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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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geworfen.
    Er verneigte sich wieder. »Es war mir eine große Ehre.«
    Nikolaj wirkte kein bisschen beeindruckt. »Kann man ihm trauen?«
    »Er ist ein Deserteur«, sagte der neben ihm stehende Soldat.
    Auf beiden Seiten des Tores erhob sich ein Grollen.
    Nikolaj zeigte auf Tolja. »Lass alle einige Schritte zurückweichen und pass auf, dass die Diener nicht plötzlich losballern. Ich nehme an, dass ihnen hier, zwischen all diesen Obstbäumen, etwas langweilig ist.« Er drehte sich wieder zum Tor um. »Du heißt Fedjor? Warte kurz.« Er führte mich ein Stückchen von der Menge weg und wiederholte seine Frage: »Ist er vertrauenswürdig? Was meinst du?«
    »Schwer zu sagen.« Ich hatte Fedjor zuletzt bei einem Fest im Großen Palast gesehen, wenige Stunden bevor ich von den Plänen des Dunklen erfahren hatte und hinten auf einem Wagen geflohen war. Ich versuchte krampfhaft, mich an das zu erinnern, was er mir damals erzählt hatte.
    »Ich glaube, er war an der Südgrenze stationiert. Er war ein hochrangiger Entherzer, aber kein Günstling des Dunklen.«
    »Newskij hat Recht«, sagte er und nickte in Richtung des zornigen Soldaten. »Ob Grischa oder nicht – ihre Treue sollte zuerst dem Zaren gelten. Sie haben ihre Posten verlassen. Genau genommen sind sie fahnenflüchtig.«
    »Aber nicht zwangsläufig Verräter.«
    »Die eigentliche Frage lautet wohl, ob sie Spione sind.«
    »Und was machen wir nun mit ihnen?«
    »Wir könnten sie festnehmen und verhören.«
    Ich zupfte an einem Ärmel meiner Kefta und dachte nach.
    »Sag etwas«, bat Nikolaj.
    »Wir wollen doch, dass die Grischa zurückkehren«, sagte ich. »Wenn wir jeden Rückkehrer festnehmen, wird meine Armee nur ein kläglicher Haufen sein.«
    »Vergiss nicht«, erwiderte er, »dass du gemeinsam mit ihnen isst und arbeitest und unter einem Dach schläfst.«
    »Ja, und vielleicht stehen sie alle in Diensten des Dunklen.« Ich sah über die Schulter zu Fedjor, der geduldig vor dem Tor stand. »Was meinst du?«
    »Ich meine, dass man diesen Grischa ebenso wenig, aber auch genauso sehr vertrauen kann wie jenen, die im Kleinen Palast warten.«
    »Klingt nicht gerade ermutigend.«
    »Sobald wir uns innerhalb der Palastmauern befinden, wird jede Kommunikation überwacht. Welchen Nutzen hätte der Dunkle von Spionen, mit denen er nicht in Verbindung treten kann?«
    Ich widerstand dem Drang, die Narben zu berühren, die sich auf meiner Schulter zu bilden begannen. Ich holte tief Luft.
    »Gut«, sagte ich. »Lasst sie herein. Ich rede mit Fedjor, aber nur mit ihm allein. Alle anderen können draußen vor dem Landhaus übernachten und morgen mit uns nach Os Alta ziehen.«
    »Ganz sicher?«
    »Ich bezweifele, mir jemals wieder einer Sache ganz sicher zu sein, aber meine Armee braucht Soldaten.«
    »Sehr gut«, sagte Nikolaj und nickte kurz. »Aber überleg dir gut, wem du vertraust.«
    Ich sah ihn vielsagend an. »Das werde ich.«

Fedjor und ich sprachen bis spät in die Nacht miteinander, aber wir waren nie allein. Ob Maljen, Tolja oder Tamar – einer passte immer auf mich auf.
    Fedjor hatte an der Südostgrenze gedient, in der Nähe von Sikursk. Nachdem man im Außenposten die Nachricht von der Zerstörung Nowokribirsks erhalten hatte, hatten die Soldaten des Zaren die Grischa mitten in der Nacht aus den Betten geholt und bei Schauprozessen ihre Treue überprüft. Fedjor war einer der Anführer gewesen, die den Grischa zur Flucht verholfen hatten.
    »Wir hätten alle töten können«, sagte er. »Stattdessen sind wir mit unseren Verwundeten geflohen.«
    Manche Grischa waren nicht so friedfertig gewesen. In Tschernast und Ulensk war es zu Massakern gekommen, als Angehörige der Zweiten Armee von Soldaten angegriffen worden waren. Maljen und ich waren währenddessen an Bord der Verrhader nach Westen gesegelt, ungefährdet durch das Chaos, das wir ausgelöst hatten.
    »Vor einigen Wochen«, sagte er, »wurde plötzlich erzählt, du seist nach Rawka zurückgekehrt. Du kannst damit rechnen, dass weitere Grischa zu dir stoßen werden.«
    »Wie viele?«
    »Das weiß niemand.«
    Wie Nikolaj glaubte auch Fedjor, dass manche Grischa im Verborgenen abwarten wollten, bis wieder Ruhe einkehrte. Aber er argwöhnte, dass sich die meisten dem Dunklen angeschlossen hatten.
    »Er bedeutet Macht«, sagte Fedjor. »Er bietet Sicherheit. Das ist die Sprache, die sie verstehen.«
    Vielleicht glauben sie auch nur, auf der Seite des Siegers zu stehen , dachte ich ernüchtert, obwohl ich

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