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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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während ein Lächeln seine Lippen umspielte.
    Anstatt die Frage zu beantworten, zog Grimpow einen Pfeil aus dem Köcher auf seinem Rücken, legte den Bogen an und zielte auf eine violette Blume, die sich etwa sechzig Schritt entfernt im Wind wiegte. Er spannte den Bogen, und als er die Sehne losließ, zischte der Pfeil durch die Luft und kappte den Stängel der Blume, als hätte der Wind sie mit einem scharfen Messer abgeschnitten.
    »Nicht schlecht«, sagte der Reiter lachend. »Dort unten bin ich gerade einem verirrten Reh begegnet. Wenn du es in dem Gestrüpp da suchst, kannst du es vielleicht erlegen«, fügte er hinzu. Er drehte den Kopf, um auf einen unbestimmten Punkt hinter sich zu deuten.
    »Wenn Ihr nichts dagegen habt, begleite ich Euch zum Kloster und kündige dem Abt Euer Kommen an.«
    »Lebst du in der Abtei Brinkum?«
    »Erst seit ein paar Monaten. Ich bin zu Beginn des letzten Winters hierher gekommen.«
    »Wie heißt du?«
    »Mein Name ist Grimpow, aus Obernault. Und wer seid Ihr?«
    »Ich heiße Salietti, Salietti de Estaglia.«
    Ein Adler flog mit ausgebreiteten Schwingen über die Tannen hinweg, ein sterbendes Kaninchen in den Klauen.
    »Seid Ihr Italiener?«
    »Ganz recht.«
    »In der Abtei lebt ein blinder, hundertjähriger Mönch, der in Alessandria in der italienischen Grafschaft Piemont geboren wurde. Umberto ist sein Name«, erklärte Grimpow.
    »Ich habe von ihm und seinen alchimistischen Theorien gehört«, erwiderte der Reiter und zügelte sein unruhiges Pferd.
    »Seid Ihr Alchimist?«, fragte Grimpow interessiert.
    »Nein, aber mein Vater war einer, und manchmal hat er mir von Mönchen erzählt, die wie er dem großen Geheimnis des Steins der Weisen auf der Spur waren. Umberto von Alessandria war den Alchimisten seiner Zeit wohlbekannt.«
    Diese Worte aus dem Mund des fremden Reiters verursachten Grimpow ein leichtes Kribbeln im Magen. »Und wo wollt Ihr hin?«, fragte er, um das Thema zu wechseln.
    »Ich bin nach Norden unterwegs, nach Straßburg. Ich will am Frühjahrsturnier der elsässischen Burgen teilnehmen, das Baron Fenio de Vokko in seiner Festung ausrichtet.«
    »Ihr wollt im Turnier kämpfen!«, brach es freudig aus Grimpow heraus.
    Eine Sekunde lang schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, die Abtei mit dem Neuankömmling zu verlassen. Auf diese Weise würde er nach Straßburg gelangen, sich auf die Suche nach Aidor Bilbicum machen und ihm den rätselhaften versiegelten Brief aushändigen können.
    »Das ist mein Wunsch, und ich hoffe, alle Ritter, die sich im Lanzenstechen mit mir messen, im ehrlichen Kampf zu besiegen. Ich habe Fenio de Vokkos Herolde öffentlich ausrufen hören, dass der Gewinner unter den anwesenden Damen die Turnierkönigin wählen wird. Vielleicht finde ich ja die Prinzessin meiner Träume«, erklärte er lächelnd.
    Einen Moment lang sah Grimpow in den Augen des Ritters Salietti de Estaglia das Gesicht des Novizen Pelin de Langfort, dessen Blut ebenfalls vor lauter ritterlichem Ehrgeiz zu kochen schien.
    »Dann werdet Ihr einen Schildknappen benötigen, der Euch treu zu Diensten ist und Euch hilft, im Turnier Eure Waffen zu tragen«, schlug Grimpow vor, ohne zu überlegen.
    »Würdest du gern mit mir kommen?«
    »Nichts würde ich mir mehr wünschen, als Euer Schildknappe zu werden«, antwortete der Junge begeistert.
    Salietti erwiderte, wenn er das wirklich wolle, könne er sich von diesem Augenblick an als in seinem neuen Amt ernannt betrachten. Sodann schnallte er den Ledergürtel ab, an dem er das Schwert um die Hüfte trug, zog es aus der Scheide und gab Grimpow damit einen leichten Schlag auf die Schulter.
    Dabei verkündete er mit gespielter Feierlichkeit: »Mit diesem Schlag meines Schwertes, der die edelmütige Anerkennung der Gesetze des Rittertums bedeutet, ernenne ich dich zu meinem Schildknappen!«
    Dann überreichte er Grimpow das schwere Schwert, damit er unverzüglich damit beginnen konnte, seine Pflicht als Waffenträger eines Ritters zu erfüllen. Als der Junge es berührte, ahnte er, dass sich eine neue Welt voller unwägbarer Schrecknisse und aufregender Geheimnisse vor ihm auftat.

ZWEITER TEIL
    Die Burgen des Steinkreises

Der Baum der Gehenkten

    A m Tag ihres Aufbruchs sagten die Mönche der Abtei Grimpow und Ritter Salietti de Estaglia schweigend Lebewohl. Bruder Brasco standen Tränen in den Augen. Auch Grimpow bedauerte es, das steinerne Gemäuer verlassen zu müssen, das ihm in den letzten Monaten Zuflucht geboten hatte, aber

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