Grimwood, Ken - Replay
Wiederholung von ›My Little Margie‹. Ich war vierzehn.«
»Mein Gott, was haben Sie gemacht – Waren sie zu Hause?«
»Meine Mutter war Einkaufen. Mein Vater war noch arbeiten. Eine Stunde lang wanderte ich benommen durchs Haus, besah mir die Kleider in meinem Schrank, blätterte im Tagebuch, das ich verloren hatte, als ich aufs College ging… betrachtete mich im Spiegel. Ich konnte nicht aufhören zu weinen. Ich glaubte noch, ich wäre tot und dies wäre die bizarre Art, auf die Gott mich einen letzten Blick auf mein irdisches Leben werfen ließ. Die Haustür versetzte mich in Angst und Schrecken; ich glaubte tatsächlich, wenn ich hindurchginge würde ich im Himmel sein, oder in der Hölle, oder im Fegefeuer oder wo auch immer.«
»Waren Sie katholisch?«
»Nein, mein Kopf schwirrte einfach von all diesen vagen Bildern und Ängsten. Vergessen, das ist ein besseres Wort; das war es, was ich wirklich zu finden erwartete, wenn ich nach draußen ginge. Nebel, Leere… einfach der Tod. Dann kam meine Mutter nach Hause, marschierte durch die Tür herein, vor der ich solche Angst hatte. Ich glaubte, sie wäre eine Art verkleideter Erscheinung und wäre gekommen, um mich vor das Jüngste Gericht zu schleppen, und ich begann zu schreien.
Sie brauchte lange, um mich zu beruhigen. Sie rief den Hausarzt, er kam vorbei, gab mir eine Injektion – Demerol vermutlich – und ich wurde ohnmächtig. Als ich wieder aufwachte, war mein Vater da, stand über dem Bett und sah sehr besorgt aus, und ich glaube, da begann ich erst zu begreifen, daß ich nicht wirklich tot war. Er wollte mich nicht aufstehen lassen, aber ich lief die Treppe hinunter und öffnete die Haustür, ging in meinem Morgenmantel auf den Hof hinaus… und natürlich war alles vollkommen normal. Die Nachbarschaft war genau so, wie ich sie in Erinnerung hatte. Der Hund von nebenan kam zu mir her, und leckte meine Hand, und aus irgendeinem Grund mußte ich da wieder weinen.
Die folgende Woche über ging ich nicht zur Schule, lag in meinem Zimmer herum und gab vor, krank zu sein, dachte einfach nur nach… versuchte zunächst herauszufinden, was geschehen war, aber ich brauchte nicht lange, um herauszufinden, daß dies ein hoffnungsloses Vorhaben war. Dann, als die Tage verstrichen und sich nichts veränderte, versuchte ich mir zu überlegen, was ich tun würde.
Erinnern Sie sich, ich hatte nicht die Möglichkeiten, die Sie hatten; ich war erst vierzehn, lebte noch zu Hause, besuchte noch die Junior High-School. Ich konnte keine Pferdewetten abschließen oder nach Paris reisen. Ich saß fest.«
»Das muß schrecklich gewesen sein«, sagte Jeff voller Mitgefühl.
»Das war es, aber irgendwie kam ich zurecht. Mir blieb keine Wahl. Ich wurde… Ich zwang mich dazu, wieder ein junges Mädchen zu werden, versuchte alles zu vergessen, was ich in meinem ersten Leben erlebt hatte: das College, die Ehe… die Kinder.«
Sie machte eine Pause, sah zu Boden. Jeff dachte an Gretchen, streckte seinen Arm aus und legte eine Hand auf Pamelas Schulter. Sie zuckte von seiner Berührung zurück, und er zog die Hand zurück.
»Wie auch immer«, fuhr sie fort, »nach ein paar Wochen – einigen Monaten – schien diese erste Existenz in meinem Bewußtsein zu verblassen, als wäre sie ein langer Traum gewesen. Ich ging wieder zur Schule, begann wieder alles von Anfang an zu lernen, so als hätte ich vorher nichts davon studiert. Ich wurde sehr scheu, ein Bücherwurm; vollkommen anders, als ich beim erstenmal gewesen war. Ging niemals aus, hörte auf, mit dem Haufen Jugendlicher rumzuhängen, die ich gekannt hatte. Ich konnte es nicht ertragen, diese Erinnerungen oder Visionen zu haben, wie meine Freunde in den darauffolgenden Jahren als Erwachsene werden würden. Ich wollte das alles auslöschen, vor mir so tun, als hätte ich diese Art von Bewußtsein nicht.«
»Haben Sie es jemals… jemandem erzählt?«
Sie nippte am Bier, nickte. »Gleich nach der Schreiepisode, als ich zum erstenmal zurückkehrte, schickten mich meine Eltern zu einer Psychiaterin. Nach ein paar Sitzungen glaubte ich, ihr vertrauen zu können, also begann ich ihr zu erklären, was ich durchgemacht hatte. Sie lächelte und gab leise aufmunternde Laute von sich und verhielt sich sehr verständnisvoll, aber ich wußte, daß sie alles für eine Phantasievorstellung hielt. Natürlich wollte ich das ebenfalls glauben… also wurde es eine. Bis ich ihr von der Sache mit Kennedy erzählte, eine Woche bevor es
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