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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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begannen, war ich froh, das kahle Gebirge und seine eisigen Winde endlich hinter mir zu lassen. Mein Herz hüpfte vor Freude, als wir die Baumgrenze wieder überschritten und durch einen herrlichen Wald wanderten. Wir waren so lange über harten Felsboden geklettert, dass es ein Vergnügen war, auf weichen Tannennadeln zu laufen, das Rascheln der Tiere im Unterholz zu hören und die nach Pflanzensaft duftende Luft einzuatmen.
    Wir lagerten an einem plätschernden Bach, und während Maljen Feuerholz sammelte, hätte ich beinahe ein Lied angestimmt. Ich rief einen winzigen, gebündelten Lichtstrahl auf, um das Feuer zu entfachen, aber das schien Maljen nicht besonders zu beeindrucken. Er verschwand im Wald und kehrte mit einem Kaninchen zurück, das wir ausweideten und über dem Feuer brieten. Er beobachtete mich amüsiert, als ich meine Portion verschlang und danach aufseufzte, weil ich immer noch hungrig war.
    Â»Es wäre viel leichter, für Essen zu sorgen, wenn du keinen so großen Appetit entwickelt hättest«, brummte er. Nachdem er aufgegessen hatte, streckte er sich aus, einen Arm hinter den Kopf geschoben.
    Ich erwiderte nichts. Zum ersten Mal seit meiner Flucht aus dem Kleinen Palast war mir warm, und dieses angenehme Gefühl konnte durch nichts getrübt werden. Nicht einmal durch Maljens Schnarchen.
    Vor dem Marsch nach Tsibeja mussten wir unseren Proviant aufstocken. Wir stießen erst nach anderthalb Tagen auf einen Jagdpfad, der zu einem Dorf in den Ausläufern des Petrazoj führte. Je näher wir der Zivilisation kamen, desto nervöser wurde Maljen. Er verschwand immer wieder für längere Zeit, kundschaftete das vor uns liegende Gelände aus und achtete darauf, dass wir uns parallel zur Hauptstraße auf den Ort zubewegten. Am frühen Nachmittag kehrte er in einem hässlichen braunen Mantel und mit einer Mütze aus Eichhörnchenfell zurück.
    Â»Woher hast du die Sachen?«, fragte ich.
    Â»Aus einem Haus geklaut, das nicht verschlossen war«, sagte er schuldbewusst. »Ich habe ein paar Münzen dagelassen. Aber es ist gespenstisch – denn alle Häuser sind verlassen. Auf der Straße habe ich auch niemanden gesehen.«
    Â»Vielleicht ist Sonntag«, sagte ich. Seit meiner Flucht aus dem Kleinen Palast hatte ich jedes Zeitgefühl verloren. »Dann sind alle in der Kirche.«
    Â»Könnte sein«, gab er zu, wirkte aber besorgt, als er Mütze und Mantel seiner Uniform neben einem Baum vergrub.
    Wir waren noch eine halbe Werst vom Dorf entfernt, als wir die Trommeln hörten. Sie wurden immer lauter, je näher wir der Straße kamen, und bald hörten wir Schellen und Geigen, rhythmisches Klatschen und Jubel. Maljen kletterte auf einen Baum, um Ausschau zu halten. Nachdem er wieder unten stand, sah er nicht mehr so besorgt aus.
    Â»Da wimmelt es von Menschen. Auf der Straße ziehen Hunderte dahin, und ich kann den Dom -Wagen sehen.«
    Â»Dann ist Butterwoche!«, rief ich.
    In der Woche vor dem Frühlingsfest fuhr jeder Edelmann auf einem mit Süßigkeiten, Käse und Broten beladenen Dom -Wagen zu seinen Leuten. Der anschließende Umzug führte von der Dorfkirche bis zum Anwesen des Edelmanns. Dort wurden den Bauern und Leibeigenen die Türen der Gesellschaftsräume geöffnet und es gab Tee und Blini. Die Mädchen trugen zur Feier des Frühlingsbeginns rote Sarafane und Blumen im Haar.
    Im Waisenhaus war die Butterwoche immer die schönste Zeit des Jahres gewesen, zumal der Unterricht verkürzt war, damit die Kinder beim Putzen und Backen helfen konnten. Herzog Keramsow war jedes Jahr genau zu dieser Zeit aus Os Alta zurückgekehrt. Wir fuhren alle auf dem Dom -Wagen aus und der Herzog hielt an jedem Bauernhof, um Kwass zu trinken und Kuchen und Leckereien zu verteilen. Wenn wir so neben dem Herzog gesessen und den jubelnden Dorfleuten gewinkt hatten, hatten wir immer das Gefühl gehabt, auch von edler Abstammung zu sein.
    Â»Wollen wir uns das anschauen, Maljen?«, drängte ich.
    Er runzelte die Stirn. Ich ahnte, dass auch ihn glückliche Erinnerungen an Keramzin bedrängten und seine Vorsicht ins Wanken brachten. Dann umspielte ein leises Lächeln seine Lippen. »Na schön. Zwischen den vielen Menschen fallen wir sicher nicht auf.«
    Wir mischten uns auf der Straße unter die Menschenmenge, schlüpften zwischen Geigern und Trommlern und kleinen

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