Grisham, John
Mann erhob sich von dem großen Konferenztisch am anderen Ende des
Büros. Dort hatte sich bereits eine ganze Gruppe versammelt, die in intensive
Gespräche vertieft war. Kyle setzte sich neben Doug Peckham, der ihn kurz den
anderen vorstellte. Außer Rush und Peckham waren neun andere anwesend. Kyle
kannte die meisten vom Sehen, so auch Sherry Abney, die Senioranwältin, die
Wright beobachten ließ. Sie lächelte. Kyle erwiderte das Lächeln.
Mr Rush, der am Kopfende des Tisches saß, schilderte kurz die problematische
Situation. Zwei der abtrünnigen Partner, die Toby Roland gefolgt waren, und
sieben der einunddreißig anderen Kollegen hatten an der Sache Trylon gegen
Barton gearbeitet - "dazu gleich mehr". Daher mussten die Personalressourcen
der Kanzlei ohne Zeitverlust umgeschichtet werden, schließlich war Trylon eine
ebenso wichtige wie anspruchsvolle Mandantin. Deshalb stürzten sich nun zwei
Partner, nämlich Doug Peckham und eine Frau namens Isabelle Gaffney,
unterstützt von acht anderen Anwälten, in die Schlacht.
Mr Rush erläuterte, wie unglücklich die interne Rechtsabteilung von Trylon über
die Deserteure und wie dringend erforderlich daher eine Truppenverstärkung war,
um APE und Bartin Dynamics buchstäblich noch mehr Anwälte entgegenzuwerfen.
Isabelle Gaffney, die hinter ihrem Rücken Izzy genannt wurde, hatte es zu
zweifelhafter Berühmtheit gebracht, weil sie einmal zwei Junganwälte vor dem
Kreißsaal hatte warten lassen, während sie schnell ein Kind zur Welt brachte.
In der Kanzlei hieß es, niemand habe sie je lächeln sehen. Und daran würde sich
auch bestimmt nichts ändern, solange Mr Rush die Reorganisation, Neuordnung und
geschickte Handhabung der unbegrenzten Ressourcen juristischen Talents
erläuterte, die ihm zur Verfügung standen.
Zwei Neulinge waren dabei: Kyle und ein geheimnisvoller junger Mann von der
Penn University namens Atwater. Von den zwölf Anfängern in der Prozessabteilung
war Atwater der stillste und einsamste. Dale folgte mit weitem Abstand auf dem
zweiten Platz, aber sie war sehr schön aufgetaut - zumindest fand Kyle das. Er
hatte die Nacht wieder einmal allein auf ihrem Sofa verbracht, während sie
schlief wie ein Murmeltier. Kyle dagegen hatte die meiste Zeit wachgelegen. Es
gab zu viel, worüber er nachdenken musste. Immer noch unter Schock, weil er der
Trylon-Sache zugewiesen worden war, hatte er an die Decke gestarrt und wirres
Zeug gemurmelt. Das Entsetzen über Baxters Ermordung, die Bilder von
Trauerfeier und Beerdigung, Joey Bernardos harte Worte - wer konnte schlafen,
wenn einen solche Alpträume plagten?
Spät am Abend hatte Kyle versucht, durch einen Anruf bei Peckham
herauszufinden, wieso er auf einen Fall angesetzt worden war, den er doch
ausdrücklich hatte vermeiden wollen. Peckham hatte kein Mitgefühl gezeigt und
fand, es sei alles gesagt. Wilson Rush habe entschieden. Ende der Durchsage.
Mr Rush befasste sich gerade mit grundlegenden Tatsachen des Verfahrens, die
Kyle bereits seit Wochen und Monaten in- und auswendig kannte. Ordner wurden
herumgereicht. Eine halbe Stunde zog sich zäh wie Kaugummi hin, und Kyle fragte
sich allmählich, wie ein pedantischer Erbsenzähler wie Wilson Rush im
Gerichtssaal so erfolgreich sein konnte. Die Offenlegung der Dokumente war in
vollem Gang, und beide Parteien stritten erbittert um die Unterlagen.
Mindestens zwanzig Aussagen sollten protokolliert werden.
Kyle machte sich Notizen, weil alle anderen es taten, aber in Gedanken war er
bei Bennie Wright. Wusste der bereits, dass Kyle einen Volltreffer gelandet
hatte? Wright hatte jedes Mitglied des Trylon-Teams gekannt. Er hatte gewusst,
dass Jack McDougle Sherry Abney unterstellt gewesen war. Gab es noch einen
Maulwurf in der Firma? Ein weiteres Opfer von Wrights Erpressungen? Falls ja,
behielt diese Person Kyle im Auge und berichtete an Wright?
Obwohl ihm jedes Treffen mit Wright zuwider gewesen war, graute ihm vor ihrer
nächsten Begegnung ganz besonders. Er würde einigermaßen höflich zu dem Kerl
sein müssen, der für die Ermordung von Baxter Tate verantwortlich war, ohne
sich auch nur im Entferntesten anmerken zu lassen, dass er Verdacht geschöpft
hatte.
"Noch
Fragen?", erkundigte sich Mr Rush.
Allerdings, dachte Kyle, mehr Fragen, als du beantworten könntest.
Nachdem sie eine volle Stunde lang in den Fall eingeführt worden waren und die
Tatsachen gründlich durchgekaut hatten, führte Sherry Abney Kyle,
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