaut, doch wollte sich keiner dabei ertappen lassen, wie er die Leute beobachtete, und so fuhren Blicke wie Pfeile umher und wurden Köpfe gedreht unter dem Vorwand, man wolle sich Feuer für die Zigarette geben lassen. Das Old Hotel hatte sich dem Druck gebeugt und fast die gesamte Lobby-Bar sowie die vom Zwischengeschoss abgehenden Räumlichkeiten zu Nichtraucherbereichen erklärt, was vernünftig war, da es sich um kleine, abgeschlossene Räume handelte.
Clive bekam seinen Martini und kippte ihn sogleich zur Hälfte, während Mort sich sofort noch einen bestellte. Clive fragte sich, weshalb er so nervös war.
Dann kam eine Empfangshostess, um sie nach oben an ihren Tisch zu führen. Sie schritten die schöne Treppe hinauf, auf die sich die Blicke der Zurückgelassenen konzentrierten. Es war, wie wenn man einer feierlichen Prozession zusah, dachte Clive: Mehrere Männer und Frauen begaben sich nach oben und es sah aus, als versammelten sich Abendgäste zu einem Staatsempfang.
Die Lehnsessel, in denen sie sich niederließen, waren so bequem, dass Clive am liebsten überhaupt nicht mehr aufstehen wollte. Er ließ Wein kommen und bestellte Paprikahähnchen, die Spezialität des Hauses. Es ging das Gerücht, Duff sei in Budapest geboren. Es ging ebenfalls das Gerücht, er sei an mindestens einem Dutzend anderer Orte geboren.
Dies getan, leerte Mort seinen zweiten Martini und fragte: »Okay, also was ist mit Paul? Und wann haben Sie vor, den Vertrag zu unterzeichnen?«
Wieso klang er so argwöhnisch? Stand Giverney womöglich auf vermintem Gelände? »Ich verstehe nicht ganz«, meinte Clive. »Ihr Klient ist doch derjenige, der erst unterschreibt, wenn seine
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