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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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sondern setz es einfach um.«
    »Du hast gut reden. Du bist vom Tag deiner Geburt an auf so etwas vorbereitet worden.«
    »Ich wurde auf Rasentennis und Champagnerfeste vorbereitet«, erwiderte Nikolaj. »Alles andere habe ich erst später gelernt.«
    »Dafür bleibt mir keine Zeit!«
    »Du machst das schon«, sagte er. »Nur die Ruhe.«
    Ich stöhnte frustriert. Es juckte mich in den Fingern, ihm an die Gurgel zu gehen.
    »Oh – und wenn du jemanden zur Weißglut bringen willst, musst du ihn nur auffordern, Ruhe zu bewahren.«
    Ich wusste nicht, ob ich lachen oder ihm einen Schuh an den Kopf werfen sollte.
    Außerhalb der Kutsche wurde Nikolajs Verhalten zusehends lästiger. Er war zwar so klug, seinen Heiratsantrag nicht zu wiederholen, schien den Menschen aber weismachen zu wollen, dass wir etwas füreinander empfanden. Er wurde täglich dreister, stellte sich dicht neben mich, küsste meine Hand oder strich mir die Haare hinter die Ohren, wenn sie von einem Windstoß zerzaust worden waren.
    In Taschta winkte Nikolaj unzähligen Pilgern und Dörflern, die sich um eine Statue des Stadtgründers versammelt hatten. Als er mir wieder in die Kutsche half, legte er einen Arm um meine Taille.
    »Bitte nicht schlagen«, flüsterte er. Dann riss er mich an seine Brust und küsste mich auf den Mund.
    In der Menge brandete ohrenbetäubend lauter Jubel auf. Die Stimmen schlugen wie eine brausende Woge über uns zusammen. Bevor ich reagieren konnte, hatte Nikolaj mich in die halbdunkle Kutsche geschoben und setzte sich neben mich. Er knallte die Tür zu, aber die Menschen jubelten weiter. Zwischen Rufen wie »Nikolaj!« und »Sankta Alina!« erklang eine neue Parole: Sol Korolewa , riefen sie. Sonnenkriegerin.
    Ich erhaschte durch das Fenster einen Blick auf Maljen, der zu Pferd die Menge von der Straße fernzuhalten versuchte. Seine aufgebrachte Miene verriet mir, dass er alles gesehen hatte.
    Ich drehte mich zu Nikolaj um und trat ihn mit Wucht gegen das Schienbein. Er schrie auf, aber das reichte mir nicht. Ich trat ihn noch einmal.
    »Fühlst du dich jetzt besser?«, fragte er.
    »Wenn du das noch einmal tust, trete ich dich nicht«, sagte ich zornig. »Dann halbiere ich dich.«
    Er fegte einen Baumwollfussel von seiner Hose. »Ich weiß nicht, ob das weise wäre. Ich fürchte, die meisten Menschen halten wenig von Zarenmord.«
    »Du bist noch nicht Zar, Sobatschka «, erwiderte ich bissig. »Also bring mich nicht in Versuchung.«
    »Ich begreife deinen Unmut nicht. Die Leute waren begeistert.«
    » Ich war nicht begeistert.«
    Er zog eine Augenbraue hoch. »Aber du fandest es nicht abscheulich.«
    Ich trat ihn wieder. Dieses Mal griff er blitzschnell nach meinem Knöchel. Im Winter hätte ich Stiefel getragen, aber es war Sommer, und seine Finger schlossen sich um meine bloße Haut. Meine Wangen brannten.
    »Versprich mir, mich nie wieder zu treten, und ich verspreche dir, dich nie wieder zu küssen.«
    »Die Tritte waren für den Kuss!«
    Ich wollte mich ihm entziehen, doch er hielt mein Bein sehr fest.
    »Versprich es«, sagte er.
    »Na gut«, stieß ich zornig hervor. »Versprochen.«
    »Dann haben wir eine Abmachung.«
    Er ließ los und ich zog den Fuß unter die Kefta, hoffte, dass er meine backfischhafte Röte nicht bemerkte.
    »Wie schön«, sagte ich. »Und jetzt raus.«
    »Das ist meine Kutsche.«
    »Die Abmachung betrifft nur die Tritte. Sie gilt nicht für schlagen, boxen, beißen oder halbieren .«
    Er grinste. »Befürchtest du, dass Oretsew glauben könnte, wir hätten etwas miteinander?«
    Genau das befürchtete ich. »Ich befürchte, dass ich auf meine Kefta kotze, wenn ich noch eine weitere Minute mit dir verbringen muss.«
    »Wir spielen nur, Alina. Je stärker unser Bund, desto besser für uns beide. Wenn Maljen dadurch auf falsche Ideen käme, wäre das bedauerlich, aber es ist notwendig.«
    »Der Kuss war nicht notwendig.«
    »Er war improvisiert«, sagte er. »Ich habe mich hinreißen lassen.«
    »Du improvisierst nie«, erwiderte ich. »Du tust nichts ohne Berechnung. Du wechselst deine Persönlichkeit wie andere Leute ihr Hemd. Und weißt du was? Das ist unheimlich. Bist du jemals wirklich du selbst?«
    »Ich bin ein Prinz, Alina. Ich kann es mir nicht leisten, ich selbst zu sein.«
    Ich schnaubte verärgert.
    Er schwieg eine Weile und sagte dann: »Ich … findest du mich wirklich unheimlich?«
    Er klang zum allerersten Mal nicht mehr so selbstsicher, und trotz allem, was er sich erlaubt hatte,

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