Grimpow Das Geheimnis der Weisen
die Templer verraten und dem französischen König eingeredet, dass sie den wunderkräftigen Gegenstand in den Burgen des Steinkreises versteckt hätten. Meinem Vater gelang es gerade noch, aus Lyon zu fliehen und sich auf den Weg zur Abtei Brinkum zu begeben, wo er Unterschlupf suchen wollte. Aber er verirrte sich im Nebel, kam in den Bergen vom Weg ab und erfror schließlich. Bruder Umberto trug mir dann auf, die Mission meines Vaters fortzuführen und den Stein wieder an mich zu bringen, weil das Geheimnis der Weisen ohne diesen nicht zu enthüllen sei.«
Inzwischen sah Grimpow seine Befürchtung bestätigt, dass Salietti ihn arglistig getäuscht hatte.
»Du wolltest mir also nur den Stein stehlen? War das die Mission, die du erfüllen solltest?«, fragte er den Ritter gekränkt.
Dieser ließ gedemütigt den Kopf hängen. Grimpow nahm Weynelle den Stein ab und drückte ihn Salietti wütend in die Hand.
»Hier! Du kannst ihn behalten! Behalte ihn nur, diesen verfluchten Stein, und zwar für immer!«, schrie der Knappe unter Tränen und begann bitterlich zu weinen.
Es war nicht das erste Mal, dass Grimpow sich verraten fühlte. Deshalb vermochte er auch die Tränen nicht zurückzuhalten, als er von Saliettis wahren Absichten erfuhr. Auch Durlib war sein Freund gewesen und hatte ihn trotzdem allein in der Abtei zurückgelassen, als zählten seine Gefühle nicht oder als hätte er gar keine. Dem Jungen lag nicht viel an dem geheimnisvollen Stein, er hätte ihn seinem Freund gut und gerne gegeben, wenn dieser ihn darum gebeten hätte. Ja, er hätte für einen Freund noch viel mehr gegeben, sogar sein Leben. Doch nun musste er noch einmal feststellen, dass Menschen, die er für seine Freunde hielt, nicht bereit waren, dasselbe für ihn zu tun. Er hätte nicht unglücklicher sein können.
»Du hast mich betrogen!«, schrie er wütend.
»Ich musste es tun«, gab Salietti zurück.
»Und jetzt, wo du den Stein hast, was hast du jetzt vor? Willst du mich umbringen, he? Willst du mich Burumar de Gostelle ausliefern, damit er mich foltert und bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen verbrennt? Ist es das, was du mit mir vorhast, nachdem du mir den Stein der Weisen abgenommen hast? Ich habe gedacht, du wärst mein Freund«, schloss Grimpow und wurde erneut von einem Weinkrampf gepackt.
Weynelle bemerkte zwar in Saliettis Augen sehr viel Hochachtung für den Knappen, beschloss aber, sich aus dem Streit herauszuhalten. Der Ritter ging auf seinen Freund zu und wollte ihn trösten, doch dieser rückte von ihm ab.
»Na, komm schon, Grimpow. Es tut mir leid, wirklich. Bitte verzeih mir! Ich habe dich betrogen, aber zu deiner eigenen Sicherheit. Wie hätte ich dich absichtlich bekümmern wollen?«, verteidigte sich der Ritter betrübt. »Anfangs hatte ich den Auftrag, den Stein an mich zu bringen und mich deiner zu entledigen. Aber als ich dich kennengelernt und erfahren habe, wie gut du über die großen Geheimnisse des Lebens Bescheid weißt, da wurde mir klar, dass der Stein ein Teil deiner Seele ist, und ich habe es mir anders überlegt. Ich weiß nicht, warum, aber mir dämmerte, dass die Mission, die Bruder Umberto von Alessandria mir aufgetragen hat, ohne dich unmöglich zu bewerkstelligen sein würde. Ich habe es dir sogar selbst gesagt, erinnerst du dich?«
Grimpow musterte seinen Freund nur schweigend.
Daher redete Salietti einfach weiter. »In der Krypta der Kirche von Cornille habe ich zu dir gesagt, der Stein hätte dich erwählt. Deshalb habe ich auch beschlossen, dich zu beschützen und dir bei der Suche nach dem Geheimnis zu helfen. Ich wollte, dass du an meiner Stelle die Mission fortführst, die mein Vater nicht zu Ende bringen konnte. Bruder Umberto hat mir erzählt, er habe einen Brief an einen Weisen gesandt, dessen Namen er nicht genannt hat, um ihn zu schützen. Dieser Mann sollte mich in der Kirche von Cornille erwarten und mir zur Seite stehen. Die ersten Hinweise in den alten Handschriften besagten nämlich, dass die Suche nach dem Geheimnis genau in jener Kirche beginnen müsse. Ich wusste nicht im Geringsten, wonach ich dort suchen sollte, als wir bei unserer Ankunft die brennenden Häuser sahen. Ich fürchtete schon, es könnte etwas geschehen sein, und als der Schmied uns erzählte, dass die Soldaten des Barons einen alten Mann mitsamt seiner Tochter abgeführt hatten, da zweifelte ich nicht mehr daran, dass es sich um den alten Freund meines Vaters handelte.«
Saliettis Gesicht schien
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