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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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um ein Wesen aus Fleisch und Blut, dann irrt er. Dieses Gespenst, das ich, wie du weißt, mit eigenen Augen vor ein paar Tagen in die Berge habe reiten sehen, ist gekommen, um eine Schuld aus der Vergangenheit zu begleichen. Es wird dieses verwunschene Tal erst wieder verlassen, wenn ihm das gelungen ist. Möge Gott uns vor seinem mörderischen Dolch schützen, bevor es zu spät ist!«, rief er aus.
    Bei diesen Worten zog er einen Kaninchenfuß und eine Knoblauchknolle aus der Tasche seiner Kutte und nahm sie in beide Hände, als verspräche er sich davon seine Rettung.
    Grimpow verkniff sich ein Grinsen, als er erneut Einblick in die Ängste und abergläubischen Vorstellungen des Küchenmönchs bekam. Dann fragte er ihn: »Seid Ihr sicher, dass ein Kaninchenfuß und der Knoblauch Euch vor dem scharfen Dolch des Gespensts schützen können?«
    »Ich kenne kein wirksameres Mittel gegen böse Geister, aber bitte erzähl Bruder Rinaldo nichts davon. Sonst brummt er mir als Strafe für meine Sünde mindestens ein Jahr Schweigen auf, auch im Schlaf«, antwortete Bruder Brasco, als legte er die Beichte ab.
    »Seid beruhigt, ich werde diskret sein und schweigen wie der arme Keno. Wisst Ihr, ob er sich bereits von seinem Anfall erholt hat?«, fragte Grimpow.
    »Ich habe ihm vor einer ganzen Weile etwas zu essen in die Krankenstube gebracht, da hat er wie ein Murmeltier geschlafen. Ich glaube, Bruder Arben hat ihm gestern Abend in einer Tasse Lindenblütentee eine Arznei verabreicht, die ihn mehr tot als lebendig gemacht hat«, mutmaßte der Mönch unter schallendem Gelächter. »Aber du brauchst dich nicht um ihn zu sorgen, Keno ist so unsterblich wie die Götter. Außerdem hat er das Glück, alle Liköre und Arzneien kosten zu dürfen, die der Kräutermönch auf seiner Suche nach dem Lebenselixier herstellt. Es würde mich daher nicht wundern, wenn er uns alle überlebt und so alt wird wie der sagenhafte Methusalem, der der Bibel zufolge neunhundertneunundsechzig Jahre gelebt und nicht einmal bei seinem Tod wie ein Greis ausgesehen hat.«
    »Stimmt es, dass manche Mönche gedacht haben, Keno hätte den Abt in einem Anfall von Wahnsinn geköpft?«, fragte Grimpow, um ihn auszuhorchen. Denn wenn jemand alle Gerüchte kannte, die in der Abtei blitzschnell die Runde machten, dann Bruder Brasco, davon war er überzeugt.
    »Eine derartige Verleumdung kann nur von einer verderbten Lästerzunge wie derjenigen kommen, die Adam im Paradies in Versuchung geführt hat. Von der Sorte gibt es in diesem Kloster einige, die es allesamt verdient hätten, in ein Schlangennest gesperrt zu werden«, antwortete Bruder Brasco und hob einen der Äpfel an den Mund, die er Grimpow soeben als Nachtisch hingestellt hatte. Er biss mit seinen vergilbten Zähnen hinein und fuhr fort: »Keno ist in diese Abtei gekommen, als er fast erwachsen war. Er hatte keine Eltern mehr und hatte sie auch nie kennengelernt. Offenbar war seine Mutter eine Hure, die ihn nach seiner Geburt in der Höhle einer alten Hexe in der Nähe des Dorfs Corbeille zurückließ. Die alte Zauberin erbarmte sich seiner und fütterte ihn mit der Milch einer Ziege durch, die genauso altersschwach war wie sie selbst. Später, als Keno größer war, verdienten sich die beiden ihren Lebensunterhalt, indem sie an Markttagen und Kirchweihfesten vor der Kirche bettelten. Aber statt Mitleid mit ihm zu empfinden, mieden ihn die Leute erschrocken, wenn sie sein entstelltes Gesicht und seinen zahnlosen Mund sahen. Als er hierherkam, konnte er nicht einmal sprechen, sondern stammelte nur immer wieder fast unverständlich: >Versteck dich, versteck dich vor den Menschen und ihrer Bosheit! <«
    »Warum hat er das gesagt?«, wollte Grimpow wissen, der wie gebannt zuhörte.
    »Später haben wir erfahren, dass dies das Einzige war, was er die alte Hexe jemals hatte sagen hören. Als sie starb, blieb Keno allein in der Höhle zurück, und es ist ein wahres Wunder, dass ihn Hunger und Kälte nicht dahinrafften. Die Nachbarn der Gemarkung flößten ihm so viel Angst ein, dass er sich in den Wäldern versteckte, wie die Alte es ihm immer geraten hatte, und sich in keinem der umliegenden Dörfer mehr blicken ließ. Eines Tages hat man auf einem Hof im Wald von Autrefort eine junge Frau kaltblütig ermordet aufgefunden. Da haben sie natürlich sofort nach ihm gesucht, um ihn an den Galgen zu bringen.«
    »Sie dachten, er hätte die junge Frau ermordet?«
    »Es ist immer das Einfachste, die Schuld an einem

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