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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Anw
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unausstehlicher
wurde er, wenn er mal zu Hause war.
     "Hier,
in Pittsburgh", sagte er. "Ich bin jetzt seit einhundertsechzig Tagen
clean und nüchtern."
     "Das
ist großartig, Baxter. Wunderbar. Ich habe gehört, dass du eine Therapie
machst."
    "Ja,
das habe ich wieder mal Onkel Wally zu verdanken. Hast du Zeit für ein
schnelles Mittagessen? Ich muss mit dir reden."
     
Sie hatten seit dem College nicht mehr zusammen zu Mittag gegessen. Mittagessen
war viel zu gesittet für Baxter. Wenn er sich mit seinen Freunden traf, war das
immer in einer Bar und mit einer langen Nacht vor sich.
    "Ja,
klar. Ist was passiert?"
    "Nein,
eigentlich nicht. Ich wollte dich nur mal wiedersehen.
    Hol
dir ein Sandwich, dann treffen wir uns unten im Point State Park. Ich würde
gern draußen sitzen und den Schiffen zusehen."
    "Kein
Problem." Da Baxter das Ganze offensichtlich geplant hatte, wurde Joey
langsam misstrauisch. "Zwölf Uhr? Geht das?"
    "Ja.
Bis dann."
     
Baxter kam um zwölf, ohne etwas zu essen, nur mit einer Flasche Wasser in der
Hand. Er war dünner und trug alte Jeans, ein verblichenes marineblaues
Sweatshirt und ein Paar schwarze Armeestiefel aus dem Secondhandladen über
Bruder Mannys Obdachlosenheim. Keine Spur mehr von den Designerjeans, den
Armani - Jacketts und den Slippern aus Krokodilleder. Der alte Baxter gehörte
der Vergangenheit an.
     
Sie umarmten sich und zogen sich zur Begrüßung gegenseitig auf, dann suchten
sie sich eine freie Parkbank in der Nähe der Stelle, an der der Allegheny und
der Monongahela zusammenflossen. Hinter ihnen spuckte ein Springbrunnen Wasser
in die Luft.
    "Willst
du nichts essen?", fragte Joey.
    "Ich
habe keinen Hunger. Aber iss du ruhig."
     
Joey legte das Sandwich weg und starrte die Armeestiefel an.
    "Hast
du dich mal mit Kyle getroffen?", fragte Baxter, und sie verbrachten ein
paar Minuten damit, über Kyle, Alan Strock und einige andere aus der Studentenverbindung
zu reden. Baxter sprach leise und langsam und starrte dabei auf die beiden
Flüsse hinaus, als würde seine Zunge funktionieren, während seine Gedanken ganz
woanders waren. Wenn Joey redete, hörte Baxter zu, aber die Worte schienen
nicht bis zu ihm durchzudringen.
    "Ich
glaube, das interessiert dich alles gar nicht", sagte Joey so direkt wie
immer.
    "Es
ist nur so komisch, wieder hier zu sein. Und jetzt, wo ich nüchtern bin, ist es
auch ganz anders als früher. Joey, ich bin Alkoholiker, ich habe ein
Riesenproblem mit Alkohol, und jetzt, wo ich mit dem Trinken aufgehört habe und
dieses ganze Gift nicht mehr in meinem Körper ist, sehe ich alles anders. Ich
werde nie wieder etwas trinken."
    "Wenn
du meinst."
    "Ich
bin nicht mehr der Baxter Tate, den du gekannt hast."
    "Schön
für dich, aber der alte Baxter war gar kein so schlechter Kerl."
    "Der
alte Baxter war ein egoistisches, arrogantes, geltungsbedürftiges, ständig
betrunkenes Schwein, und das weißt du auch."
    "Stimmt."
    "In
fünf Jahren wäre er tot gewesen."
     
Ein alter Frachtkahn schleppte sich über den Fluss, und sie sahen ihm ein paar
Minuten lang zu. Langsam wickelte Joey sein Truthahnsandwich aus und begann zu
essen.
     "Ich
bin auf dem Weg der Besserung", verkündete Baxter leise. "Kennst du
dich mit dem Programm der Anonymen Alkoholiker aus?"
     "Ein
bisschen. Ich hatte einen Onkel, der vor ein paar Jahren mit dem Trinken
aufgehört hat und noch immer bei den Anonymen Alkoholikern aktiv ist. Das
Programm ist toll."
     "Mein
Drogenberater und Pastor ist ein ehemaliger Strafgefangener, der unter dem
Namen Bruder Manny bekannt ist. Er hat mich in einem Casino in Reno an der Bar
gefunden, sechs Stunden nachdem ich die Entzugsklinik verlassen hatte."
    "Das
klingt jetzt wieder ganz wie der alte Baxter."
    "Stimmt.
Er hat mich durch die zwölf Schritte des Programms geführt. Unter seiner
Anleitung habe ich eine Liste mit den Leuten gemacht, denen ich geschadet habe.
Es war furchtbar. Ich musste mich an einen Tisch setzen und an die Leute
denken, denen ich wehgetan habe, nur weil ich betrunken war."
    "Stehe
ich auch auf der Liste?"
    "Nein,
du hast es nicht geschafft. Tut mir leid."
    "Verdammt."
     "Es
sind vor allem Familienmitglieder. Sie stehen auf meiner Liste, und ich würde
vermutlich auf ihren Listen stehen, wenn sie jemals anfangen würden, ihr Leben
ernst zu nehmen. Der nächste Schritt besteht darin, die Leute auf der Liste um
Vergebung zu bitten. Das ist noch schlimmer. Bruder Manny hat seine erste Frau
verprügelt, bevor er ins Gefängnis

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