Grimwood, Ken - Replay
sechshundert Meilen vor dem Ziel.
»Glaubst du wirklich, er wird es diesmal schaffen?« fragte Linda, zu den ungleichmäßig erhellten Wolken in der Ferne hinüberblickend. Sie hatte das gleiche gedacht, besorgt um das Schicksal der umgänglichen bärtigen Norweger, an deren Arbeiten zur Fertigstellung des historischen, absichtsvoll primitiven kleinen Bootes im alten befestigten Hafen von Safi sie sich beteiligt hatten. Es war in der Woche zuvor zu Wasser gelassen worden.
»Er wird es schaffen«, sagte Jeff voller Überzeugung.
Lindas dünnes Kleid flatterte im Wind des sich nähernden Unwetters, und sie hielt die Schiffsreling fest umklammert. »Warum fasziniert er dich so?« wollte sie wissen.
»Aus dem gleichen Grund, warum mich Michael Collins und Richard Gordon faszinieren«, sagte er. Und Roosa, hätte er hinzufügen können, und Worden und Mattingly und Evans und die Kriegsgefangenen, die in drei Jahren heimkehren würden, im Jahre 1973. »Die Isolation, die totale Abgeschiedenheit von der restlichen Menschheit…«
»Aber Heyerdahl hat eine Sieben-Mann-Crew bei sich«, erklärte sie. »Collins und Gordon waren in ihren Kapseln vollkommen allein, eine Zeitlang jedenfalls.«
»Manchmal kann man Isolation miteinander teilen«, sagte Jeff und blickte auf den wogenden Ozean hinaus. Der warme Geruch des näherrückenden tropischen Unwetters erinnerte ihn ans Mittelmeer, an einen Tag, als dieser Geruch durchs offene Fenster einer Villa auf Mallorca geweht war. Der pfeffrige Geschmack von Paella, die aufwühlende Wehmut von Laurindo Almeidas Gitarre, das Beieinander von Freude und Schmerz in Pamelas Augen, ihren sterbenden Augen.
Linda bemerkte den Schatten, der über Jeffs Gesicht gefallen war, und sie legte ihre Hand in seine, umfaßte sie so fest wie eben noch die Reling. »Dieses ganze Gerede über Einsamkeit und Isolation… Ich weiß nicht, ob dieses Projekt eine so gute Idee ist. Es sieht so aus, als würde es dich zu sehr deprimieren.« Er zog sie an sich, küßte sie auf den Kopf. »Nein«, versicherte er ihr mit einem Lächeln voller Zuneigung, »es deprimiert mich nicht. Macht mich bloß nachdenklich, das ist alles.«
Doch es stimmte nicht ganz, das wußte er; seine nachdenkliche Verfassung hatte zu dem Unternehmen geführt, das nun zur Besessenheit geworden war, nicht umgekehrt. Lindas Gegenwart, ihre ungewohnt liebevolle Offenheit hatten seine mitgenommenen Empfindungen seit jenem Tag im August 1968 beruhigt, als er sein Leben wiederaufgenommen und sie mit einem Strauß Gänseblümchen wartend vor seiner Tür wiedergefunden hatte. Doch nicht einmal die unerwartete Wiedergeburt all dessen, was sie vor so langer Zeit miteinander geteilt hatten, hatte ausgereicht, ihn die Qualen vergessen zu lassen, die er in seinem vorigen Leben durch Russell Hedges indirekt über die Welt gebracht hatte, oder die Entfremdung, die all das zwischen ihm und Pamela bewirkt hatte. Schuld und Reue entrann er nicht; sie bildeten eine unablässige Unterströmung seiner wiedererwachten Liebe zu der Frau, die er einmal geheiratet hatte. Und diese andauernde Herabsetzung führte zu neuen Gewissensbissen, zu einem allgegenwärtigen Schuldgefühl, das von seiner Überzeugung noch verstärkt wurde, er müßte fähig sein, seine Gefühle zu verändern, die Vergangenheit loslassen und sich Linda ebenso vollständig hingeben, wie sie es ihm gegenüber tat.
Er hatte seine Reporterstelle bei WIOD in Miami sofort gekündigt, hatte die tagtägliche Aufgabe nicht mehr ertragen, die menschliche Tragödie zu durchforschen, zu beobachten und zu beschreiben, nicht nach alldem, wofür er sich während der sinnlosen Jahre in dem Regierungsschlupfwinkel in Maryland die Verantwortung gab. In jenem Oktober hatte Jeff gewartet, bis Detroit auf drei zu eins Spiele herunter war; dann hatte er seine Ersparnisse auf die Tigers gesetzt, um einen Gewinn auf die letzten drei Spiele der Meisterschaft einzustreichen. Mickey Lolich hatte das Rennen für ihn gemacht, so wie Jeff es gewußt hatte.
Der Gewinn hatte ihn in die Lage versetzt, ein neues Apartment am Strand von Pompano Beach zu kaufen, näher an dem Ort gelegen, wo Linda noch bei ihren Eltern wohnte und das College besuchte. Er traf sie jeden Nachmittag, wenn sie mit dem Unterricht fertig war, schwamm mit ihr im sanften Meer oder saß zu Hause neben ihr am Swimmingpool, während sie lernte. Sie war in diesem Frühjahr bei ihm eingezogen, hatte ihren Eltern erklärt, sie »brauchte etwas
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