Grimwood, Ken - Replay
wissen Sie… Oh, danke, Liebling. Pamela? Ich habe den Umschlag in der Hand, den er uns für den Fall geschickt hat, daß Sie anrufen. Er sagte, wir sollten ihn einfach öffnen und Ihnen vorlesen. Möchten Sie sich einen Kugelschreiber oder irgendwas holen?«
»Ich bin bereit.«
»Okay, dann wollen wir mal sehen… Hmmm. Man sollte glauben, nach all dieser Zeit und so viel Geheimniskrämerei sollte es mehr als das sein.«
»Wieso? Was steht denn da?«
»Es ist bloß eine Zeile. Sie lautet: ›Wenn du kommst, bring unbedingt deine Kinder mit. Ich liebe dich. Jeff.‹ Das ist alles. Haben Sie es mitbekommen? Möchten Sie, daß ich es noch einmal vorlese?«
»Nein«, sagte Pamela, während sich auf ihrem plötzlich rot gewordenen Gesicht ein Lächeln ausbreitete. »Haben Sie vielen Dank, aber ich habe es ausgezeichnet verstanden.«
Sie legte den Hörer auf, blickte zur Treppe. Christopher und Kimberly waren jetzt alt genug. Der Gedanke, ihr Zuhause zu verlassen, würde ihnen zunächst nicht gefallen, doch sie wußte, daß sie Montgomery Creek und Jeff bald liebgewinnen würden.
Außerdem, dachte Pamela und biß sich auf die Lippe, würde es nicht für lange sein. Sie würden wieder in New Rochelle, bei ihrem Vater sein, bevor sie auf die High-School kämen.
Dreieinhalb Jahre. Ihre letzte Wiederholung; die letzten Monate und Tage ihres auf so phantastische Weise verlängerten Lebens.
Sie hatte vor, sie alle zu genießen – bis zur Neige.
Es war einer dieser Regen, die niemals aufhören, sondern einfach mit dumpfer und unablässiger Beharrlichkeit weitergehen.
Seit zwei Tagen saßen sie auf diese Weise in der Hütte fest; es wurde allmählich stickig, die Luft war muffig vom Geruch des Schimmels auf einer Lederjacke, die Christopher über Nacht auf dem Verandageländer hatte hängenlassen, und die er am nächsten Morgen hereingeholt hatte, um sie am Ofen zu trocknen.
»Kimberly!« sagte Pamela aufgebracht. »Würdest du bitte damit aufhören, auf den Teller zu trommeln!«
»Sie kann dich nicht hören«, sagte Christopher und beugte sich über den Tisch, um den winzigen Schaumstoffkopfhörer vom linken Ohr seiner Schwester zu heben. »Mom sagt, du sollst damit aufhören!« schrie er durch die blechernen Klänge von Madonnas »Like a Virgin«.
»Stell das ganz ab«, sagte Pamela. »Es ist unhöflich von dir, Musik zu hören, wenn wir gerade beim Mittagessen sind.«
Das Mädchen setzte ihr beleidigstes Gesicht auf und zog eine Schnute, nahm den Kopfhörer jedoch ab und legte den Walkman beiseite, wie ihr gesagt worden war. »Ich möchte noch ein Glas Milch«, sagte sie in gereiztem Ton.
»Die Milch ist uns ausgegangen«, erinnerte sie Jeff. »Ich fahre morgen in die Stadt; ich bringe dann welche mit. Du kannst mit mir fahren, wenn du Lust hast; bis dahin hat es vielleicht zu regnen aufgehört, und wir könnten am Wasserfall spazierengehen.«
»Ich hab’ den Wasserfall schon gesehen«, quengelte Kimberly. »Ich will mir MTV anschauen.« Jeff lächelte nachsichtig. »Damit wirst du hier kein Glück haben, Kleine«, sagte er. »Wir könnten aber Kurzwelle hören; mal sehen, was sie über China oder Afrika zu sagen haben.«
»China und Afrika sind mir egal! Ich hab’ Langeweile!«
»Warum unterhalten wir uns dann nicht einfach«, schlug Pamela vor. »Das war früher so üblich, weißt du.«
»Ja, klar«, murmelte Christopher. »Aber was hatten sie bloß immer miteinander zu reden?«
»Manchmal haben sie sich gegenseitig Geschichten erzählt«, warf Jeff ein.
»Das ist eine Idee«, sagte Pamela, munterer werdend. »Möchtet ihr, daß ich euch eine Geschichte erzähle?«
»Mein Gott, Mom, bloß nicht!« protestierte Christopher. »Wo glaubst du, daß wir sind, im Kindergarten oder wo?«
»Ich weiß nicht«, sagte Kimberly, nachdenklich werdend. »Vielleicht würde es Spaß machen, eine Geschichte zu hören. Das haben wir schon lange nicht mehr gemacht.«
»Bist du einverstanden, es auf einen Versuch ankommen zu lassen?« fragte Pamela ihren Sohn. Er zuckte die Achseln, gab keine Antwort.
»Also«, begann sie, »vor vielen tausend Jahren gab es einen weiblichen Delphin namens Cetacea. Eines Tages erwachte in ihrem Kopf eine seltsame neue Bewußtheit, als wäre diese vom Himmel über dem Meer und von noch weiter her über sie gekommen. Dies geschah zu der Zeit, als Delphine und Menschen gelegentlich miteinander sprachen, doch…«
Und mit dem sanften Sommerregen im Hintergrund erzählte sie ihnen die
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