Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)

Nancy, der Empfangsdame?“, wollte Nick wissen. „Sie könnte den Entschlüsselungscode kennen oder zumindest wissen, wo Crawford ihn aufbewahrt hat.“
    „Sie haben sie danach gefragt“, berichtete Wu. „Sie leugnet, etwas darüber zu wissen. Sie haben auch die Festplatte ihres Rechners überprüft, die nicht verschlüsselt war, doch da war nichts. Offenbar hat Crawford sie nicht eingeweiht.“
    „Ebenso wenig wie seine eigene Familie“, meinte Hank. „Sie wissen nichts über die Flyer oder die sogenannten Spezialisten, die seine Behandlung übernehmen wollten.“
    „Was ist mit Rio?“, fragte Nick. „Crawford hat angedeutet, dass so etwas schon einmal passiert ist und dass er vor langer Zeit in Rio daran teilgenommen hat. Aus diesem Grund hätten sie ihn kontaktiert.“
    „Genau.“ Jetzt erinnerte sich Hank wieder an diesen Teil der Unterhaltung. Er nahm den Telefonhörer in die Hand und rief im Haus der Crawfords an. Als es klingelte, stellte er auf Lautsprecher um.
    Nach einigen Sekunden ging eine Frau an den Apparat: Ellen Crawford, deren Stimme belegt klang. „Hallo.“
    „Mrs. Crawford, hier spricht Detective Griffin“, sagte Hank. Er entschuldigte sich dafür, dass er sie in dieser schweren Zeit stören musste. „Wie ich vorhin schon sagte, versuche ich, die Personen zu finden, die Ihren Mann zu dieser verzweifelten Tat getrieben haben.“
    „Ja“, erwiderte sie. „Ja, natürlich. Wie kann ich Ihnen helfen?“
    „Ihr Mann hat eine Reise nach Rio erwähnt“, fuhr Hank fort. „Ich gehe davon aus, dass er Rio de Janeiro gemeint hat. Erinnern Sie sich an diese Reise?“
    „Lamar hat erwähnt, dass er mal in Rio Urlaub gemacht hat“, bestätigte sie. „Aber das war lange, bevor wir geheiratet haben. Soweit ich weiß, ist er alleine dorthin gereist.“
    „Wissen Sie, wann er diese Reise gemacht hat?“
    Einige Augenblicke lang herrschte Stille. „Ich bin mir nicht sicher“, meinte sie dann. „Das muss über zwanzig Jahre her sein.“
    „Hat er irgendetwas mitgebracht? Fotos? Souvenirs? Irgendetwas?“
    „Ich habe nie irgendwelche Fotos von dieser Reise gesehen“, antwortete sie. „Seitdem muss er mindestens dreimal umgezogen sein. Falls es noch Erinnerungsstücke gibt, müssen sie sich in irgendeiner Kiste auf dem Dachboden befinden. Aber mein Mann ist … war nie besonders sentimental in dieser Hinsicht. Ich bezweifle, dass er so etwas bei einem Umzug mitgenommen hätte. Aber wenn Sie möchten, kann ich gerne nachsehen.“
    Ihrem Tonfall nach machte ihr der Gedanke, staubige alte Kisten voller vergessener Habseligkeiten ihres gerade verstorbenen Mannes durchzusehen, Angst. Nach allem, was sie gerade durchmachte, konnte Nick ihr das nicht verdenken.
    Hank räusperte sich.
    „Das könnte sich als sehr wichtig erweisen“, sagte er. „Wenn Sie sich der Sache nicht gewachsen fühlen, dann könnte ich vorbeikommen, wann immer es Ihnen passt, und das für Sie übernehmen.“
    „Nein, das geht schon in Ordnung“, erwiderte sie resigniert. „Ich werde mir auf dem Dachboden alle Kisten ansehen, die nicht gekennzeichnet sind.“
    „Wir sind Ihnen dafür sehr dankbar“, versicherte ihr Hank. „Und bereuen das Ganze zutiefst.“
    „Vielen Dank“, entgegnete sie und legte auf.
    Hank schüttelte den Kopf. „Das klingt ja nicht gerade vielversprechend.“
    „Ich werde noch mal mit den Technikern reden“, meinte Wu und verließ den Konferenzraum.
    Nick musterte die beiden Pinnwände mit den Fotos und Namen der identifizierten Opfer.
    „Vom zweiten Fundort wurden noch weitere Skelette identifiziert“, stellte er fest. „Gibt es neue Hinweise?“
    „Ich habe mit den Angehörigen telefoniert“, berichtete Hank. „Und mich noch einmal danach erkundigt, wer sie als Letzter lebend gesehen hat. Doch dabei ist nichts rausgekommen. Falls jemand zum Zeitpunkt der Entführung etwas Verdächtiges gesehen hat, würde es in der Akte stehen.“
    Nick legte die vier Versionen des Flyers nebeneinander auf den Tisch. Auf jedem Blatt stand eine Adresse, an der man eine andere Version des Flyers finden konnte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sich an jedem der vier öffentlichen Orte während der Öffnungszeiten oder auch danach frevelhafte Aktivitäten ereigneten. Das Symbol musste doch irgendjemandem etwas sagen.
    Aber es gab einen Ort, an dem er noch nicht nachgesehen hatte.
    Hank bemerkte, dass Nick die Flyer anstarrte. „Vergebliche Liebesmüh?“, meinte er.
    „Wir begreifen einfach