Grimm 1: Der eisige Hauch (German Edition)
die Stimme von Hank Williams aus einer Jukebox. Auf dem mit Kies bedeckten Parkplatz standen keine anderen Autos – Halt, das stimmte nicht ganz, denn auf der Seite in Richtung Fluss parkte noch ein weißer Wagen.
Nick überprüfte seine Smith and Wesson, die er unter dem Mantel in einem Holster trug, und wartete, bis ein riesiger Holzlaster vorbeigedonnert war, dessen Scheinwerfer ihn kurz anstrahlten, als er um eine Kurve bog. Als er vorbeifuhr, konnte Nick das frische Holz auf der Ladefläche riechen.
Rasch huschte er auf die rechte Seite des Gebäudes, um für jemanden, der hinter dem Fenster stand, kein gutes Ziel abzugeben. Möglicherweise war dieser Weems ja ein grundehrlicher Kerl, aber ihm kam es schon wie ein verdammt großer Zufall vor, dass ein alter Freund seiner Eltern genau in dem Moment auftauchte, in dem es richtig Ärger mit dem Eisigen Hauch gab.
Nick ignorierte die Vordertür und ging auf den Eingang an der Gebäudeseite zu. Als er nach dem Türknauf griff, hörte er, wie sich ihm jemand von hinten näherte.
Er wirbelte herum und sah sich einem alten Mann mit einem dünnen weißen Bart, einer roten Windjacke und einer weißen Golfkappe gegenüber.
„Ich bin Chance Weems“, sagte der alte Mann. Er grinste, sodass seine schiefen Zähne zum Vorschein kamen, und streckte die Hand aus.
„Sie bewegen sich leise und schnell“, bemerkte Nick und schüttelte dem anderen Mann die Hand.
Dann zeigten ihm seine Grimmsinne Weems wahres Gesicht. Er war eine
Todesdogge
.
„Sie sind ein
Wesen
!“, stieß Nick hervor und wollte ihm seine Hand entziehen.
Aber Weems hielt seine Schusshand eisern fest und grinste. Dann verwandelte er sich.
Nick entriss ihm seine Hand und griff nach der Waffe – und hörte, wie hinter ihm die Tür der Bar geöffnet wurde. Er wollte sich umdrehen.
Doch das gelang ihm nicht mehr.
Etwas Schweres traf ihn an der Schläfe.
Er taumelte, und dann krümmte er sich unter einem heftigen Schlag gegen die Brust … Um den Rücken durchzudrücken, als er einen Stromschlag bekam.
Ein Taser.
Weiße Leere umfing ihn. Er hörte drei zaghafte Herzschläge und konnte langsam wieder sehen.
Er lag auf dem Rücken, und über ihm standen drei
Wesen
. Zwei
Todesdogge
n, Weems und ein größerer, schlanker Mann in einem maßgeschneiderten Anzug. Das geifernde, tierartige
Todesdoggen
-Gesicht über dem Körper im Anzug wirkte irgendwie, als wäre es aus einem schlechten Traum entsprungen.
Eine
Todesdogge
mit einer roten Seidenkrawatte – wie surreal war das denn?
Das dritte
Wesen
war beinahe ein Minotaurus. Der Mann war ein
Mordstier
mit kurzen Hörnern, Rinderohren, einer Bullenschnauze und roten Augen.
Weems hatte Nicks Waffe in der Hand.
„Ich kann Ihnen eines verraten, Grimm“, knurrte Weems und richtete die Waffe auf Nick. „Ich kannte Ihre Mutter tatsächlich. Sie hat versucht, mich zu töten, und ich bin ihr nur um Haaresbreite entkommen, aber meinen Sohn hat sie erwischt. Anscheinend hatte sie etwas gegen unseren Speiseplan.“ Er drehte sich zu der größeren
Todesdogge
um. „Denswoz, Sie haben mir versprochen, dass ich mich an ihm sattfressen kann.“
„Das werden Sie auch, wenn die Zeit gekommen ist. Nachdem ich mit ihm fertig bin“, schnaubte die
Todesdogge
in dem maßgeschneiderten Anzug. Dann drehte sie sich zu dem
Mordstier
um. „Grogan, kümmern Sie sich um ihn. Wir sind hier viel zu gut zu sehen.“
Nick versuchte, sich aufzusetzen, aber er war noch zu benommen. Der
Mordstier
kniete mit einem Bein auf Nicks Brust und hielt ihn fest am Boden. Ihm blieb die Luft weg. Er sah etwas Glänzendes in der Hand des
Mordstiers
und wollte sich dagegen wehren, aber Denswoz knurrte und stellte seinen Stiefel auf Nicks Handgelenk, sodass der
Mordstier
mit der Spritze zustechen konnte.
K APITEL V IERUNDZWANZIG
Trooper Virgil Vallen patrouillierte auf der I-5 südlich von Roseburg und fragte sich, wann er endlich mal eine andere Schicht bekommen würde. Er machte jetzt seit fast drei Jahren die Nachtschicht. Er hatte Empfehlungen und sich die Tagschicht seiner Meinung nach mehr als verdient. Sie war ihm versprochen worden. Aber er war noch immer um dreiundzwanzig Uhr hier draußen auf dem Freeway und fragte sich, ob seine Frau ohne ihn gut schlafen konnte. In letzter Zeit nahm Marlene immer häufiger Schlaftabletten.
Vallen hatte selbst auch Schlafprobleme, was an seiner Schicht lag, und er bekam es zu spüren. Vielleicht sollte er sich einen Kaffee holen … Wenigstens
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