Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
aus, dass er ihm nicht gehört, sonst wäre ihm nichts davon begegnet: »doch aber kann ichs nicht lassen und muss dir heraushelfen; pack an meinen Schwanz und halte fest.« Darauf kroch der Fuchs und schleppte ihn zum Brunnen heraus.
Wie sie oben waren, sagte der Fuchs: »deine Brüder haben Wächter gesetzt, die dich töten sollen, wenn du über die Grenze kämest.« Da zog er armen Mannes Kleider an, und kam unbekannt bis an des Königs Hof, und kaum war er da, so fraß das Pferd, so pfiff der Vogel und die Prinzessin hörte Weinens auf. Da trat er vor den König und offenbarte das Bubenstück seiner Brüder und alles, wie es sich zugetragen hatte. Die Brüder wurden ergriffen und hingerichtet, und er bekam die Prinzessin, und nach des Königs Tode das Reich.
Lang danach ging er einmal wieder in den Wald, da begegnete ihm der alte Fuchs und bat aufs flehentlichste, er möchte ihn totschießen und ihm Kopf und Pfoten abschneiden. Also tat ers endlich, und kaum war es geschehen, als sich der Fuchs in einen Menschen verwandelte, und war der Bruder der Königin, der nun endlich erlöst worden war.
Der Hund und der Sperling
E in Schäferhund hatte keinen guten Herrn, sondern einen, der ihn Hunger leiden ließ. Wie er’s nicht länger bei ihm aushalten konnte, ging er ganz traurig fort. Auf der Straße begegnete ihm ein Sperling, der sprach: »Bruder Hund, warum bist du so traurig?« Antwortete der Hund: »Ich bin hungrig und habe nichts zu fressen.«
Da sprach der Sperling: »Lieber Bruder, komm mit in die Stadt, so will ich dich satt machen.« Also gingen sie zusammen in die Stadt, und als sie vor einen Fleischerladen kamen, sprach der Sperling zum Hunde: »Da bleib stehen, ich will dir ein Stück Fleisch herunterpicken«, setzte sich auf den Laden, schaute sich um, ob ihn auch niemand bemerkte, und pickte, zog und zerrte so lange an einem Stück, das am Rande lag, bis es herunterrutschte.
Da packte es der Hund, lief in eine Ecke und fraß es auf. Sprach der Sperling: »Nun komm mit zu einem andern Laden, da will ich dir noch ein Stück herunterholen, damit du satt wirst.« Als der Hund auch das zweite Stück gefressen hatte, fragte der Sperling: »Bruder Hund, bist du nun satt?« – »Ja, Fleisch bin ich satt«, antwortete er, »aber ich habe noch kein Brot gekriegt.«
Sprach der Sperling: »Das sollst du auch haben, komm nur mit.« Da führte er ihn an einen Bäckerladen und pickte an ein paar Brötchen, bis sie herunterrollten, und als der Hund noch mehr wollte, führte er ihn zu einem andern und holte ihm noch einmal Brot herab. Wie das verzehrt war, sprach der Sperling: »Bruder Hund, bist du nun satt?« – »Ja«, antwortete er, »nun wollen wir ein bißchen vor die Stadt gehen.«
Da gingen sie beide hinaus auf die Landstraße. Es war aber warmes Wetter, und als sie ein Eckchen gegangen waren, sprach der Hund: »Ich bin müde und möchte gerne schlafen.« – »Ja, schlaf nur«, antwortete der Sperling, »ich will mich derweil auf einen Zweig setzen.« Der Hund legte sich also auf die Straße und schlief fest ein. Während er dalag und schlief, kam ein Fuhrmann herangefahren, der hatte einen Wagen mit drei Pferden und hatte zwei Fässer Wein geladen.
Der Sperling aber sah, daß er nicht ausbiegen wollte, sondern in dem Fahrgleise blieb, in welchem der Hund lag; da rief er: »Fuhrmann, tu’s nicht, oder ich mache dich arm.« Der Fuhrmann aber brummte vor sich: »Du wirst mich nicht arm machen«, knallte mit der Peitsche und trieb den Wagen über den Hund, daß ihn die Räder totfuhren. Da rief der Sperling: »Du hast mir meinen Bruder Hund totgefahren, das soll dich Karre und Gaul kosten.« – »Ja, Karre und Gaul«, sagte der Fuhrmann, »was könntest du mir schaden!« und fuhr weiter.
Da kroch der Sperling unter das Wagentuch und pickte an einem Spundloch so lange, bis er den Spund losbrachte; da lief der ganze Wein heraus, ohne daß es der Fuhrmann merkte. Und als er einmal hinter sich blickte, sah er, daß der Wagen tröpfelte, untersuchte die Fässer und fand, daß eins leer war.
»Ach, ich armer Mann!«, rief er. »Noch nicht arm genug«, sprach der Sperling und flog dem einen Pferd auf den Kopf und pickte ihm die Augen aus. Als der Fuhrmann das sah, zog er seine Hacke heraus und wollte den Sperling treffen, aber der Sperling flog in die Höhe, und der Fuhrmann traf seinen Gaul auf den Kopf, daß er tot hinfiel. »Ach, ich armer Mann!«, rief er.
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