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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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wir jeden Tag Gefahr, erwischt zu werden.«
    Â»Morgen«, wiederholte ich.
    Â»Er hat die Herde wahrscheinlich längst aufgespürt. Er hat den Hirsch erlegt und jetzt machen sie nur noch Jagd auf uns.«
    Â»Das glaube ich nicht.«
    Maljen schwieg. Ich hüllte mich tiefer in das Fell und ließ ein schwaches Licht in meiner Hand erblühen.
    Â»Was soll das?«
    Â»Mir ist kalt.«
    Â»Das ist zu riskant«, sagte er und riss das Fell vor das Licht, das sein Gesicht warm und golden erhellte.
    Â»Wir sind seit über einer Woche keiner Menschenseele mehr begegnet. Wir verstecken uns ständig, aber was nützt uns das, wenn wir erfrieren?«
    Er runzelte die Stirn, streckte dann aber beide Hände aus und ließ die Finger im Licht spielen. »Gar nicht übel«, sagte er.
    Â»Danke«, erwiderte ich lächelnd.
    Â»Michail ist tot.«
    Das Licht auf meiner Hand flackerte. »Was?«
    Â»Er ist tot. In Fjerda gefallen. Dubrow auch.«
    Ich erstarrte vor Schreck, obwohl mir Michail und Dubrow nie besonders sympathisch gewesen waren. »Mir war nicht klar …« Ich wusste nicht, wie ich fortfahren sollte. »Was ist passiert?«
    Würde er antworten? Oder hätte ich besser gar nicht gefragt? Er starrte gedankenverloren in das schimmernde Licht, das meiner Hand entsprang.
    Â»Wir waren hoch im Norden, fast schon dort, wo ewiger Frost herrscht. Der Außenposten in Tschernast lag weit hinter uns«, erzählte er leise. »Wir waren dem Hirsch bis zur Grenze gefolgt. Unser Hauptmann schlug vor, dass sich ein paar von uns, verkleidet als Fjerdan, über die Grenze schlagen und den Hirsch dort weiter verfolgen sollten. Eine absolut lächerliche, wirklich saudumme Idee. Denn selbst wenn wir unentdeckt über die Grenze gelangt wären – was hätten wir tun sollen, wenn wir die Herde gefunden hätten? Da wir den Hirsch nicht erlegen durften, hätten wir ihn einfangen und danach irgendwie über die Grenze zurück nach Rawka schaffen müssen. Der reine Irrsinn.«
    Ich nickte. Ja, das klang irrsinnig.
    Â»Abends lachten Michail, Dubrow und ich über diesen Blödsinn, bezeichneten es als Selbstmordkommando und verhöhnten den Hauptmann als Vollidioten, und dann stießen wir auf die armen Schweine an, die den Auftrag übernehmen mussten. Und am nächsten Morgen habe ich mich freiwillig gemeldet.«
    Â»Warum?«, fragte ich verblüfft.
    Maljen schwieg wieder. Schließlich sagte er: »Du hast mir auf der Schattenflur das Leben gerettet, Alina.«
    Â»Und du meines«, erwiderte ich, denn ich wusste nicht recht, was das mit dem Selbstmordkommando in Fjerda zu tun haben sollte. Doch er schien meine Worte nicht zu hören.
    Â»Du hast mir das Leben gerettet und später, als man dich aus dem Zelt der Grischa geschafft hat, habe ich nichts getan. Ich habe nur dagestanden und zugelassen, dass sie dich mitnahmen.«
    Â»Was hättest du denn tun sollen, Maljen?«
    Â»Keine Ahnung. Irgendetwas.«
    Â»Maljen …«
    Er fuhr sich frustriert mit einer Hand durch das Haar. »Das ist natürlich Unsinn. Aber ich habe es so empfunden. Ich hatte keinen Appetit mehr. Ich fand keinen Schlaf. Ich hatte immer wieder vor Augen, wie man dich aus dem Zelt geführt hat, wie du plötzlich weg warst.«
    Wie oft hatte ich mich während der schlaflosen Nächte im Kleinen Palast daran erinnert, wie ich weggebracht worden war und wie Maljens Gesicht in der Menge verschwunden war, hatte mich gefragt, ob ich ihn jemals wiedersehen würde. Ich hatte ihn schrecklich vermisst, aber nie geahnt, dass er mich ebenso sehr vermisst hatte.
    Â»Mir war klar, dass wir den Hirsch im Auftrag des Dunklen jagten«, fuhr Maljen fort. »Und ich dachte … ich bildete mir ein, dir helfen zu können, indem ich die Herde suchte. So wollte ich alles wiedergutmachen.« Er schaute mich an, denn wir wussten beide, wie sehr er sich geirrt hatte. »Michail wusste nichts von alledem. Aber als mein Freund meldete er sich auch freiwillig, der Esel. Und Dubrow wollte uns natürlich in nichts nachstehen. Ich riet ihnen davon ab, aber Michail lachte nur und meinte, er werde ganz sicher nicht zulassen, dass ich den ganzen Ruhm allein einheimse.«
    Â»Und was ist danach geschehen?«
    Â»Wir haben die Grenze zu neunt überschritten, sechs Soldaten und drei Fährtenleser. Zwei haben überlebt.«
    Seine Worte hingen

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