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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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immerwährenden Benommenheit gerissen zu haben. Er saß kerzengerade im Sattel und strahlte die Arroganz eines Adeligen aus. Neben ihm wirkte Nikolaj wie ein Schulbube.
    Ein ängstliches Prickeln beschlich mich. Nikolaj schien immer alles unter Kontrolle zu haben und man vergaß leicht, dass er nur wenige Jahre älter war als Maljen und ich, ein jugendlicher Hauptmann, der hoffte, ein jugendlicher Zar zu werden.
    Nikolaj war seit sieben Jahren nicht mehr bei Hofe gewesen und hatte Wassili während dieser Zeit vermutlich kein einziges Mal gesehen. Trotzdem flossen keine Tränen und es gab auch keine überschwängliche Begrüßung. Die zwei Prinzen stiegen nur ab und nahmen einander kurz in den Arm. Wassili musterte unsere Prozession und ließ seinen Blick schließlich bedeutsam auf mir ruhen.
    »Das ist also die junge Frau, von der du behauptest, sie sei die Sonnenkriegerin?«
    Nikolaj zog die Augenbrauen hoch. Sein Bruder hätte ihm keine bessere Vorlage bieten können. »Diese Behauptung ist leicht zu beweisen.« Er nickte mir zu.
    Bescheidenheit wird überschätzt . Ich hob meine Hände und rief eine gleißende Lichtwelle auf, die sich als wabernd heiße Kaskade über die aufmarschierten Soldaten ergoss. Sie rissen die Arme hoch und manche wichen zurück, weil die Pferde scheuten und wieherten. Ich ließ das Licht erlöschen. Wassili tat verschnupft.
    »Du warst sehr umtriebig, kleiner Bruder.«
    »Wenn du wüsstest, Wassja«, erwiderte Nikolaj heiter. Wassili verzog bei dieser Verniedlichung seines Namens den Mund. Seine Miene wirkte fast affektiert. »Ich bin überrascht, dich in Os Alta anzutreffen«, fuhr Nikolaj fort. »Ich dachte, du wärst bei den Pferderennen in Karjewa.«
    »Ich war dort«, sagte Wassili. »Mein gescheckter Hengst hat sich hervorragend geschlagen. Aber als ich von deiner bevorstehenden Heimkehr erfuhr, wollte ich unbedingt hier sein, um dich begrüßen zu können.«
    »Rührend, dass du dich so um mich bemühst.«
    »Die Heimkehr eines Prinzen, in dessen Adern Zarenblut fließt, ist nicht unwichtig«, sagte Wassili. »Auch wenn es sich um einen jüngeren Sohn handelt.«
    Was er damit sagen wollte, lag auf der Hand, und meine Angst wuchs. Vielleicht hatte Nikolaj das Interesse Wassilis an der Thronfolge unterschätzt. Ich mochte gar nicht erst daran denken, welche Folgen so eine Fehleinschätzung für uns haben könnte.
    Aber Nikolaj lächelte nur. Ich erinnerte mich an seinen Rat: Schmettere Beleidigungen mit einem Lachen ab.
    »Als jüngerer Bruder lernt man, sich mit den Brosamen zu begnügen«, erwiderte er und wandte sich an einen Soldaten, der etwas weiter weg in der Formation stand. »Ich kenne Sie noch aus dem Halmhend-Feldzug, Feldwebel Peschkin. Da Sie hier so tapfer strammstehen, muss Ihr Bein gut verheilt sein.«
    Der Feldwebel wirkte überrascht. »Da, moj Tsarewitsch«, sagte er respektvoll.
    »Nennen Sie mich einfach ›Herr‹, Feldwebel. Wenn ich diese Uniform trage, bin ich kein Prinz, sondern ein Offizier.«
    Ich bemerkte, dass Wassilis Lippen erneut zuckten. Wie viele Söhne von Adeligen hatte er das Privileg genutzt, den Militärdienst ehrenhalber im bequemen Offizierszelt ableisten zu dürfen, weit fort von den feindlichen Linien. Nikolaj hingegen hatte in der Infanterie gedient. Er hatte sich sowohl seinen Rang als auch seine Orden verdient.
    »Jawohl, Herr«, sagte der Feldwebel. »Das Bein schmerzt nur bei Regen.«
    »Dann werden die Fjerdan wohl täglich um Regen beten. Sie haben so manchen von seinem Elend erlöst, wenn ich mich nicht irre.«
    »Ich meine mich zu erinnern, dass Ihr das auch getan habt, Herr«, erwiderte der Soldat mit einem Grinsen.
    Ich hätte beinahe laut gelacht. Nikolaj hatte seinem Bruder durch einen kurzen Wortwechsel die Kontrolle über die Truppe entrissen. Wenn sich die Soldaten heute Abend in den Schenken Os Altas versammelten oder in der Kaserne Karten spielten, wäre dies ihr einziges Gesprächsthema: der Prinz, der sich an den Namen eines einfachen Soldaten erinnerte, der Prinz, der ungeachtet von Stand und Vermögen Seite an Seite mit ihnen gefochten hatte.
    »Bruder«, sagte Nikolaj zu Wassili. »Lass uns endlich zum Palast aufbrechen. Ich habe eine ganze Kiste Whisky der Kerch mitgebracht, der dringend geleert werden muss, und ich würde gern deine Meinung zu einem Fohlen hören, das ich in Ketterdam entdeckt habe. Angeblich ist Dagrenner sein Vater, aber ich habe da meine Zweifel.«
    Wassili versuchte, sein Interesse zu verbergen,

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