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Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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sein.«
    »Wenn du wüsstest. Und Tolja und du? Womit habt ihr gespielt?«
    »Mit den Schädeln unserer Feinde.«
    Ich sah das Blitzen in ihren Augen und wir brachen beide in schallendes Gelächter aus.
    In den Ställen, die für das Kampftraining genutzt wurden, sprachen Tamar und ich kurz mit Botkin, der die Aufgabe hatte, die Grischa im Zweikampf zu trainieren. Der alte Söldner war sofort bezaubert von Tamar und die beiden unterhielten sich geschlagene zehn Minuten im Stakkato auf Shu, bevor ich endlich das Kampftraining der Fabrikatoren ansprechen konnte.
    »Botkin jeden kann lehren kämpfen«, sagte er mit seinem schweren Akzent. Die von einem Messerangriff herrührende Narbe auf seinem Hals glänzte matt. »Habe ich nicht kleines Mädchen beigebracht das Kämpfen?«
    »Ja«, pflichtete ich bei und wand mich innerlich, als ich mich an seine Schinderei und die Prügel erinnerte, die ich von ihm bezogen hatte.
    »Aber kleines Mädchen nicht mehr so klein«, sagte er mit einem Blick auf meine goldene Kefta. »Du kommst wieder, um zu üben mit Botkin. Ich schlage großes Mädchen genauso wie kleines.«
    »Freut mich, dass du alle gleich behandelst«, sagte ich und scheuchte Tamar aus den Ställen, bevor Botkin mir vorführte, was er unter Gleichbehandlung verstand.
    Ich ging von den Ställen direkt zu einem weiteren Treffen des Kriegsrats. Danach konnte ich gerade noch meine Haare in Ordnung bringen und meine Kefta abbürsten, bevor ich zum Großen Palast eilte, wo Nikolaj mit den Beratern des Zaren über die Verteidigung Os Altas beriet.
    Ich hatte das Gefühl, als wären wir Kinder, die sich vorwitzig unter Erwachsene gemischt hatten. Die Ratgeber gaben uns deutlich zu verstehen, dass wir nur ihre Zeit raubten. Aber Nikolaj ließ sich nicht beirren. Er erkundigte sich detailliert nach den Befestigungsanlagen, der Zahl der Soldaten auf den Stadtmauern, dem Vorwarnsystem für den Fall eines Angriffs. Die Ratgeber kamen rasch von ihrem hohen Ross herunter und diskutierten ernsthaft mit ihm, fragten nach den Waffen, die er durch die Schattenflur geschafft hatte, und deren Funktionsweisen.
    Ich beschrieb auf seine Bitte hin kurz die Nitschewo’ja , um sein Anliegen zu unterstützen, auch die Grischa mit neuen Waffen ausrüsten zu lassen. Die Ratgeber hegten weiterhin ein tiefes Misstrauen gegen die Zweite Armee, aber auf dem Rückweg zum Kleinen Palast wirkte Nikolaj unbesorgt.
    »Sie werden sich schon noch besinnen«, sagte er. »Deshalb ist es wichtig, dass du dabei bist. Du musst ihre Bedenken zerstreuen und ihnen vor Augen führen, dass der Dunkle ein Gegner von nie dagewesener Stärke ist.«
    »Meinst du, sie wissen das nicht?«, fragte ich ungläubig.
    »Sie wollen es gar nicht wissen. Sie bilden sich lieber ein, mit dem Dunklen verhandeln oder ihn irgendwie zum Aufgeben zwingen zu können, denn so müssen sie dem Ernst der Lage nicht ins Gesicht sehen.«
    »Das kann ich ihnen nicht verübeln«, sagte ich bedrückt. Es war gut und schön, über Truppenstärken, Verteidigungsanlagen und Vorwarnungen zu reden, aber ich bezweifelte, dass dies gegen die Schattenwesen des Dunklen half.
    Als wir aus dem Tunnel traten, fragte Nikolaj: »Begleitest du mich zum See?«
    Ich zögerte.
    »Ich verspreche dir, nicht auf ein Knie zu sinken und deine Schönheit in Balladen zu preisen. Ich möchte dir nur etwas zeigen.«
    Ich errötete und Nikolaj grinste.
    »Du sollest die Korporalki fragen, ob sie etwas gegen dein Erröten tun können«, sagte er und schlug den Weg ein, der am Kleinen Palast vorbei zum See führte.
    Ich hatte nicht übel Lust, ihn hineinzustoßen, und wäre ihm schon allein deshalb gern gefolgt. Andererseits … ob die Korporalki tatsächlich ein Mittel gegen mein Erröten hatten? Ich schob diesen lächerlichen Gedanken beiseite. Der Tag, an dem ich einen Korporalnik bat, etwas gegen meine rote Rübe zu tun, wäre der Tag, an dem man mich unter Gelächter aus dem Kleinen Palast jagte.
    Nikolaj war auf halber Strecke zum See auf dem Kiesweg stehen geblieben. Dort holte ich ihn ein. Er zeigte auf einen Strand am gegenüberliegenden Ufer, nicht weit von der Schule. »Da drüben möchte ich einen Anleger errichten«, sagte er.
    »Warum?«
    »Weil ich eine neue Kolibri bauen will.«
    »Du hast wirklich Hummeln im Hintern. Hast du nicht schon genug um die Ohren?«
    Er betrachtete den glitzernden See aus verengten Augen. »Ich hoffe, dass wir den Dunklen besiegen können. Aber wenn nicht, müssen wir wenigstens

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