Grimpow Das Geheimnis der Weisen
Stirn getroffen wurden und unter Wehgeschrei in den Abgrund stürzten.
Herzog Ulf gab Befehl, das Tor der unteren Burg zu öffnen, worauf seine wütenden Krieger, das Schwert in die Höhe gereckt und den Schild eng gegen die Brust gepresst, zu Hunderten auf die Angreifer losstürzten. Salietti zögerte nicht, die erstbesten Söldner, die ihm in die Nähe kamen, anzufallen, ihnen mit seinem Schwert Athene die Sturmhelme zu spalten und die Schädel zu zerschmettern, sodass ihnen das Blut nur so übers Gesicht rann. Rechts und links von ihm sanken die herzoglichen Ritter reihenweise leblos zu Boden, während das Wutgebrüll der Angreifer zwischen den Mauern widerhallte.
Auch Herzog Ulf von Osterbergs Schwert sauste durch die Luft und trennte mit jedem Streich einem der Angreifer den Kopf ab, während der Tempelritter Radogil de Curnillonn tapfer an seiner Seite kämpfte. Doch als er Valdigor de Rovols Schild mit dem vom Rabenflügel gekreuzten Turm sah, bahnte sich der Herzog einen Weg durch die schäumende Menge. Er holte mit solcher Wucht gegen Valdigor de Rovol aus, dass dieser den Halt verlor und aus dem Sattel stürzte.
Das Schwert des Herzogs wirbelte durch die Luft und schnellte wie ein Blitz aus bewölktem Himmel auf den Ritter nieder, traf aber nur dessen Schild. Diesen Fehlschlag machte sich Valdigor de Rovol, der noch immer auf der Erde saß, zunutze und zielte nun seinerseits auf die ungeschützte Taille seines Widersachers. Er stieß dem Herzog das Schwert mit solcher Erbitterung in den Leib, dass es bis zum Schaft in der Ritze zwischen den eisernen Rüstungsplatten verschwand. Salietti sah, wie Ulf von Österberg die Augen aus den Höhlen traten, und erkannte, dass dem Mund des Herzogs mit dem herausquellenden Blut der letzte Lebenshauch entfuhr, als er vor den Toren seiner Festung tot zu Boden fiel.
Der italienische Ritter stieß einen Schmerzensschrei aus und es durchfuhr ihn, als hätte Valdigor de Rovols eisige Klinge seine eigenen Eingeweide durchbohrt. Halb wahnsinnig vor Hass schlug er einen nach dem anderen jeden Kämpfer nieder, der sich ihm entgegenstellte, bis er den finsteren Ritter endlich vor sich hatte.
»Das werdet Ihr mit dem Leben bezahlen!«, brüllte Salietti, als sich die beiden unter dem Burgtor gegenüberstanden.
Valdigor de Rovol erkannte auf Anhieb Sonne und Mond im Wappen des Ritters, der ihn da zum Kampf aufforderte. »Seid Ihr das, Salietti de Estaglia?«, fragte der Anführer der angreifenden Truppen herrisch.
»Als ich beim letzten Mal das Schwert auf Euch gerichtet habe, da habe ich Euch das Leben gelassen. Aber diesmal seid Ihr ein toter Mann!«, verkündete Salietti.
»So kann nur ein harmloser Knappe prahlen!«, versetzte Valdigor de Rovol und brach in schallendes Gelächter aus. »Ihr habt mich im Elsass gedemütigt, das ist wohl wahr, und jetzt ist der Augenblick gekommen, diese Beleidigung mit dem Schwert zu rächen.«
Bei diesen Worten holte er mit aller Kraft zu einem Schlag aus, doch Salietti parierte ihn kaltblütig. Nun folgte in rasender Geschwindigkeit ein Schwertstreich auf den anderen, aber Grimpows Freund vermochte in seiner überschäumenden Wut, den Gegner zurückzudrängen, bis sein Schwert die Mauer traf. Während Valdigor de Rovol den Hieben, die pausenlos auf seinen zerstörten Schild niedergingen, gerade noch ausweichen konnte, trat ihm der Schweiß aus allen Poren, lief ihm über die Stirn und vernebelte ihm die Sicht, als blickte er schon dem Tod ins Auge.
»Glaubt Ihr immer noch, Ihr könntet den Krieg benutzen, um Euch dieser Festung zu bemächtigen, nachdem Ihr den Burgherrn eigenhändig umgebracht habt?«, fragte Salietti und nutzte Valdigor de Rovols Unachtsamkeit, um den Ritter mit einem gekonnten Schwertstreich zu entwaffnen.
Als dieser, zu Tode erschrocken, etwas erwidern wollte, sah er eine langsame, endlos scheinende Bildfolge vor sich ablaufen: Salietti packte mit beiden Händen sein Schwert, hob es auf Schulterhöhe an, drehte sich in der Hüfte und vollführte eine Kreisbewegung mit dem Körper, um ihm mit einem Hieb den Kopf abzuschlagen. Valdigor de Rovol spürte, wie die scharfe Eisenklinge glatt in seinen Hals eindrang, er spürte, wie sie ihm den Kopf vollkommen schmerzlos von den Schultern trennte und wie dieser mitsamt seinem Helm auf den Boden rollte. Schließlich sah er einen dunklen Blutstrom darunter hervortreten, der ihm den Blick verschleierte.
DRITTER TEIL
Der Unsichtbare Weg
Das Dunkel und das Licht
G rimpow
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