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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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der Schnee dämpfte unsere Schritte. Es war schon spät. Eigentlich hätten wir ein Lager aufschlagen, irgendwo Schutz suchen müssen. Stattdessen standen wir stumm da, immer noch Hand in Hand, und sahen zu, wie der Tag verblasste.
    Â»Alina?«, sagte Maljen leise. »Ich muss mich entschuldigen. Für meine Worte im Kleinen Palast.«
    Ich sah ihn überrascht an. Diese Begegnung war eine gefühlte Ewigkeit her. »Ich muss mich auch entschuldigen«, sagte ich.
    Â»Und alles andere tut mir genauso leid.«
    Ich drückte seine Hand. »Ich wusste, wie gering unsere Chance war, den Hirsch zu finden.«
    Â»Nein«, sagte er und wandte den Blick ab. »Nein, das ist es nicht. Ich … ich glaubte, ich würde dich suchen, weil du mir das Leben gerettet hattest. Weil ich in deiner Schuld stand.«
    Mein Herz krampfte sich zusammen. Die Vorstellung, dass Maljen mir gefolgt war, um irgendeine Schuld zu begleichen, tat noch mehr weh als erwartet. »Und jetzt?«
    Â»Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich denken soll. Ich weiß nur, dass alles anders ist.«
    Mein Herz krampfte sich wieder schmerzhaft zusammen. »Ja, das stimmt«, flüsterte ich.
    Â»Findest du das wirklich? Neulich, als du mit ihm auf der Bühne standest, warst du so glücklich. Es hat ausgesehen, als würdest du zu ihm gehören. Ich bekomme dieses Bild nicht mehr aus dem Kopf.«
    Â»Ja, ich war glücklich«, gestand ich. »Neulich auf der Bühne war ich glücklich. Ich bin nicht wie du, Maljen. Im Gegensatz zu dir war ich immer fehl am Platz. Ich habe nie richtig dazugehört.«
    Â»Du hast zu mir gehört«, erwiderte er leise.
    Â»Nein, Maljen. Das stimmt nicht. Ich habe lange Zeit nicht zu dir gehört.«
    Er sah mich an. Im Dämmerlicht wirkten seine Augen dunkelblau. »Hast du mich vermisst, Alina? Hast du mich vermisst, nachdem sie dich weggebracht hatten?«
    Â»Jeden Tag«, antwortete ich ehrlich.
    Â»Ich habe dich jede Stunde vermisst. Und am schlimmsten war, dass mich das völlig überrascht hat. Ich habe mich dabei ertappt, dich zu suchen. Nicht aus einem bestimmten Grund, sondern nur aus Gewohnheit oder weil ich etwas gesehen hatte, von dem ich dir erzählen wollte. Ich wollte nur deine Stimme hören. Dann wurde mir bewusst, dass du fort warst, und ich hatte jedes, wirklich jedes Mal das Gefühl, als würde mir die Luft wegbleiben. Ich habe mein Leben für dich aufs Spiel gesetzt. Ich bin für dich durch halb Rawka gezogen, und das würde ich wieder tun, nur um bei dir zu sein. Selbst wenn es bedeutet, mit dir zu hungern und zu frieren und mir dein Gejammer über den ewigen Hartkäse anzuhören. Also erzähl mir nicht, dass wir nicht zusammengehören.« Er klang wütend und mein Herz schlug plötzlich wie wild. »Es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, um dich wirklich wahrzunehmen, Alina. Aber das hat sich geändert.«
    Er senkte den Kopf und ich spürte, wie er mich küsste. Die Welt schien zu verstummen, und ich konnte nur noch an unsere ineinander verschränkten Finger denken, an den warmen Druck seiner Lippen.
    Ich hatte geglaubt, dass Maljen mir nichts mehr bedeutete. Ich hatte geglaubt, ihn nicht mehr zu lieben. Ich hatte gedacht, meine Liebe wäre ein Teil des dummen, einsamen Mädchens von damals, mit dem ich nichts mehr zu tun haben wollte. Ich hatte dieses Mädchen samt seiner Liebe begraben wollen, genau wie ich meine Macht hatte begraben wollen. Aber diesen Fehler würde ich nicht wiederholen. Denn was zwischen uns entflammt war, strahlte ebenso hell wie meine Macht und war ebenso unbestreitbar. In diesem Augenblick, als wir uns küssten, wusste ich ganz genau, dass ich bis in alle Ewigkeit auf ihn gewartet hätte.
    Er trat zurück. Meine Lider hoben sich flatternd. Er legte mir eine Hand auf die Wange und sah mich forschend an. In diesem Moment nahm ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr.
    Â»Maljen«, hauchte ich, den Blick über seine Schulter gerichtet. »Sieh doch.«
    Zwischen den Bäumen tauchten mehrere weiße Geschöpfe auf, die anmutig die Köpfe senkten, um am Rand der schneebedeckten Lichtung zu äsen. Mitten in Morozows Herde stand ein gewaltiger weißer Hirsch. Er betrachtete uns aus dunklen Augen und sein silbriges Geweih schimmerte im Zwielicht.
    Mit einer raschen Bewegung zog Maljen den Bogen von seinem Rucksack. »Ich schieße

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