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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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Angreifer wollen nichts als das Geheimnis lüften, das unsere Väter verschlüsselt und gehütet haben, damit es eines Tages der ganzen Menschheit zugutekommt. Sie wollen nur ihre eigene Habgier und Macht befriedigen. Wenn ich von hier fortginge, ohne mich für das eingesetzt zu haben, wofür mein Vater und deiner und all die anderen gestorben sind, dann käme ich mir vor wie ein Schuft. Bitte glaub mir.«
    In diesem Moment trat Herzog Ulf mit ungemein ernster Miene zu ihnen. »Es freut mich zu sehen, dass das, was ihr im Saal der Weisen gefunden habt, euch offenbar nicht daran hindern konnte, wieder herauszukommen«, sagte er.
    Grimpow näherte sich dem Herzog und hielt ihm die Karte entgegen. »Diese Karte gehört Euch. Da Euer Ahnherr sie versteckt hat, seid Ihr der rechtmäßige Besitzer. Nach dieser Karte suchen Fenio de Vokko und der französische König, und wenn Ihr sie ihnen aushändigt, lässt sich dieser Krieg vielleicht noch verhindern«, sagte er.
    Ulf von Österberg nahm die Karte, betrachtete sie einen Moment lang neugierig und lächelte. Die Worte dieses Burschen beeindruckten ihn. »Lieber Grimpow, wer könnte eine Horde mordlustiger Fanatiker davon überzeugen, dass ihre Vorstellungen die falschen sind? Wenn ich diese Karte einem der beiden geben und ihnen versichern würde, dass dieses herrliche Pergament den Weg zu dem Schatz weist, dann würden sie mich wahrscheinlich auslachen und mir kein Wort glauben, ganz gleich ob ich die Wahrheit spreche oder nicht.«
    »Wieso denn?«, fragte Grimpow dazwischen.
    »Ganz einfach: Diese Karte haben weise Männer erdacht und versteckt, die sich nichts aus Reichtum gemacht haben, weil es für sie nichts Wertvolleres als Weisheit gab. Weynelle und du, ihr habt trotz eurer jungen Jahre bewiesen, dass ihr die einzigen würdigen Besitzer dieser Karte seid. Damit werdet ihr das Geheimnis der Weisen ergründen und die Menschen von der Unwissenheit befreien, damit sie nicht im Morast ihrer falschen Überzeugungen stecken bleiben. Mein Vater hat mich schon als Kind gelehrt, dass sich die Erde um die Sonne dreht und dass sich diese revolutionäre Theorie beweisen lässt. Trotzdem setzt die Kirche alles daran, sie zu leugnen, und verbrennt jeden auf dem Scheiterhaufen, der es wagt, diese Ketzerei laut zu verkünden. Sucht das Licht, Grimpow, sucht das Licht im Dunkel der Unwissenheit. Weynelle und du, ihr werdet es finden«, schloss er. Im selben Moment geriet der Turm unter Beschuss und ein wütender Pfeilhagel ging darauf nieder.
    In den frühen Morgenstunden rissen herabpolternde Felsbrocken und prasselnde Feuersbrünste die Bewohner der Festung ungnädig aus dem Schlaf. Das angreifende Heer hatte in der Nacht den westlichen Rand des Tafelbergs einnehmen können und unter den Burgmauern riesige Katapulte aufgestellt. So begann also der Feind, noch vor dem Mittag Herzog Ulf von Osterbergs Festung mit einer Lawine aus Steinen und Feuerkugeln aus seinen schlagkräftigen Kriegsgeräten zu beschießen, woraufhin Türme und Mauern erzitterten, als wäre eine Naturkatastrophe über sie hereingebrochen.
    Auch den Kletterern war es im Schutz der Dunkelheit gelungen, die Felsvorsprünge zu erreichen, und nun stiegen Soldaten und Ritter zu Hunderten über endlose Strickleitern aus dem Tal zur Festung herauf. Zahllose brennende Pfeile zerschnitten den Himmel wie rasende Blitze, und der Schatten des Todes schwebte über dem Gemäuer der Burg, als könnte er es nicht abwarten, seinen unheilvollen Schleier darüberzubreiten.
    Salietti suchte Grimpow und Weynelle in dem Saal, in den auch Herzog Ulfs Frau und dessen kleine Töchter geflohen waren. Dort hatten sie, umgeben von ihren Damen, Burgfräulein und Hofjungfern, die endlosen bangen Stunden der Nacht mit Geplauder und Stickereien erlesener Tapisserien zugebracht, als wäre nichts geschehen.
    Als nun der Ritter in den Salon stürmte, fuhren die Damen auf und waren für Augenblicke wie erstarrt und unfähig, weiter ihre Ängste zu überspielen. Sie wussten alle, was mit ihnen geschehen würde, wenn es den feindlichen Soldaten gelänge, die Festung einzunehmen. Ihnen war klar, dass sie kein Erbarmen erwarten durften, und sie zogen es tausendmal vor, ihr Leben freiwillig zu beenden, als diesen mordlustigen Bestien in die Hände zu fallen. Keine von ihnen war bereit, durch die Geheimgänge der Burg zu fliehen, die mehrere Meilen westwärts in Richtung Metz führten. Ihr ganzes Leben hatte sich zwischen diesen Mauern abgespielt, und

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