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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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eingetroffen waren und Keno gefunden hatten.«
    »Stimmt«, gab der Kräutermönch zu. »Ich glaube kaum, dass in dem ganzen Entsetzen und Durcheinander irgendein Mönch darauf geachtet hat, ob wirklich alle fünf Schergen des Königs den Inquisitor von Lyon begleiten. Außerdem ist es gewiss kein Zufall, dass er jemandem die Schuld an dem Verbrechen zugeschoben hat, der die Abtei nie betreten hat.«
    »Deshalb hat er uns das Märchen von den teuflischen Fähigkeiten der Templer aufgetischt.«
    »Ich weiß mit Sicherheit, dass ihm einige Brüder geglaubt haben und jetzt voller Schrecken fürchten, dieser Tempelritter könnte sie ebenfalls köpfen. Ich habe sogar einige Novizen munkeln hören, Keno hätte den Abt in einem Anfall von Wahnsinn umgebracht.«
    »Sie hatten noch nie erlebt, wie sich jemand so entsetzlich windet und schreit, da ist es verständlich, dass sie ihn in ihrer Unwissenheit verdächtigen.« Der Bibliothekar zeigte sich nachsichtig.
    »Ja, aber Keno ist nur ein armer Teufel, dem Gott bei seiner Geburt den Verstand vorenthalten hat, damit er nie das Elend der Menschen begreift. Seine Wahrnehmung der Wirklichkeit ist so beschränkt, dass er nicht in der Lage ist, jemanden zu hassen oder gar umzubringen«, entgegnete Bruder Arben.
    »Er hatte auch keinen Dolch in der Hand, als wir ihn fanden. Außerdem hat er mir selbst heute früh vor der Prim gestanden, dass er in Ohnmacht gefallen ist, als er den geköpften Abt gesehen hat, und nicht mehr weiß, was dann geschah«, bestätigte Bruder Rinaldo, während er seine Schritte zur Kirche lenkte.
    Genau in diesem Moment begann ein eiskalter Wind, kräftig über die Abtei hinwegzufegen und die Wipfel der Zypressen auf dem Friedhof mit der gleichen Selbstverständlichkeit zu beugen, mit der Grimpow beim Jagen seinen Bogen spannte.
    In der Küche wies Bruder Brasco die Diener an, im Refektorium die Tische zu decken. Es war Zeit für das Mittagessen. Über dem Feuer stand auf einem Dreifuß ein riesiger Topf, dem dichte, nach Minze duftende Dampfwolken entstiegen. Grimpow lief das Wasser im Mund zusammen, wenn er nur an das köstliche Gericht dachte, das er im Kochtopf vermutete.
    »Der Hunger war schon immer ein guter Köder, um Gauner einzufangen!«, rief der Küchenmönch dem Jungen grinsend zu, die Pausbacken von der Hitze aufgedunsen und feuerrot, als er ihn hereinkommen sah.
    Er bedeutete ihm, sich an den Tisch zu setzen. Nachdem die Diener begonnen hatten, im Refektorium das Essen aufzutragen, stellte er ihm eigenhändig eine dampfende Tonschale mit einem dicken Eintopf, einen Kanten warmes Brot und einen Krug Wasser auf den Tisch.
    »Tut mir leid wegen Durlib«, erklärte er und setzte sich neben Grimpow. »Die Soldaten haben mir gesagt, er sei in den Bergen einen Abhang hinuntergestürzt.«
    »Ja, das hat mir Bruder Rinaldo auch erzählt«, bestätigte der Junge erneut betrübt.
    Bruder Brasco machte noch einen Schritt auf ihn zu und flüsterte ihm ins Ohr, damit niemand ihn hören konnte: »Damit steht ja wohl fest, dass das Gespenst des Edelmannes hier sein Unwesen treibt: ein tödlicher Unfall und ein entsetzliches Verbrechen.«
    »Ihr glaubt, dass beide Unglücke das Werk des geheimnisvollen Gespensts waren?«, fragte Grimpow, um den Befürchtungen des Mannes zu schmeicheln.
    »So sicher mich eines Tages der Tod mit seiner langen Sense und seinem schrecklichen Totenschädel holen wird«, antwortete der Küchenmönch und küsste das Kruzifix an seinem Hals. »Ich habe gleich geahnt, dass dieses Gespenst Unglück über die Abtei bringen würde, aber ich wollte es nicht wahrhaben. Manche Mönche behaupten, sie hätten in der Nacht ein seltsames Zischen und gedämpfte Klagelaute gehört. Andere erzählen, sie hätten finstere Gestalten über die Dächer der Abtei huschen sehen. Das war also erst der Anfang«, fuhr er leise fort. »So wie man Ende des vergangenen Jahrtausends fürchtete, die Welt würde untergehen, und alle entsetzt vor der vorhergesagten Ankunft des Satans geflüchtet sind, während Pest, Hunger und Kriege die halbe Menschheit dahingerafft haben«, verkündete er wie ein Prophet.
    Bruder Brasco sah Grimpow mit angstverzerrtem Gesicht an. Da dieser schwieg, sprach er weiter: »Burumar de Gostelle hat gestern gesagt, dass der Abt, Gott hab ihn selig« - er machte eine Pause, um sich erneut zu bekreuzigen - »von dem Tempelritter geköpft worden sei, der sich in der Nähe der Abtei herumgetrieben hat. Aber wenn er glaubt, es handle sich

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