Grisham, John
Sie sich mit unserer virtuellen Bibliothek vertraut machen,
desto leichter haben Sie es."
Am
Freitagnachmittag um 16.20 Uhr erhielt Kyle eine E-Mail von Bennie Wright.
"Treffen heute um 21 Uhr. Einzelheiten folgen. BW", hieß es darin.
"Kann
nicht", lautete Kyles Antwort.
Wrights
Gegenvorschlag kam prompt. "Morgen um 17 oder 18 Uhr?"
Kyle:
"Kann nicht." Wright: "Sonntag 22 Uhr?" Kyle: "Kann
nicht."
Kyle
schlief noch, als es um zehn nach sieben am Samstagmorgen an seiner Tür
klopfte.
"Wer
ist da?", brüllte er, während er durch das vollgestopfte Wohnzimmer torkelte.
"Wright",
lautete die Antwort.
"Was
wollen Sie?", fragte Kyle an der Tür. "Ich bringe Ihnen Kaffee."
Kyle sperrte auf, nahm die Kette ab, und Wright drängte sich hastig an ihm
vorbei. In der Hand hielt er zwei große Pappbecher mit Kaffee. Er stellte sie
auf der Küchentheke ab und sah sich um. "Was für ein Loch! Ich dachte, Sie
verdienen ordentlich Kohle."
"Was
wollen Sie?", fuhr Kyle ihn an.
"Ich
mag es nicht, wenn man mich ignoriert", fauchte Wright zurück, fuhr herum
und sah aus, als wollte er sich auf Kyle stürzen. Sein Gesicht war angespannt,
seine Augen funkelten wütend. Er fuchtelte Kyle mit dem Finger direkt unter der
Nase herum. "Wagen Sie es bloß nicht, mich zu ignorieren,
verstanden?", zischte er. Es war das erste Mal, dass Kyle ihn wirklich
aufgebracht sah.
"Regen
Sie sich nicht so auf."
Kyle drängte sich an ihm vorbei, wobei er ihn mit der Schulter rammte, ging ins
Schlafzimmer und holte sich ein T-Shirt. Als er ins Wohnzimmer zurückkam, nahm
Wright gerade die Deckel von den Bechern.
"Ich
will ein Update."
Die nächstbeste Waffe war eine billige Keramiklampe, die Kyle in einem
Secondhandladen erstanden hatte. Er nahm den Kaffee, ohne sich zu bedanken.
Beim Anblick der Lampe stellte er sich vor, wie schön sie auf Wrights kahlem
Schädel zerbrechen würde, wie wunderbar es wäre, Lampe und Schädel splittern zu
hören, wie leicht er immer weiter auf die miese Ratte eindreschen konnte, bis
der Kerl tot in einer Blutlache auf dem billigen Teppich lag. Grüße von meinem
alten Freund Baxter. Kyle nippte an seinem Kaffee und holte tief Luft. Sie
standen immer noch. Wright trug seinen grauen Trenchcoat. Kyle steckte in roten
Boxershorts und einem verknitterten T-Shirt.
"Ich
bin gestern dem Trylon-Verfahren zugeteilt worden.
Da
sind Sie bestimmt ganz furchtbar überrascht - oder wussten Sie es vielleicht
schon?"
Wrights Blick blieb ausdruckslos. Er trank von seinem Kaffee. "Und der
Geheimraum im siebzehnten Stock? Erzählen Sie mir davon."
Kyle
gehorchte.
"Was
ist mit den Rechnern?"
"Hersteller
unbekannt. Einfache Desktops, aber angeblich speziell für dieses Projekt gebaut
und mit einem Server im Nebenzimmer verbunden. Jede Menge Speicherplatz, alle
Schikanen. Überall Videokameras und ein Sicherheitsexperte im Raum nebenan, der
alles überwacht. Wenn Sie mich fragen, ist das eine Sackgasse. Da kann man
nichts klauen."
Wright kommentierte das mit einem Knurren. "Wir haben schon ganz andere
Sicherheitsvorkehrungen geknackt", verkündete er mit selbstgefälliger
Miene. "Man kann alles klauen. Überlassen Sie das uns. Die Software heißt
Sonic?"
"Ja."
"Beherrschen
Sie das Programm?"
"Noch
nicht. Heute Vormittag arbeite ich die nächste Lektion durch."
"Wie
viele Dokumente?"
"Über
vier Millionen."
Das
brachte Wright zum einzigen Mal an diesem Morgen zum Lächeln. "Was ist mit
dem Zugang zu dem Raum?"
"Öffnungszeiten
jeden Tag von sechs bis zweiundzwanzig Uhr. Es gibt nur eine Tür, und die wird
von mindestens drei Kameras überwacht."
"Müssen
Sie sich bei irgendwem anmelden?"
"Ich
glaube nicht. Aber über die Schlüsselkarte wird erfasst, wann man den Raum
betritt und wieder verlässt."
"Zeigen
Sie mir die Karte."
Widerstrebend holte Kyle die Schlüsselkarte aus dem Schlafzimmer und gab sie
ihm. Wright untersuchte sie akribisch und händigte sie ihm dann wieder aus.
"Ich will, dass Sie den Raum in den nächsten Tagen so oft: wie möglich
aufsuchen, aber ohne sich verdächtig zu machen. Gehen Sie zu verschiedenen
Zeiten, behalten Sie alles im Auge. Wir treffen uns am Donnerstag um zweiundzwanzig
Uhr im Four Seasons Hotel in der Fifty-seventh Street. Zimmer 1780.
Verstanden?"
"Klar
doch."
"Und
keine Überraschungen."
"Zu
Befehl, Sir."
Kapitel
31
In Anbetracht der Tatsache, dass es in Manhattan achtundsiebzigtausend Anwälte
gab, hätte es eigentlich nicht schwer
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