Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
Vom Netzwerk:
kann ich auf die Schnelle nicht tun.«
    Â»Danke«, sagte ich lakonisch, aber Genja zwinkerte mir lächelnd zu.
    Â»Außerdem«, sagte sie, »sollte man dem Zaren nicht zu sehr auffallen.« Sie klang heiter, aber ich merkte, wie ein Schatten über ihr Gesicht huschte. Dann öffnete sie die Tür und die Dienerinnen strömten wieder herein.
    Sie schoben mich hinter einen Ebenholzwandschirm, der mit seinen Perlmutt-Intarsien einem nächtlichen Sternenhimmel glich. Nach wenigen Minuten trug ich Hose und Waffenrock, weiche Lederstiefel und einen grauen Mantel. Ich stellte enttäuscht fest, dass es sich nur um eine saubere Ausgabe meiner Uniform handelte. Auf dem rechten Ärmel befand sich sogar das Abzeichen der Kartografen, eine kleine Windrose. Meine Gefühle waren mir offenbar anzusehen.
    Â»Hast du etwas anderes erwartet?«, fragte Genja leicht amüsiert.
    Â»Ich dachte nur …« Ja, was hatte ich gedacht? Dass mir tatsächlich die Kefta einer Grischa zustand?
    Â»Der Zar rechnet mit einem einfachen Mädchen aus den Reihen seiner Armee, mit einem unentdeckten Schatz. Wenn du in einer Kefta erscheinst, wird er glauben, dass der Dunkle dich versteckt hat.«
    Â»Warum sollte der Dunkle mich verstecken?«
    Genja zuckte mit den Schultern. »Aus Machtkalkül. Um einen Vorteil zu haben. Wer weiß? Aber der Zar ist … Nun, du wirst schon merken, wie der Zar ist.«
    Mir drehte sich der Magen um. Man würde mich gleich dem Zaren vorstellen. Ich versuchte mich zusammenzureißen, aber als Genja mich aus dem Gemach in den Flur führte, wankte ich auf bleischweren Beinen.
    Kurz vor der Treppe flüsterte sie: »Falls dich jemand fragt, was ich getan habe, sag einfach, ich hätte dir nur beim Ankleiden geholfen. Ich darf eigentlich nicht an Grischa arbeiten.«
    Â»Warum nicht?«
    Â»Weil die alberne Zarin und ihr noch albernerer Hofstaat das nicht schätzen.«
    Ich starrte sie mit offenem Mund an. Eine Beleidigung der Zarin konnte als Hochverrat gelten, aber Genja wirkte unbesorgt.
    Bei unserer Ankunft war der riesige Kuppelsaal schon voller Grischa in karmesinroten, purpurnen und nachtblauen Roben. Die meisten schienen in meinem Alter zu sein, doch in einer Ecke standen mehrere ältere Grischa. Trotz ihrer silbergrauen Haare und zerfurchten Gesichter sahen sie blendend aus. Genau genommen sahen alle im Saal Versammelten verwirrend gut aus.
    Â»Vielleicht hat die Zarin nicht ganz unrecht«, murmelte ich.
    Â»Oh, dies ist nicht meine Arbeit«, sagte Genja.
    Ich runzelte die Stirn. Wenn das stimmte, wäre es noch ein Beweis dafür, dass ich nicht hierhergehörte.
    Irgendjemand bemerkte, wie wir in den Saal kamen. Daraufhin trat Stille ein. Alle Blicke richteten sich auf mich.
    Ein großer, breit gebauter Grischa mit karmesinroter Robe kam auf mich zu. Er war braun gebrannt und schien vor Gesundheit zu strotzen. Er verneigte sich leicht und sagte: »Ich bin Sergej Beznikow.«
    Â»Ich bin …«
    Â»Glaubst du, ich wüsste nicht, wer du bist?«, unterbrach mich Sergej und seine weißen Zähne blitzten. »Folge mir. Dann stelle ich dich den anderen vor. Du gehst mit uns.« Er führte mich am Ellbogen zu einer Schar von Korporalki.
    Â»Sie ist die Sonnenkriegerin, Sergej«, sagte ein Mädchen mit langen braunen Locken und blauer Kefta. »Sie geht mit uns.« Die hinter ihr stehenden Ätheralki murmelten zustimmend.
    Â»Marie«, sagte Sergej mit spöttischem Lächeln, »willst du damit allen Ernstes sagen, sie soll den Saal als Grischa eines untergeordneten Ordens betreten?«
    Maries alabasterfarbene Haut bekam rote Flecken. Mehrere Beschwörer sprangen auf. »Hast du etwa vergessen, dass der Dunkle auch ein Beschwörer ist?«
    Â»Ihr stellt euch also auf eine Ebene mit dem Dunklen?«
    Marie war um eine Antwort verlegen. Um zu schlichten, schlug ich vor: »Ich kann ja mit Genja gehen.«
    Daraufhin ertönte leises Gekicher.
    Â»Mit der Bildnerin?«, fragte Sergej fassungslos.
    Ich sah zu Genja, die lächelnd, aber ablehnend den Kopf schüttelte.
    Â»Sie gehört zu uns«, protestierte Marie und plötzlich wurde ringsumher gestritten.
    Â»Sie geht mit mir«, verkündete jemand mit leiser Stimme. Im Saal kehrte schlagartig Stille ein.

Als ich mich umdrehte, sah ich den Dunklen. Er stand unter einem Mauerbogen, flankiert von Iwan und einigen anderen

Weitere Kostenlose Bücher