Grimpow Das Geheimnis der Weisen
veranstaltet.«
Salietti führte sein Pferd an den Zügeln in den Hof, dann lief er zu Jan und half ihm, das große Tor wieder zu schließen. Erst danach fielen sich die beiden Freunde in die Arme.
»Komm, damit ich dir als Erstes meine Freunde vorstelle«, sagte Salietti.
»Ich sehe schon, du bist nicht allein gekommen«, sagte Jan und versuchte angestrengt, mit dem Ritter Schritt zu halten.
Grimpow und Weynelle saßen ab und warteten neben Salietti darauf, dass er sie mit dem Wirt bekannt machte. Jan betonte mehrfach, wie sehr ihn der Besuch freue, und hieß sie herzlich willkommen.
Schließlich sagte er: »Lasst uns in die Gaststube gehen und einen Wein trinken, dann erzählt ihr mir, welchem Umstand ich diese angenehme Überraschung zu verdanken habe. Ich will euch auch etwas zu essen geben, denn ihr seid bestimmt hungrig. Niemand sollte zu Bett gehen, solange sein Magen noch unzufrieden knurrt«, fügte er lachend hinzu.
In der Gaststube war es finster und ein säuerlicher Geruch hing in der Luft, eine Mischung aus Most und Gerste. Jan stellte die Kerze auf einen Tisch, der mit einer dicken Schmutzschicht überzogen war, und bat seine Gäste, Platz zu nehmen. Dann holte er mehrere Krüge von der Theke, füllte sie mit Wein und gab sie an Salietti weiter, damit dieser sie verteilte. Anschließend verschwand der Wirt in der Küche und kehrte kurz darauf mit einem Holzbrett zurück, auf dem ein paar große Brotkanten und ein Stück Käse lagen.
»Leg endlich los, Salietti. Wie kann ich euch behilflich sein?«
Der Ritter nahm ein Stück Käse und Brot, dann ergriff er das Wort. »Vorab will ich dir noch die Grüße von einem alten Bekannten ausrichten, Bruder Umberto von Alessandria«, sagte er.
»Er hat uns nämlich geraten, bei dir unterzukommen«, warf Grimpow ein und war gespannt darauf, bald mehr über die Beziehung zwischen Salietti und dem Gastwirt zu erfahren.
Jan machte ein zufriedenes Gesicht, als die Erinnerungen an alte Zeiten in ihm hochkamen. »Der alte Umberto! Lebt er noch? Es ist über zwanzig Jahre her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Wo steckt er denn?«
»In der Abtei Brinkum«, klärte Salietti ihn auf, ohne auf die Bettlägerigkeit und die Blindheit des greisen Mönchs einzugehen.
»Und dein Vater, wie geht es dem unermüdlichen Iacopo de Estaglia?«, wollte Jan nun wissen.
»Er ist im vergangenen Winter verstorben«, sagte Salietti. »Aber wenn es dir nichts ausmacht, erzähle ich dir ein andermal mehr.«
»Mein Beileid, mein aufrichtiges Beileid. Ich nehme an, dass du deine Gründe hast, jetzt nicht weiter darauf eingehen zu wollen«, sagte der Wirt betrübt, um dann sogleich hinzuzusetzen:
»Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als er mir ein Paar Stiefel geschenkt hat wie diese hier.« Er zeigte auf sein verkürztes Bein unter dem Tisch. »Sie haben einen erhöhten Holzabsatz und gleichen so das Hinken aus. Ich kannte niemanden, der so erfinderisch war wie dein Vater. Doch sag an, welche Angelegenheit führt euch nach Straßburg?«
Grimpow und Weynelle saßen schweigend da, verschlangen Käse und Brot und tranken den Wein in kleinen Schlucken.
»Wir bitten dich um ein Quartier für die Nacht und brauchen deine Hilfe bei der Suche nach einem Mann namens Aidor Bilbicum«, sagte Salietti.
»Aidor Bilbicum?«, wiederholte der Gastwirt nachdenklich. »Ich kann mich nicht entsinnen, diesen Namen je gehört zu haben.«
»Wir nehmen an, dass er zu einem Geheimbund von Weisen gehört hat, der Ouroboros hieß«, ergänzte Grimpow.
»Das macht die Sache nicht einfacher«, murmelte Jan und kratzte sich am Kopf. »In Straßburg haben inzwischen alle möglichen Gilden und Zünfte ihre Geheimlogen gegründet, erst recht seit sie mit dem Bau des neuen Münsters begonnen haben. Neben all diesen Handwerkern und Kaufleuten gibt es die Juweliere, die Schmiede, die Alchimisten, die Zauberer, die Schwarzmagier und seit einigen Jahren auch die Templer. Keine dieser Gruppen sieht es gern, wenn die Angehörigen ihrer hermetischen Geheimgesellschaften bekannt werden. Und viele ihrer Mitglieder nehmen das Ganze so wichtig, dass sie sich künstliche Namen zulegen, um ihre Versammlungen einzuberufen und sich ihre Geheimnisse mitzuteilen.«
»Wir wissen, dass es nicht leicht sein wird, ihn ausfindig zu machen. Du solltest übrigens noch etwas wissen. Aidor Bilbicum ist vermutlich tot. Soweit uns bekannt ist, hat er vor fast zweihundert Jahren das Zeitliche gesegnet«, setzte
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