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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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Dunkle meint, dass die Grischa sich zur Verteidigung nicht nur auf ihre Macht verlassen sollten.« Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, bereute ich sie auch schon. Maljens Lächeln erlosch.
    Â»Noch so ein kluger Kerl«, sagte er kühl und starrte in den Wald. Nach einer Weile sagte er: »Er weiß jetzt, dass du nicht auf direktem Weg zur Schattenflur unterwegs bist. Er wird ahnen, dass wir den Hirsch jagen.« Er ließ sich neben mir auf den Boden sacken und zog ein grimmiges Gesicht. In dieser Auseinandersetzung hatten wir ohnehin nur wenige Vorteile, und nun hatten wir einen eingebüßt.
    Â»Ich hätte uns nicht in den Ort führen dürfen«, sagte er matt.
    Ich gab ihm einen sanften Stoß gegen den Arm. »Wir konnten ja nicht ahnen, dass wir unter die Räuber fallen würden. Wer außer uns hat schon so viel Pech?«
    Â»Es war ein unnötiges Risiko. Ich hätte es besser wissen müssen.« Er hob einen Zweig auf und warf ihn wütend in den Wald.
    Â»Ich habe noch das Brötchen«, sagte ich ratlos und kramte das zerquetschte, von Fusseln bedeckte Ding aus der Tasche. Zur Feier der heimkehrenden Vogelschwärme war es wie ein Vogel geformt gewesen, aber nun sah es eher aus wie eine aufgerollte Socke.
    Maljen senkte den Kopf, umfasste ihn mit beiden Händen und legte die Ellbogen auf die Knie. Seine Schultern bebten und zu meinem Entsetzen glaubte ich, er würde weinen. Dann wurde mir klar, dass er lautlos lachte. Das Lachen schüttelte seinen Körper, sein Atem ging stoßweise, Tränen rollten über seine Wangen. »Ich kann nur hoffen, dass es das leckerste Brötchen der Welt ist«, japste er.
    Ich befürchtete kurz, er wäre verrückt geworden. Dann musste ich auch lachen. Ich legte mir eine Hand vor den Mund, konnte mich aber nicht mehr beherrschen. Angst und Anspannung der letzten Tage schienen mich zu guter Letzt doch noch zu überwältigen.
    Maljen legte sich mit übertriebener Geste einen Finger vor die Lippen. »Psssst!«, zischte er und ich wurde erneut von einem Lachanfall geschüttelt.
    Â»Ich glaube, du hast dem Idioten die Nase gebrochen«, sagte er schnaubend.
    Â»Wie unartig. Ich bin nicht sehr artig.«
    Â»Nein. Bist du nicht«, stimmte er zu und dann mussten wir wieder lachen.
    Â»Weißt du noch, wie dieser Bauernsohn in Keramzin dir die Nase gebrochen hat?«, japste ich zwischendurch. »Du hast niemandem davon erzählt, obwohl du das Lieblingstischtuch von Ana Kuja vollgeblutet hast.«
    Â»Das hast du dir ausgedacht.«
    Â»Oh nein!«
    Â»Doch! Du brichst Nasen und du lügst.«
    Wir lachten, bis wir keine Luft mehr bekamen, bis wir Seitenstiche hatten, bis uns der Kopf schwirrte. Schwer zu sagen, wann ich zuletzt so gelacht hatte.
    Am Ende aßen wir das Brötchen. Es war mit Zucker bestreut und schmeckte wie in unserer Kindheit. Hinterher sagte Maljen: »Das war wirklich das leckerste Brötchen der Welt«, und wir bekamen noch einen Lachanfall.
    Schließlich seufzte er, stand auf und reichte mir eine Hand, um mir aufzuhelfen.
    Wir wanderten, bis die Abenddämmerung anbrach, und lagerten dann vor der Ruine einer Hütte. Da wir nur knapp davongekommen waren, entschieden wir uns gegen ein Feuer und aßen von dem Proviant, den wir im Dorf besorgt hatten. Während wir auf dem Dörrfleisch und dem elenden Hartkäse herumkauten, erkundigte sich Maljen nach Botkin und den anderen Lehrern im Kleinen Palast. Ich begriff erst, wie sehr ich mich danach gesehnt hatte, meine Erlebnisse mit ihm zu teilen, als ich zu erzählen begann. Er war nicht mehr so leicht zum Lachen zu bringen wie früher. Wenn er es doch tat, schien seine grimmige, abweisende Art aufzuweichen. Dann ähnelte er wieder dem alten Maljen, den ich kannte. Das ließ mich hoffen, dass sein wahres Wesen nicht für immer verloren war.
    Als es Zeit zum Schlafen war, drehte Maljen eine Runde um das Lager, weil er nachprüfen wollte, ob uns Gefahr drohte. Ich packte währenddessen den Proviant ein. Nach dem Verlust von Maljens Gewehr und Wolldecke gab es im Rucksack viel Platz. Wenigstens seinen Bogen hatte er noch, dachte ich.
    Ich schob mir die Mütze aus Eichhörnchenfell unter den Kopf und überließ Maljen den Rucksack als Kopfkissen. Dann hüllte ich mich in meinen Mantel und deckte mich mit den neuen Fellen zu. Ich schlief schon halb, als Maljen zurückkehrte. Er ließ

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