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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Anw
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in den Mund steckte, "dürfen Sie die Limousinen benutzen
und sich von einem Mandanten Ihr Abendessen bezahlen lassen. Dafür gibt es eine
Regel: Wenn Sie bis zwanzig Uhr arbeiten, lassen Sie eine Limousine kommen. Ich
gebe Ihnen die Nummer und den Code. Achten Sie darauf, dass Sie die Limousine
einem Mandanten in Rechnung stellen. Wenn Sie wollen, können Sie dann in ein
Restaurant gehen, bis zu einhundert Dollar für ein Essen ausgeben und auch das
dem Mandanten in Rechnung stellen."
    "Das
meinen Sie jetzt nicht im Ernst, oder?"
    "Warum?"
     "Weil
ich fast jeden Abend bis acht in der Kanzlei bin, und wenn jemand für mein
Abendessen zahlt, werde ich natürlich dafür sorgen, dass ich immer bis acht
bleibe."
    "Ich
sehe, Sie haben es verstanden."
    "Finden
Sie nicht, dass das ein starkes Stück ist?"
    "Was?"
    "Den
Mandanten teure Abend- und Mittagessen und Limousinen in Rechnung zu
stellen."
      
Ein sanftes Schwenken des Pinot, ein bedächtiger Blick auf den roten Saft, ein
langer Schluck. "Kyle, sehen Sie es doch mal so. Unser wichtigster Mandant
ist BXL, das siebtgrößte Unternehmen der Welt. Letztes Jahr haben sie einen
Umsatz von zweihundert Milliarden Dollar gemacht. Clevere Geschäftsleute, die
für alles und jedes ein Budget haben. Sie leben für Budgets. Sie haben einen
Budgetfimmel. Im vergangenen Jahr betrug ihr Budget für Anwaltskosten ein
Prozent des Gesamtumsatzes oder zwei Milliarden Dollar. Wir haben nicht alles
davon bekommen, weil sie weltweit mit zwanzig verschiedenen Kanzleien
zusammenarbeiten, aber es war ein schöner Batzen. Raten Sie mal, was passiert,
wenn das Unternehmen weniger als das vorgesehene Budget ausgibt. Wenn es
weniger für Anwaltskosten ausgibt. Die Syndikusse von BXL überwachen unsere
Rechnungen, und wenn sie zu niedrig ausfallen, rufen sie uns an und machen uns
die Hölle heiß. Was machen wir, die Anwälte, falsch? Schützen wir das
Unternehmen nicht effektiv genug? Sie wollen dieses Geld ausgeben. Wenn wir es
nicht nehmen, wenn wir ihre Budgets durcheinander bringen, machen sie sich
Sorgen, und vielleicht fangen sie dann auch an, sich nach einer anderen Kanzlei
umzusehen, einer, die sich mehr Mühe bei den Rechnungen gibt. Können Sie mir
folgen?"
    Ja,
Kyle konnte ihm folgen. Allmählich ergab es einen Sinn.
    Teure
Mahlzeiten waren zwingend notwendig, nicht nur um hungrige Anwälte bei Laune zu
halten, sondern auch um die Bilanzen der Mandanten nicht durcheinander
zubringen. Plötzlich hörte sich das Ganze sogar recht vernünftig an.
     "Ja",
erwiderte Kyle, und zum ersten Mal wärmte der Wein sein Gehirn und ließ ihn
lockerer werden.
     
Peckham breitete die Arme aus und sah sich um. "Kyle, wissen Sie, wo wir
sind? In der Wall Street. Dies ist der Gipfel des Erfolgs in den Vereinigten
Staaten. Wir sind hier, wir sind ganz oben, wir sind klug, zäh und talentiert,
und wir verdienen Wagenladungen Geld, um das zu beweisen. Wir haben ein Recht
darauf, und das sollten Sie nicht vergessen. Unsere Mandanten bezahlen uns,
weil sie uns brauchen und weil wir den besten juristischen Rat geben, den man
sich mit Geld kaufen kann. Vergessen Sie das nie."
     
John McAvoy nahm sein Mittagessen jeden Tag am selben Tisch in einem kleinen
Restaurant in der Queen Street von York ein, und Kyle, der seit seinem zehnten
Lebensjahr in der Kanzlei mitgeholfen hatte, hatte es stets genossen, mit ihm
dorthin zu gehen. Die Spezialität des Restaurants war ein Gemüseteller, der
jeden Tag etwas anderes enthielt und nicht viel kostete, mit hausgemachten
Brötchen und Eistee, ohne Zucker. In dem Restaurant aßen Anwälte, Banker und
Richter, aber auch Mechaniker und Maurer. Die Gerüchteküche brodelte, jeder zog
jeden auf. Die Anwälte scherzten immer: "Wer zahlt für das Mittagessen?",
und prahlten mit reichen Mandanten, denen sie die Kosten für ihr Essen aufs
Auge drücken würden.
     
Kyle bezweifelte, dass es seinem Vater jemals in den Sinn gekommen war, einen
Mandaten für das Mittagessen bezahlen zu lassen.
     
Peckham bestand auf einem Dessert. Zwei Stunden, nachdem sie das Restaurant
betreten hatten, gingen sie durch die Tür nach draußen und ließen sich auf die
Rückbank der Limousine fallen. Während der fünfzehnminütigen Fahrt zurück in
die Kanzlei nickten beide ein.
     
    Kapitel
25
           
Zum ersten Mal in den neun Monaten der Operation setzte sich Kyle mit Bennie
Wright in Verbindung und schlug ein Treffen vor. Alle früheren Treffen waren
stets vom Auftraggeber initiiert

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