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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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dich retten.«
    Ich starrte ihn an. »Und die übrigen Grischa?«
    »Für die kann ich nichts tun.«
    Ich konnte nicht fassen, was er da vorschlug. »Ich renne ganz sicher nicht weg.«
    »Das habe ich geahnt«, erwiderte er seufzend.
    »Und du?«, fragte ich zornig. »Willst du einfach wegfliegen und uns allein gegen den Dunklen kämpfen lassen?«
    »Komm schon«, sagte er. »Du weißt doch, dass ich mich nach dem Heldentod sehne.« Er sah wieder zum See. »Ich sterbe gern im Kampf, aber ich möchte meine Eltern nicht der Gnade des Dunklen überlassen. Gibst du mir zwei Stürmer, die ich einweisen kann?«
    »Ich kann dir keine Stürmer geben , Nikolaj«, sagte ich und dachte daran, wie der Dunkle Genja der Zarin geschenkt hatte. »Aber vielleicht meldet sich jemand freiwillig. Erzähl ihnen aber ja nicht, worum es geht, denn ich möchte nicht, dass die anderen den Mut verlieren.« Oder sich um einen Platz auf dem Schiff streiten , fuhr ich in Gedanken fort. »Und noch eines«, sagte ich. »Ich möchte, dass du einen Platz für Baghra frei hältst. Ich will nicht, dass sie noch einmal mit dem Dunklen konfrontiert wird. Sie hat schon genug durchgemacht.«
    »Selbstverständlich«, sagte er und fügte hinzu: »Ich glaube immer noch, dass wir siegen können, Alina.«
    Wie schön, dass wenigstens einer daran glaubt , dachte ich bedrückt und machte mich auf den Rückweg zum Kleinen Palast.

David verschwand auch nach dem letzten Treffen des Kriegsrats sofort und ich fand erst am späten Abend die Zeit, ihn in den Werkstätten der Fabrikatoren aufzusuchen. Er beugte sich über einen Berg von Plänen. Seine Finger waren mit Tinte beschmiert.
    Ich setzte mich neben ihn auf einen Hocker und räusperte mich. Er sah auf und blinzelte mich an wie eine Eule. Er war so blass, dass sich die Adern bläulich unter seiner Haut abzeichneten, und sein Haarschnitt war eine Katastrophe.
    Er hat sie sicher selbst geschnitten , dachte ich amüsiert. Kaum zu glauben, dass Genja sich in jemanden wie ihn verliebt hatte.
    Als er meinem Halsreif anblickte, schien er zusammenzuzucken und begann mit den Gerätschaften auf seiner Werkbank zu hantieren, ordnete sie in schnurgeraden Reihen: Kompass, Kohlestifte, Federhalter und Gläser mit verschiedenfarbigen Tinten, durchsichtige und spiegelnde Glasstücke, ein hart gekochtes Ei, bei dem es sich wohl um sein Abendessen handelte, und zahllose Blätter mit Zeichnungen und Skizzen, deren Sinn mir verborgen blieb.
    »Woran arbeitest du?«, fragte ich.
    Er blinzelte. »An Schüsseln.«
    »Aha?«
    »Spiegelschüsseln«, sagte er. »In Parabelform.«
    »Das ist … hochinteressant«, brachte ich hervor.
    Er kratzte sich an der Nase und schmierte sich dabei blaue Farbe auf den Nasenrücken. »Du könntest deine Macht dadurch um ein Vielfaches steigern.«
    »Wie mit den Spiegeln an den Handschuhen?« Ich hatte die Durasten gebeten, mir neue zu machen. Da ich jetzt zwei Kräftemehrer besaß, brauchte ich die Spiegel zwar nicht unbedingt, aber sie halfen mir, das Licht zu bündeln und zu lenken, und die Tatsache, dass ich so mehr Kontrolle ausüben konnte, beruhigte mich.
    »Gewissermaßen«, sagte David. »Wenn ich alles richtig mache, wirst du den Schnitt mit viel größerer Wirkung einsetzen können.«
    »Und wenn du es falsch machst?«
    »Dann geschieht entweder gar nichts oder derjenige, der die Schüssel bedient, wird in tausend Stücke gerissen.«
    »Klingt vielversprechend.«
    »Finde ich auch«, sagte er vollkommen ernst und wandte sich seiner Arbeit zu.
    »David«, sagte ich. Er sah so verdutzt auf, als hätte er mich schon wieder vergessen. »Ich habe eine Frage.«
    Sein Blick zuckte erneut zum Halsreif und von dort auf seine Werkbank.
    »Was weißt du über Ilja Morozow?«
    David wand sich und ließ seinen Blick durch den nahezu menschenleeren Raum gleiten. Die meisten Fabrikatoren waren noch beim Abendessen. Er war eindeutig nervös, vielleicht sogar verängstigt.
    Erneut senkte er den Blick auf die Werkbank, griff nach dem Kompass, legte ihn wieder weg.
    Schließlich flüsterte er: »Der Knochenschmied. So wird er genannt.«
    Ein Schauder durchfuhr mich. Ich dachte an die Fingerknochen und Wirbel auf den Tischen der Händler in Kribirsk. »Und warum?«, fragte ich. »Wegen der Kräftemehrer, die er entdeckt hat?«
    David sah überrascht auf. »Er hat sie nicht entdeckt. Sondern erschaffen .«
    Ich traute meinen Ohren nicht. »Merzost?«
    Er nickte. Darum also hatte David Morozows Halsreif

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