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Grimm - Roman

Titel: Grimm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sich in dieser Gegend bestens aus. Nach einer halben Stunde Fahrt bogen sie in einen Feldweg ein, der in geschwungenen Kurven bergauf führte.
    An seinem Ende wurde Vesper eines kleinen Häuschens gewahr, das einsam auf einer Wiese direkt am Waldrand stand.

    Das schräge Dach berührte zu beiden Seiten den Boden und war mit Moos bewachsen, das hier und da durch den Schnee hindurchschimmerte. Ein auffällig gekrümmter Schornstein neigte sich in den Himmel, und heller Rauch quoll daraus hervor.
    »Das ist es«, verkündete Andersen.
    »Sieht so aus, wie ich es mir vorgestellt habe«, bemerkte Vesper.
    »Da wohnt also die Hexe«, stellte Leander fest.
    Edgar, der jetzt hellwach und aufgeregt war, sagte gar nichts. Er hockte nach wie vor im Kofferraum. Er drückte sich da hinten herum, als habe er Angst davor, gesehen zu werden.
    Das hier ist keine Gegend für ein Äffchen, dachte Vesper nur, und sofort tat er ihr leid.
    Sie fuhren vor, hielten an.
    In dem Schnee vor dem Haus waren keinerlei Fußspuren zu erkennen.
    »Normalerweise kommen wohl nicht viele Besucher her.« Das alles wirkte nicht gerade einladend.
    »Ich kann nur hoffen, dass sie uns empfängt«, meinte Andersen. Nach wie vor trug er seinen Militärmantel.
    »Ich dachte, Sie kennen sie gut.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nun ja, nicht wirklich«, gab er zu. »Ich habe von ihr gehört. Nur Gutes, das muss ich zugeben. Aber getroffen habe ich sie noch nie. Es war Carlotta, die mir von ihr erzählt hat.«
    Deswegen hatte er es also vermieden, sie vorher zu kontaktieren. Sie hatte also Carlotta Siebenbürger gekannt.

    Na, klasse. Das war über zwanzig Jahre her, wenn Vesper richtig rechnete. Könnte interessant werden, der Tag.
    »Und wenn sie uns nicht sehen will?«
    Er zuckte die Achseln. »Dann haben wir ein Problem.«
    »Sie haben gesagt, Sie fürchten, dass die Hexe Sie nicht leiden kann.«
    »Stimmt.«
    »Ist bestimmt nicht hilfreich, wenn wir mit ihr reden wollen.«
    Andersen gab sich wortkarg. »Könnte sein.« Er wirkte angespannt.
    Vesper stapfte missmutig durch den Schnee. »Wir sind aber den ganzen Weg bis hierher gefahren, weil Sie glauben , dass sie mit uns reden wird?«
    »Ja.«
    Sie stapften weiter.
    »Es lebe der Optimismus«, kommentierte Leander.
    Sie erreichten das Haus.
    Die Tür war aus schwerem Holz, Misteln hingen daran. Zwei Glöckchen, ein Windspiel.
    Andersen klopfte an.
    Sie hörten ein Rumpeln von drinnen. Dann öffnete eine Frau mit strahlend blauen Augen. Sie war nicht mehr ganz jung, aber auch noch nicht ganz alt. Ihr wirres Haar war silbergrau, doch ihre Augen waren die eines jungen Mädchens, das an Schabernack und schöne Dinge zu denken vermochte. Ihr Alter lag jenseits jeder Schätzung,
sie war zeitlos wie all die alten Legenden um jene ihrer Art.
    »Wer sind Sie?«, blaffte sie. Sie hatte die Stimme einer Raucherin, frech und ein wenig dreckig.
    »Ich bin Jonathan Andersen.«
    »Einen schönen Tag noch, Jonathan Andersen«, sagte sie und knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
    Vesper und Leander tauschten Blicke.
    »Nun ja, man hat immer drei Versuche«, entschuldigte sich Andersen, nicht mehr ganz so sicher.
    Er klopfte erneut.
    Von drinnen vernahmen sie ein Murren.
    Dann wurde die Tür neuerlich geöffnet. »Na, Sie schon wieder!«
    »Wir sind die ganze Nacht unterwegs gewesen«, erklärte Jonathan Andersen, »weil wir Hilfe benötigen.«
    Sie kniff die Augen zusammen. »Warum kommen Sie damit zu mir?«
    »Weil Sie eine Hexe sind«, entfuhr es Vesper. Es war nie verkehrt, das Ganze ein wenig zu beschleunigen.
    Andersen rollte mit den Augen.
    Edgar hockte auf seiner Schulter, schwarz-weiß wie ein Stück alter Film und zappelig.
    Die Hexe beäugte das Äffchen lange.
    »Ach ja, Mädchen?« Sie trat auf Vesper zu. »Du glaubst also, ich bin eine Hexe?«
    Vesper wusste nicht, was sie tun sollte, also nickte sie einfach.
    »Wie alt bist du?«

    »Siebzehn.«
    »Und du glaubst, eine Hexe zu erkennen, wenn du eine siehst.«
    Vesper dachte an die Mädchen in ihrer Klasse. »Ja.« Ihre Stimme war fest und entschlossen.
    Die Frau lächelte. Anscheinend hatte ihr die Antwort gefallen. »Hallo, ich bin Theodora Zobel«, stellte sie sich vor.
    »Vesper Gold«, sagte Vesper.
    Auch Leander begrüßte sie.
    »Trotzdem, ich mag keine Fremden.«
    »Wir sind keine Fremden«, entfuhr es Leander.
    Theodora Zobel starrte ihn neugierig und abfällig zugleich an. »Ich kann mich nicht daran erinnern, dich schon einmal getroffen zu haben,

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