Grimwood, Ken - Replay
Kleider, stanken nach – Sie war stoned, erkannte sie. War es üblicherweise gewesen, wenn sie ins Adolph’s ging, ›die Straße hinunter‹, wie sie es immer nannten, schön langsam, immer schön langsam…
»Trink noch ein Bier«, sagte Peter mit besorgter Stimme. »Du siehst ulkig aus; bist du sicher, daß mit dir alles in Ordnung ist?«
»Bestimmt.« Sie hatte nach dem Wintersemester ihres ersten Studienjahrs mit Peter und Ellen Freundschaft geschlossen. Peter hatte seinen Abschluß gemacht, und Ellen war ausgestiegen und mit ihm nach London gezogen, als Pamela im zweiten Studienjahr war; das hieß, daß es 1968 oder 1969 sein mußte.
Eine neue Platte begann in der Jukebox zu spielen, Linda Ronstadt sang »Different Drum«. Nein, dachte Pamela, nicht Linda Ronstadt, die Stone Poneys. Ruhig bleiben, sagte sie sich, akklimatisier dich langsam, das Marihuana darf es deinem Kopf nicht schwerer machen, als es schon ist. Versuch jetzt keine Entscheidungen zu treffen oder auch nur zuviel zu reden. Warte, bis du ganz da bist, warte bis…
Da war er, Herr im Himmel! Und saß keine zwanzig Fuß von ihr entfernt, sah sie direkt an. Pamela schnappte ungläubig nach Luft bei dem widersinnigen, unmöglich wundervollen Anblick von Jeff Winston, der ruhig inmitten des jugendlichen Getöses ihres College-Stammlokals saß. Sie sah, daß er die Veränderung in ihren Augen bemerkte, und er lächelte ein warmes, langanhaltendes Lächeln des Willkommens und der Bestätigung.
»Hey, Pam?« sagte Ellen. »Wieso weinst du denn? Hör mal, vielleicht gehen wir besser ins Wohnheim zurück.«
Pamela schüttelte den Kopf, legte zur Beruhigung eine Hand auf den Arm ihrer Freundin. Dann stand sie vom Tisch auf und ging quer durch den Raum, durch die Jahre, zu Jeffs wartender Umarmung.
»Tätowierte Lady«, kicherte Jeff und küßte die rosafarbene Rose auf der Innenseite ihres Schenkels. »Ich erinnere mich nicht, daß die vorher dagewesen wäre.«
»Es ist keine Tätowierung, es ist ein Abziehbild. Die lassen sich abwaschen.«
»Lassen sie sich auch ablecken?« fragte er, mit einem verruchten Funkeln in den Augen an ihr hinaufblickend.
Sie lächelte. »Du kannst es gerne ausprobieren.«
»Vielleicht später«, sagte er und glitt nach oben, um sich neben ihr auf den Kissen aufzustützen. »Irgendwie gefällst du mir als Blumenkind.«
»Das glaube ich«, sagte sie und knuffte ihn in die Rippen. »Schenk uns etwas Champagner ein.«
Er griff nach der Flasche Mumm auf dem Nachttisch, füllte ihre Gläser wieder auf.
»Woher wußtest du, daß meine Wiederholung angefangen hatte?« fragte Pamela.
»Wußte ich nicht. Ich beobachte dich schon seit Monaten; ich mietete das Haus hier in Rhinebeck zu Beginn des Schuljahres, und seitdem habe ich gewartet. Es war frustrierend, und ich wurde allmählich ungeduldig; aber diese Zeit hier hat mir geholfen, mit ein paar alten Erinnerungen ins reine zu kommen. Früher wohnte ich ein Stück flußaufwärts, in einem der alten Landsitze, als ich mit Diane zusammen war… und mit meiner Tochter Gretchen. Ich dachte immer, ich würde nie hierher zurückkehren können, aber du hast mir einen Grund dafür gegeben, und ich bin froh, es getan zu haben. Abgesehen davon, daß es mir Spaß gemacht hat zu sehen, wie du damals, ursprünglich, wirklich warst.«
Sie verzog das Gesicht. »Ich war ein College-Hippie. Lederfransen und Batik-T-Shirt. Ich hoffe, du hast mich nie mit meinen Freunden reden hören; wahrscheinlich habe ich ziemlich oft ›super‹ gesagt.«
Jeff küßte sie auf die Nasenspitze. »Du warst süß. Du bist süß«, verbesserte er sich, ihr das lange, glatte Haar aus dem Gesicht streichend. »Aber ich konnte nicht anders, ich mußte mir diese Kids fünfzehn Jahre in der Zukunft vorstellen, wie sie dreiteilige Anzüge tragen und mit BMWs ins Büro fahren.« »Nicht alle«, sagte sie. »Bard brachte eine Menge Schriftsteller, Schauspieler, Musiker hervor… und«, fügte sie mit einem kläglichen Lächeln hinzu, »mein Mann und ich, wir hatten keinen BMW; wir fuhren einen Audi und einen Mazda.« »Eins zu Null für dich.« Er lächelte und nahm einen Schluck Champagner. Sie lagen zufrieden beieinander, doch Jeff nahm den Ernst hinter ihrem fröhlichen Gesichtsausdruck wahr.
»Siebzehn Monate«, sagte er. »Was?«
»Ich habe diesmal siebzehn Monate verloren. Das hast du dich doch gerade gefragt, oder?«
»Ich wollte gerade danach fragen«, gab sie zu. »Ich mußte einfach daran denken.
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