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Grimm - Roman

Titel: Grimm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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ein böser Mann in einem Film.«
    Nicht gut, nein, gar nicht gut.
    Sie sah sich wachsam um, dann gingen sie mit schneller werdenden Schritten ihres Weges.
    »Du darfst niemals vom Weg abkommen«, erklärte Vesper.
    Greta nickte.
    »Weiß du auch, warum?«
    »Wegen Rotkäppchen.«

    Sie musste schmunzeln.
    »Mama hat mir gesagt, dass man nicht wirklich erkennen kann, dass ein Wolf in einem Mann ist.«
    Vesper spürte ein Frösteln tief in ihrem Herzen. Irgendwie erfüllte sie dieser Satz mit einer unbestimmten Panik. »Du musst dich vor den bösen Männern in der Stadt immer vorsehen«, sagte sie gedankenverloren und fühlte sich wie die Beute, deren Spiegelbild sich warm in den Augen des Raubtiers bricht.
    »Ich weiß.«
    »Gut.«
    »Wölfe sehen nämlich wie Menschen aus«, erklärte die Kleine und wirkte so unschuldig dabei.
    Vesper erstarrte, dann flüsterte sie: »Ja, davon habe ich als Kind geträumt.«
    Sie warf einen weiteren Blick zurück in die wabernden Schatten, in denen sich die unscheinbaren Bewegungen der Passanten verloren. Es war ein ungutes Gefühl, das sie dabei hatte. Auch Greta hatte gesehen, dass da jemand war.
    Jemand, der ihr folgte. Verdammt, der ihr seit dem Hafen folgte. Womöglich sogar noch länger.
    »Was hast du?«
    »Nichts«, log sie. »Ist alles in Ordnung.« Dann griff sie die Hand der Kleinen noch fester und ging mit ihr zur Bushaltestelle. Greta lief brav neben ihr her und schaute zu ihr auf, als sei sie ihre große Schwester.
    Vesper indes konnte es sich nicht verkneifen, noch einmal nach hinten zu schauen.

    Konnte es sein, dass sie sich das alles nur eingebildet hatte? Warum fühlte sie sich mit einem Mal so verfolgt?
    Die Dämmerung erinnerte sie an einen Traum, von dem sie geglaubt hatte, sie hätte ihn längst vergessen.
    Als kleines Mädchen hatte sie immerzu den gleichen Traum gehabt. Sie rannte über eine Wiese, und ein schwarzer Wolf folgte ihr. Je schneller sie lief, umso langsamer wurde sie; eines der Gesetze, denen Träume folgen. Der Wolf indes, ein pechschwarzes Ding, das eher wie eine Tuschezeichnung aussah als wie ein Wolf, jagte ihr nach, und kurz bevor es sie einholte, erwachte sie. Insgeheim hatte sie immer geglaubt, dass der Wolf gar kein richtiger Wolf war, sondern dass eine dunkle Gestalt eines Tages auf sie warten würde, irgendwo da draußen in der weiten Welt. Sie hatte sich immer schon vor dunklen Ecken und tiefen Kellern gefürchtet.
    Genau dieses Gefühl beschlich sie nun, wenn sie an die Gestalt im Schatten dachte.
    »Vesper?«
    Greta lächelte glücklich. »Ich glaube, die Läuse sind wirklich lieb.«
    Vesper beugte sich zu ihr herab. »Wie kommst du darauf?«
    »Sie singen jetzt Lieder.«
    »Echt?«
    »Hör doch.«
    Vesper beugte sich zu ihr herab, lauschte. »Stimmt«, flüsterte sie, »ich kann sie hören.«
    »Sie spielen Musik wie auf der Kirmes.«

    Der Bus kam endlich und hielt an. Mit einem lauten Zischen öffneten sich die Türen. Ein Strom rücksichtsloser Passanten drängte nach draußen. Vesper und Greta hielten ihm stand und stiegen ein.
    Als der Bus losfuhr, wurde Vesper einer Gestalt gewahr. Sie trug einen Mantel und war nur sehr undeutlich zu erkennen, weil der dichte Regen und die Dämmerung dem Auge Streiche spielten.
    »Wer bist du?«, flüsterte Vesper und war mit einem Mal froh, dass die kleine Greta ihre Hand hielt.
     
     
     
    Kurz darauf trafen sie beim Theater ein. Der Regen war kaum mehr als ein Nieseln.
    »Ist Mama sauer?«, wollte Greta wissen.
    Vesper schüttelte den Kopf. »Nein, gar nicht.«
    Sie betraten das Theater am Fleet . Drinnen herrschte jetzt ein kunterbuntes Durcheinander, weil die Schauspieler, Techniker und Helfer für die abendliche Vorstellung inzwischen eingetroffen waren und ihrer Arbeit nachgingen. Vesper zog die Kleine die Treppe hinauf zum Zimmer der Schneiderin.
    Ida zog sich sofort einen Mantel über, als sie den Raum betraten.
    »Oh, Greta«, begrüßte sie ihre Tochter, »diese dummen Kindergartentanten.«
    »Sie riechen nach Katzenklo und Zigaretten«, verkündete Greta freudig. »Und das mögen die Läuse gar nicht.«

    Ida sah Vesper fragend an.
    »Ist eine lange Geschichte«, wich diese aus.
    »Dessen bin ich mir sicher«, antwortete Ida, schnappte sich ihre Tochter und begann ihre Haare zu untersuchen. »Da ist nichts«, schimpfte sie. »Gar nichts, nur Krümel.«
    »Du musst zum Arzt mit ihr. Sie wollen ein Attest.«
    »Mist, ich wusste es.« Sie schaute gehetzt auf die Uhr.
    »Ich kann das

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