Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Anw
Vom Netzwerk:
wartete etwa zehn
Sekunden, bis Joey kam und vor das linke trat. Außer ihnen befand sich niemand in
der Toilette.
     "Hellblaues
Hemd, keine Krawatte, marineblauer Blouson, darüber ein dunkelgrauer
Trenchcoat. Manchmal hat er eine Lesebrille mit schwarzem Rahmen dabei, aber
wenn er runterkommt, wird er sie vermutlich nicht tragen. Keine Spur von einem Aktenkoffer,
Hut, Schirm oder etwas anderem. Er müsste allein sein. Er bleibt nicht über
Nacht, daher dürfte er das Zimmer bald verlassen. Viel Glück." Kyle
betätigte die Spülung, ging hinaus und verließ das Hotel. Joey wartete zwei
Minuten und kehrte dann in die Lobby zurück, wo er seine Zeitung von einem
Sessel nahm und sich hinsetzte. Sein dunkles Haar hatte er am Tag vorher kurz
geschnitten und grau getönt. Er trug eine falsche Brille mit einem dicken
schwarzen Rahmen. Die Kamera, die kaum größer war als ein Kugelschreiber, aber
praktischerweise wie einer aussah, befand sich in der Tasche seines braunen
Cordjacketts, zusammen mit einem roten Einstecktuch.
      
Joey wurde von einem Sicherheitsbeamten des Hotels in einem schicken schwarzen
Anzug beobachtet, dessen Neugierde allerdings nicht von echtem Misstrauen,
sondern eher davon herrührte, dass in der Lobby so gut wie nichts los war.
Dreißig Minuten vorher hatte Joey dem Sicherheitsbeamten erzählt, dass er auf
einen Freund warte, der im Hotel abgestiegen sei. Zwei Angestellte an der
Rezeption gingen mit gesenktem Kopf ihrer Arbeit nach, doch es gab wenig, was
ihnen entging.
      
Zehn Minuten vergingen, dann fünfzehn. Jedes Mal wenn sich die Tür eines
Fahrstuhls öffnete, verkrampfte sich Joey ein wenig. Er behielt die Zeitung
unten, auf seinen Knien, damit es so aussah, als würde er lesen, die Kamera
aber die Zielperson erfassen konnte.
     
Ein Glockenton ertönte, die Tür des Fahrstuhls auf der linken Seite öffnete
sich, und Bennie Wright in seinem langen grauen Trenchcoat trat heraus. Das
Phantombild seines Gesichts war erstaunlich genau - glänzender, kahler Kopf mit
ein paar Strähnen schwarzen Haars, die mit Pomade über den Ohren nach hinten
gelegt waren, lange, schmale Nase, kantiger Kiefer, buschige Augenbrauen über
dunklen Augen. Joey schluckte mit gesenktem Kopf und drückte auf den
Einschaltknopf in seiner linken Hand. Wright kam acht Schritte lang direkt auf
ihn zu, dann änderte er die Richtung, ging über den mit Marmor belegten
Fußboden auf die Eingangstür zu und verschwand. Joey drehte den Oberkörper
etwas zur Seite, damit die Kamera Wright folgen konnte. Dann schaltete er sie
ab, atmete kräftig durch und vertiefte sich in seine Zeitung. Jedes Mal wenn
sich die Tür des Fahrstuhls öffuete, hob er den Kopf. Zehn endlos lange Minuten
später stand er auf und ging wieder zur Herrentoilette. Nachdem er eine weitere
halbe Stunde totgeschlagen hatte, tat er so, als würde er die Geduld mit seinem
unpünktlichen Freund verlieren, und stürmte aus dem Hotel. Niemand folgte ihm.
     
Draußen stürzte Joey sich in das Samstagabendchaos von Lower Manhattan. Ziellos
ging er durch den dichten Fußgängerverkehr, sah sich die Schaufenster an,
betrat Musikgeschäfte und Coffeeshops. Er war sicher, dass er seinen Schatten
vor zwei Stunden abgehängt hatte, wollte aber kein Risiko eingehen. Im
Laufschritt bog er um Ecken und nahm Abkürzungen durch enge Gassen. In einem
Buchantiquariat schloss er sich auf der winzigen Toilette ein und wusch mit
einer Spezialspülung den größten Teil des Graus aus seinen Haaren. Das
verbliebene Grau wurde mit einer schwarzen Mütze bedeckt, die mit dem
Schriftzug der Steelers bestickt war. Die falsche Brille warf er in den
Abfalleimer. Die Videokamera steckte noch in seiner rechten Brusttasche.
      
Unterdessen wartete Kyle nervös an der Bar des "Gotham Bar and Grill"
in der Twelfth Street auf Joey. Er hatte ein Glas Weißwein vor sich und
unterhielt sich hin und wieder mit dem Barkeeper. Für einundzwanzig Uhr hatten
sie einen Tisch reserviert.
      
Die Aktion hätte nur dann schief gehen können, wenn Joey von Bennie Wright
erkannt und in der Lobby des Wooster Hotel zur Rede gestellt worden wäre. Was
allerdings nicht sehr wahrscheinlich war. Wright wusste zwar, dass Joey in der
Stadt war, doch da sich der verkleidet hatte, würde Wright ihn nicht erkennen.
Zudem würde er nicht damit rechnen, dass Joey im Hotel oder in dessen Nähe
auftauchte. Weil Samstagabend war und Kyle in den vergangenen zwei Monaten so
gut wie nichts getan hatte, um Argwohn

Weitere Kostenlose Bücher