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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das zweite Spiel
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die während der nächsten Missionen dort bleiben würden.
    Was als persönliche Suche nach Einsicht in seine eigene Geistesverfassung begonnen hatte, wuchs bald darüber hinaus. Zum erstenmal seit vielen Jahren benutzte Jeff seine journalistischen Fähigkeiten dazu, kunstgerecht in die Gedanken und Gefühle dieser Menschen einzudringen, sie am besten in jenen Momenten zu interviewen, wo sie aufgehört hatten, das Gespräch als Interview zu betrachten, wo sie angesichts seines offensichtlichen Interesses ihr Visier heruntergelassen und mit ihm auf einer rein menschlichen Ebene zu sprechen begonnen hatten. Gefühlsüberschwang, Humor, Wut, Angst: Irgendwie entlockte Jeff diesen Männern die ganze Spannweite von Emotionen, welche die Astronauten nie zuvor preisgegeben hatten. Und er wußte, daß ihre spezielle Sicht des Universums Teil von etwas war, das er nicht länger für sich behalten konnte, sondern der Weltöffentlichkeit mitteilen mußte.
    In diesem Herbst hatte er an Heyerdahl geschrieben, das erste mehrerer Treffen mit dem Forscher in Norwegen, dann in Marokko arrangiert. Während sich der ursprüngliche Antrieb, weswegen Jeff diese Männer ausgewählt hatte, in seinem Geiste ausweitete, während die Vorstellungen und Gefühle, die er von ihnen vermittelt bekam, eigenständige Macht gewannen, erkannte er schließlich, woran er unbewußt, aber entschieden arbeitete: an einem Buch über sich selbst, das die Metapher dieser einsamen Reisenden dazu benutzte, seine eigene einzigartige Erfahrung zu transportieren und das vielfarbige Gemälde seiner gesammelten Siege und Verluste und Schmerzen zu erläutern. Eine neue Folge von Blitzen erhellte die weit entfernte Gewitterfront, deren gedämpft weißer Schein die Umrisse von Lindas engelhaftem Gesicht umspielte.
    Und Freuden, dachte er und streichelte mit den Fingerspitzen leicht über ihre Wange, während sie zu ihm auflächelte. Er mußte seine Freuden ebenfalls mitteilen.

    Jeffs Schreibzimmer hatte, wie die meisten anderen Räume in dem Haus am Hillsboro Beach südlich von Boca Raton, Ausblick auf das Meer. Mit der Zeit hatte er Vertrauen in die Unveränderlichkeit dieser Aussicht und das unablässige Geräusch der Brandung gewonnen, ebenso wie er sich früher vom Anblick des weißüberkrönten Mount Shasta vor seinem Haus in Montgomery Creek angezogen gefühlt hatte. Sie tröstete ihn, verankerte ihn, abgesehen von den Nächten, wenn der Mond sich über den Ozean erhob und ihn an einen bestimmten Film erinnerte, der in dieser Welt ungedreht geblieben war, und an eine Zeit, an die er am besten nicht mehr rührte.
    Er drückte das Fußpedal des Sony Diktiergeräts, und selbst aus dem winzigen Lautsprecher des kleinen Abspielgeräts war der volle Klang der Stimme mit dem starken russischen Akzent deutlich zu hören. Jeff war mit der Abschrift dieses Interviews halb fertig, und jedesmal, wenn er die Stimme hörte, sah er das überraschend bescheidene Zuhause des Mannes in Zürich vor sich, die Teller mit blini und Kaviar, die gutgekühlte Flasche Pfeffer-Wodka zwischen ihnen auf dem Tisch. Und hörte wieder die Worte, den Strom beredten Weltschmerzes vermischt mit unerwarteten Juwelen von Weisheit und sogar Gelächter seitens des riesigen Mannes mit dem unverwechselbaren roten Fransenbart. Viele Male hatte Jeff in dieser Woche intensiv mitgeteilter Weisheit versucht, dem Mann zu sagen, wie vollständig er seinen Kummer teilte, wie gut er das Gefühl machtloser Wut gegenüber dem Unwiederbringlichen verstand. Aber er hatte es nicht getan, natürlich nicht. Hatte es nicht gekonnt. Er hatte seine Zunge im Zaum gehalten, den unreifen, wenn auch einsichtsvollen Interviewer gespielt und die Gedanken des großen Mannes lediglich aufgezeichnet; ihn mit seinem Schmerz alleingelassen, so wie Jeff mit dem seinen allein war.
    An der Tür ertönte ein verhaltenes Klopfen, und Linda rief zu ihm herein: »Liebling? Lust auf eine Pause?«
    »Aber ja«, sagte er und stellte die Schreibmaschine und das Tonbandgerät ab. »Komm ruhig rein.«
    Sie öffnete die Tür und trat ein, in den Händen ein Tablett mit zwei Limonellenscheiben auf einem Tellerchen und zwei Tassen Jamaica Blue Mountain Coffee. »Eine kleine Stärkung«, lächelte sie.
    »Mmmm.« Jeff sog das dunkle Aroma des Kaffees ein, den kühlen Duft der frischen Limonelle. »Mehr als das. Unendlich viel mehr als das.«
    »Wie geht es mit dem Solschenizyn-Material voran?« fragte Linda und setzte sich, mit dem Tablett im

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