Grimm 2: Die Schlachtbank (German Edition)
auch nur das winzigste Häppchen zu vergeuden.“
„Ich weiß nicht, wie es bei dir ist“, flüsterte ihr die andere verschwörerisch zu, „aber ich habe heute noch nichts gegessen, damit ich mir heute Abend so richtig den Bauch vollschlagen kann.“
Er fuhr gerade so schnell, wie es erlaubt war, hielt an roten Ampeln und blinkte immer rechtzeitig, um ja nicht wegen Verkehrsverstößen aufzufallen. Al Capone hatten sie schließlich aufgrund von Steuerhinterziehung drangekriegt, und er hatte nicht vor, wegen seiner rücksichtslosen Fahrweise verhaftet zu werden.
Als er sich seinem Ziel näherte, blinkte er noch ein letztes Mal und fuhr dann vorsichtig die dunkle Gasse entlang. Die Motorhaube des weißen Vans leuchtete im schwachen Licht der einzigen Glühbirne, die über der Hintertür zu einem nicht erkennbaren Geschäft hing. Die sparsame Beleuchtung konnte die sie umgebende Dunkelheit nur in der direkten Umgebung der Tür zurückdrängen. Sie glich einer versinkenden Insel aus Licht.
Die Scheinwerfer des Vans bohrten zwei grelle Lichtkegel in die Finsternis, konnten die Schatten in den Ecken der Gasse jedoch nicht durchdringen. Auf der anderen Seite der Gasse stand eine verbeulte, überquellende Mülltonne. Als er den Van stoppte, kam hinter der Mülltonne eine dunkle Silhouette zum Vorschein und hob schützend einen Arm vor die Augen, während sie sich dem Wagen näherte.
Aus Angst, in eine Falle getappt zu sein, musterte der Fahrer den anderen Mann und versuchte, zu erkennen, ob er bewaffnet war. Mit Messern und einem Ringkampf wurde er fertig, aber er wollte nicht aus der Dunkelheit mit Kugeln beschossen werden.
Er beugte sich aus dem Fenster und sprach den anderen Mann an.
„Bist du alleine?“
„Ja, klar“, erwiderte Ray Swartley. „Ron sitzt im Knast.“
Die Brüder arbeiteten als Team, aber das hieß noch lange nicht, dass er keine Komplizen hatte oder jemanden anheuerte.
„Und du bist entwischt“, meinte der Fahrer. „Schön für dich, Ray. Willst du eine Medaille? Ich hab grad dummerweise keine mehr.“
„Nein, will ich nicht. Ich wollte mich mit dir treffen, weil … weil ich deine Hilfe brauche.“
„Meine Hilfe?“, wiederholte der Fahrer. „Warum sollte ich dir helfen?“
„Du weißt, warum.“
„Tue ich das?“, erwiderte er mit bedrohlichem Unterton.
„Du weißt schon …“ Ron sah sich in der Gasse um, als ob sie jemand belauschen würde. „Fürs Wegsehen.“
„Du wurdest dafür bezahlt, wegzusehen, Ray“, stellte er klar. „Ebenso wie dein Bruder.“
„Es ist weg“, sagte Ray kleinlaut.
„Was ist weg? Dein Geld? Was interessiert mich das?“
„Die Bullen haben es beschlagnahmt, zusammen mit unseren Tabletten“, berichtete Ray. „Und sie haben Doc Filbert auffliegen lassen. Ich habe das Geld, die Pillen und meinen Lieferanten verloren.“
„Und wieso sollte mich das jetzt interessieren?“
„Ich brauche ein bisschen Kohle“, erwiderte Ray. „Um die Kaution für Ron zu bezahlen. Sobald er draußen ist, machen wir die Biege. Du wirst uns nie wiedersehen.“
„Ihr wurdet bereits bezahlt, Ray“, entgegnete er. „Ich bin keine Bank. Ich hab auch kein weiches Herz. Ich bin nicht einmal euer Freund. Wir haben eine geschäftliche Transaktion abgewickelt, und die ist jetzt beendet.“
Er legte den Rückwärtsgang ein, aber Ray streckte die Hand aus und hielt sich an der Tür fest.
„Komm schon, ich brauche auch nicht viel Geld“, jammerte Ray. Als Zeichen seiner Verzweiflung verwandelte er sich in seine
Nagerstein
-Form, und seine rattenähnlichen Gesichtszüge zuckten. „Du weißt, dass Ron und ich nie etwas ausplaudern würden. Wir würden nie irgendjemandem verraten, dass du die Leichen auf dem leeren Grundstück vergraben hast. Und sobald wir die Stadt verlassen haben, werden uns die Bullen nie wiederfinden und zum Reden bringen.“
„Freut mich, zu hören, dass ihr nichts ausplaudern werdet, Ray“, sagte er. „Schließlich hatten wir einen Deal. Ich habe euch verdammt gut dafür bezahlt, dass ihr die Klappe haltet.“
„Ja, aber … Die Sache ist die … Ron sitzt im Knast und die Bullen werden ihm Druck machen, damit er auf einen Deal eingeht“, meinte Ray. „Mann, du weißt, dass sie auch mir einen Deal anbieten werden, damit ich ihnen sage, was ich weiß. Vielleicht sogar dieses Zeugenschutzding. Sie werden uns irgendwo verstecken, und dafür müssen wir ihnen bloß verraten, wer diese Leichen vergraben hat.“
„Ich hab meine
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