Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)
einen aufmunternden Schubs in Richtung Tür. „Gehen wir.“
Eine Stunde später waren sie auf dem Revier, und Guerra saß zusammengesackt auf einem Stuhl im Verhörraum. Seine Handschellen waren an einem am Tisch befestigten Metallbolzen angeschlossen, und er leugnete beharrlich jegliche Verwicklung in einen Mord.
„Sie sind nie im Claremont Park gewesen?“, wollte Hank wissen.
„Natürlich war ich da“, entgegnete Guerra. „Aber das heißt noch lange nicht, dass ich jemanden ermordet habe.“
„Wir haben Knochen vor Ihrem … Unterschlupf gefunden“, erklärte Nick. „Außerdem rohes Fleisch, Knochen und Blut in Ihrem Haus.“
„Tierfleisch, Tierknochen und Tierblut“, stellte der Verdächtige klar. „Hirsch, Hase, Eichhörnchen. Wollen Sie mich verhaften, weil ich ohne Jagdschein gejagt habe?“
„Nein“, antwortete Nick. „Angriff mit einer tödlichen Waffe, versuchter Mord, Widerstand gegen die Verhaftung und ein halbes Dutzend anderer Anklagen fallen mir schon ein, aber Jagen ohne Jagdlizenz gehört nicht dazu. In der Sache werden Sie straffrei davonkommen.“
„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie verschwinden sollen“, knurrte Guerra. „Sie haben unbefugt mein Land betreten.“
„Das Land gehört Ihnen nicht“, stellte Hank klar. „Sie haben das Haus, wenn ich das Gebäude denn als solches bezeichnen darf, auf Land gebaut, das Ihnen nicht gehört, und das ist ein Problem.“
„Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen mich in Ruhe lassen.“
„Im Moment untersuchen unsere Leute im Labor die Klinge Ihrer Axt, um zu überprüfen, ob sie zu den Schnittwunden an den menschlichen Überresten passt, die wir im Claremont Park gefunden haben“, berichtete Nick. „Wollen Sie nicht lieber vorher auspacken? Dann können wir dem Staatsanwalt erzählen, dass Sie kooperiert haben, und Sie bekommen vielleicht lebenslänglich anstelle der Todesstrafe.“
„Sie haben nichts gegen mich in der Hand.“
„Das sollten Sie hoffen“, warf Hank ein und schüttelte angeekelt den Kopf.
„Die Detectives standen auf und machten sich daran, den Verhörraum zu verlassen. Als Nick gerade die Tür hinter sich schließen wollte, rief Guerra ihm etwas nach.
„Wenn ich es mir recht überlege“, meinte Guerra, „dann habe ich doch was zu sagen.“
„Ach ja?“, fragte Nick und war gespannt, was jetzt kommen mochte.
„Ich will einen Anwalt.“
Nick klopfte an Captain Sean Renards offene Tür.
Renard sah von einer Akte auf, in der er gerade gelesen hatte. „Kommen Sie rein.“
Nick betrat gefolgt von Hank den Raum.
„Was gibt’s?“, erkundigte sich Renard.
Nick hatte seinen Boss bereits darüber informiert, dass Guerra ein gewalttätiges
Wesen
war. Die Kommunikation zwischen den beiden Männern war deutlich einfacher geworden, nachdem sie einander einen Teil ihrer Geheimnisse offenbart hatten. Renard war zur Hälfte ein
Hexenbiest
, auch
Zauberbiest
genannt, und stammte von einem der sieben Königshäuser ab, hatte sich jedoch nicht mit seiner Familie verbündet. Außerdem wusste er, dass Nick ein Grimm war.
Die beiden hatten gewissermaßen einen Waffenstillstand geschlossen, vertrauten einander jedoch nicht völlig. Nick war sich nie ganz sicher, wem Renard letzten Endes die Treue geschworen hatte. Aber er hatte Nick einen der sechshundert Jahre alten Schlüssel zurückgegeben, der zusammen mit sechs anderen eine Karte erschaffen konnte. Mit deren Hilfe gelangte man an etwas derart Mächtiges, dass schon viele gestorben waren, um dieses Geheimnis zu beschützen. Es rankten sich zwar viele Legenden darum, aber niemand wusste mit Sicherheit, was es war. Im Augenblick besaßen die Königsfamilien vier der Schlüssel und wollten die anderen unbedingt in die Finger bekommen. Indem er den Schlüssel Nick und nicht seiner Familie ausgehändigt hatte, war Renard eine zaghafte Allianz mit dem Grimm eingegangen.
„Tja, er ist ziemlich aufbrausend“, berichtete Nick. „Und wir haben mehr als genug in der Hand, um ihn anzuklagen.“
„Aber?“
Hank seufzte. „Aber nichts, was mit dem Mord und den zerhackten Knochen in Verbindung steht.“
„Sind die Laborergebnisse schon da?“
„Nein“, gab Nick zu. Sie hatten zwar ein mächtiges
Wesen
in Gewahrsam genommen, das zornig war und gern mit einer Axt herumrannte, aber irgendetwas passte da nicht, und Hank schien es ebenfalls zu spüren. Wenn Guerra des Mordes schuldig war, sollte er dann nicht wenigstens etwas besorgt sein, dass man ihn anklagen
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