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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das zweite Spiel
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die Liebe in ihrem Gesicht, sah das Bedürfnis nach einem weiteren Betätigungsfeld, auf dem sie diese Liebe ausdrücken konnte.
    Es würde anders sein als mit eigenen Kindern, dachte er. Selbst wenn er sie liebgewinnen würde, wäre er nicht dafür verantwortlich, daß sie in die Welt gesetzt worden waren. Sie existierten bereits, waren geboren worden, von wem auch immer. Das Schlimmste konnte passieren, und sie würden immer noch weiterleben, wenn auch mit einer anderen Lebensgeschichte vor sich.
    »Ja«, sagte er zu ihr. »Ja, das fände ich wirklich gut.«

    Die Ablegestelle war an einem Ort namens Earl’s Ford, am Südrand des ausgedehnten Waldes von Appalachia, nahe der Stelle, wo North- und Southcarolina mit der oberen Spitze von Georgia zusammentrafen. Es gab insgesamt sechs Flöße: schwarze, plump wirkende Dinger, im Basislager aufgeblasen und mühsam zum Rand des Chattooga River geschleppt. Jeff, Judy und die Kinder teilten sich ein Floß mit einer lustigen grauhaarigen Frau und einem Führer, der im Collegealter schien, das Gesicht und die Arme sonnengebräunt. Als das Floß in das klare, gemächlich dahinfließende Wasser glitt, streckte Jeff die Hand aus, um die Schwimmweste enger um den mageren Körpers des Kindes zu befestigen. Dwayne sah die väterliche Geste und stellte seine eigene Weste enger, in den jungen Augen einen Ausdruck männlicher Entschlossenheit.
    April war ein bezauberndes kleines blondhaariges Mädchen, das von ihren leiblichen Eltern schwer mißbraucht worden war; ihr Bruder war ein gefühlsbetontes, sehr lebhaftes Kind, dessen Mutter und Vater bei einem Autounfall gestorben waren. Die Namen der Kinder waren notgedrungen nicht die, welche Jeff und Judy für sie ausgesucht hätten, doch sie waren sechs und vier Jahre alt, als sie adoptiert wurden, und es schien das beste zu sein, ihr Selbstwertgefühl nicht weiter dadurch zu beeinträchtigen, daß man ihre ursprünglichen Namen änderte.
    »Daddy, guck mal! Ein Hirsch!« April zeigte zum weiter entfernten Flußufer, das Gesicht strahlend vor Aufregung. Das Tier erwiderte selbstgefällig ihr Starren, bereit, falls nötig wegzulaufen, doch nicht willens, mit dem Fressen nur deshalb aufzuhören, weil es diese seltsamen Erscheinungen gesehen hatte.
    Alsbald begannen die bewaldeten Ufer zu beiden Seiten anzusteigen, sich in eine Felsenschlucht zu verwandeln. Während der Canyon tiefer wurde, nahm die Geschwindigkeit des Flusses zu, und es dauerte nicht lang, bis die Floßflottille die ersten Stromschnellen erreicht hatte. Die Kinder jauchzten vor Freude, als das Floß in der Abwärtsströmung bockte und schaukelte.
    Jeff sah Judy an, als sie das weißschaumige Wasser hinter sich gelassen hatten und wieder sanft flußabwärts glitten. Er war erfreut zu sehen, daß ihre erste Ängstlichkeit einer Heiterkeit gewichen war, die der der Kinder entsprach. Sie hatte Bedenken gehabt, sie auf diesen Ausflug mitzunehmen, doch Jeff hatte den Kindern eine so anregende Erfahrung nicht vorenthalten wollen.
    Die Expedition ging auf einer kleinen Insel an Land, und Judy breitete das Mittagessen aus, das sie in einer wasserdichten Kiste verpackt hatte. Jeff kaute geräuschvoll an einem Hühnerbein und trank sein kaltes Bier, während er zusah, wie April und Dwayne den dreieckigen Inselkeil erkundeten. Die Neugier und Einbildungskraft der Kinder hörte nie auf, ihn zu faszinieren; durch ihre Augen hatte er diese verbrauchte Welt neu schätzen gelernt. Als er und Judy sich entschlossen hatten, sie zu adoptieren, hatte er zum richtigen Zeitpunkt einige Atari- und Apple-Aktien gekauft; nicht viele, gerade genug, um das Familieneinkommen ein bißchen anzuheben. Sie hatten ein größeres Haus gekauft, an der West Paces Ferry Road; es hatte einen riesigen Garten mit einem flachen Fischteich und drei großen Eichen. Ideal für die Kinder.
    Die Flöße setzten ihre Fahrt fort, überwanden eine weitere, größere Ansammlung von Stromschnellen, etwa eine Meile weiter flußabwärts. Die Strömung bewegte sich jetzt viel rascher, selbst in den Blauwasserabschnitten der Reise; doch Jeff konnte erkennen, daß seine Frau die Angst vor dem Fluß verloren hatte, daß dessen Schönheit und die damit verbundene Erregung sie gefangennahmen. Sie hielt fest seine Hand, als sie durch die Schnelle von Bull Sluice Falls hindurchschossen, und dann war es vorbei, das Wasser war wieder ruhig, und die Sonne wich hinter die Pinien zurück.
    April und Dwayne waren ausgesprochen traurig,

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