Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)
ihm?“
„Er ist noch nicht lange in der Stadt“, antwortete Rosalee. „Sein Name lautet Oscar Cavendish. Er hat den Laden erst vor Kurzem entdeckt und kauft meist Kräuter und Gewürze, nichts besonders Exotisches.“
„Sollte ich sonst noch was wissen?“, erkundigte sich Monroe. „Gibt es Sonderbestellungen?“
„Ach ja, das hätte ich fast vergessen!“ Sie griff unter den Tresen und holte ein kleines, in braunes Packpapier eingeschlagenes Päckchen hervor. „Für Ben Dolan, sein Name steht auch auf dem Paket. Sag ihm, er muss sich diese Salbe nach den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen auf das Zahnfleisch auftragen, dann sollte sich sein Zustand in ein bis zwei Tagen bessern.“ Als Monroe sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah, fügte sie hinzu: „Er ist ein
Tugendschaf
mit unkontrollierten Aufwallungen.“
„Ah, er hat
Wesen
-Schluckauf“, kommentierte Monroe. „Ich hasse es, wenn so was passiert.“
Rosalee beugte sich vor und küsste ihn. „Wir unterhalten uns später, okay?“
„Okay“, meinte Monroe. „Später.“
Aber er hatte nicht gesagt, wie viel später.
Cavendish kaufte schließlich einige Gewürze zum Kochen, aber nichts, was man nicht auch in jedem Supermarkt finden konnte. Möglicherweise genoss er auch nur die Atmosphäre in Rosalees Laden. Mit Ausnahme der elektronischen Kasse hätte alles darin durchaus aus dem späten 19. Jahrhundert stammen können.
Einige Minuten später kam ein junger
Wesen
-Mann mit hochrotem Gesicht in den Laden und fragte: „Ist sie fertig?“, während er zum Tresen hastete. Im Zehnsekundenabstand verwandelte er sich unfreiwillig in seine
Tugendschaf
-Form, was für Menschen aussah, als hätte er extreme Muskelzuckungen im Gesicht. „Sie hat gesagt, ich könnte es abholen?“
„Du musst Ben Dolan sein“, meinte Monroe und reichte ihm das Päckchen mit der Salbe. Während er kassierte, wiederholte er Rosalees Instruktionen. „In ein oder zwei Tagen sollte es dir besser gehen.“
„Vielen …“, Ben verwandelte sich und sah im nächsten Moment auch schon wieder normal aus, „… Dank.“
Danach kamen immer wieder einige Kunden herein, die in der Mittagspause Einkäufe machten, oftmals zwei oder drei Personen gleichzeitig, aber nie so viele, dass Monroe nicht mit ihnen fertig wurde. Er war schon früher öfters für Rosalee eingesprungen und hatte eine gewisse Routine darin, sodass seine Gedanken auf Wanderschaft gehen und sich um das Decker-Dilemma drehen konnten.
Er hatte Decker gesagt, dass Pilates vielleicht nicht das Richtige für ihn wäre. Das stimmte auch, aber er hätte es vorgezogen, wenn sein Freund noch einen oder zwei andere Kurse ausprobiert hätte, bevor er aufgab. Da Decker Portland Precise Pilates jedoch nicht mehr betreten durfte, mussten sie sich ein anderes Studio suchen. Aber Monroe wusste, wie ungeduldig Decker war, und verwarf diesen Gedanken. Kein weiterer Pilates-Versuch. Okay. Aber es gab noch andere Wege, um einen
Blutbader
zu läutern.
Er rief Decker auf dem Handy an.
„Hey, Decker“, meinte Monroe. „Ja, hier ist dein alter Kumpel Monroe … Ich weiß, ich weiß. Aber das dauert, wie ich dir bereits gesagt habe … Ja, das verstehe ich. Aber ich hatte noch eine andere Idee, wenn du dazu bereit bist … Okay, gut. Das wollte ich hören! Hast du es schon mal mit Tai Chi probiert?“
Nick und Hank hatten eigentlich vorgehabt, sich mit Rebecca Miravalle in dem Studentenwohnheim zu treffen, in dem sie sich ein Zimmer mit Marie Chang teilte, doch dann rief Rebecca an und erzählte ihnen, dass Maries Eltern ihre Habseligkeiten vor drei Tagen abgeholt und mit nach Seattle genommen hätten. Daher fuhr Nick stattdessen zum Pearl District, der zwei Blöcke östlich des Pacific Northwest College of Art lag, um zum Jamison Square zu gelangen, der einen ganzen Block umfasste. Rebecca hatte ihnen gesagt, sie sollten nach einer lockigen Rothaarigen am Brunnen Ausschau halten.
Sie kamen an einer Imbissbude vorbei, die bei Nick ein lautes Magenknurren auslöste, und folgten dem gepflasterten Weg in die Mitte des Platzes. Ein stetiger Menschenstrom bewegte sich auf die Hauptattraktion des Stadtparks zu, den interaktiven Brunnen, bei dem das Wasser aus rechteckigen, einander terrassenförmig überlagernden Steinplatten floss und nach und nach einen flachen Teich füllte, der sich regelmäßig leerte, sodass dieser Kreislauf nie aufhörte.
Eltern beobachteten, wie ihre Kinder in das Wasser liefen, lachten und einander
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