Grisham, John
Atwater und
die sechs anderen Anwaltskollegen in den Geheimraum im siebzehnten Stock.
"Geheim" war ein relativer Begriff, wenn man bedachte, dass Wright
und Nigel davon wussten. Unterwegs wurden sie einem Nichtjuristen namens Gant
vorgestellt, der offenbar Sicherheitsexperte war. An der Tür mussten sie stehen
bleiben, weil Gant ihnen erklären wollte, dass es sich um den einzigen Zugang
handelte. Es gab nur einen Weg, in den Raum zu gelangen und ihn wieder zu
verlassen, und dafür war eine codierte Plastikkarte, etwas kleiner als eine
Kreditkarte, erforderlich. Jeder Anwalt bekam eine solche Karte, über die alle
Besuche in dem Raum individuell erfasst wurden. Gant deutete mit dem Kopf zur
Decke, wo Videokameras jede Bewegung aufzeichneten.
Der Raum hinter der Tür war etwa so groß wie das Büro von Wilson Rush. Keine
Fenster, kahle Wände, Teppichboden in tristem Olivgrün. Die gesamte Einrichtung
bestand aus zehn quadratischen Tischen, auf denen jeweils ein großer Computer
stand.
Sherry Abney übernahm. "In dieser Sache gibt es mittlerweile vier
Millionen Dokumente, die sich alle hier in unserem virtuellen Archiv
befinden", sagte sie, während sie mit mütterlichem Stolz einen der Rechner
tätschelte. "Die Dokumente selbst liegen in einem gesicherten Lagerhaus in
Wilmington, sind aber allesamt von hier aus zugänglich. Der Hauptserver steht
nebenan in einem verschlossenen Raum." Sie hörte mit dem Tätscheln gar
nicht mehr auf. "Das sind absolute High-End-Computer, eigens für uns von
einer Firma gebaut, die Sie nicht kennen und auch nicht kennen lernen werden.
Versuchen Sie auf keinen Fall, sie zu reparieren, zu untersuchen oder die
Hardware sonst irgendwie zu manipulieren.
Die Software heißt Sonic und ist ebenfalls für diesen Fall maßgeschneidert. Im
Grunde handelt es sich um eine Version von Barrister, die unsere internen Leute
aus Sicherheitsgründen aufgepeppt haben. Der Zugangscode ändert sich jede Woche.
Das
Passwort wechselt täglich, manchmal zweimal täglich. Darüber werden Sie in
einer verschlüsselten E-Mail informiert. Falls Sie versuchen, mit dem falschen
Code oder Passwort auf die Akten zuzugreifen, ist der Teufel los. So was könnte
Sie Ihren Job kosten."
Sie warf einen drohenden Blick in die Runde. "Es handelt sich um ein
geschlossenes System, auf das von keinem anderen Rechner innerhalb oder
außerhalb der Kanzlei zugegriffen werden kann. Obwohl es online läuft, ist es
für Sie nicht erreichbar. Dies hier ist der einzige Raum, in dem die Akten für
Sie zugänglich sind, und er ist von zweiundzwanzig Uhr bis sechs Uhr
geschlossen. Tut mir leid, hier gibt es keine Nachtschichten. Dafür ist der
Raum sieben Tage die Woche geöffnet."
Unter ihrer Anleitung setzte sich jeder der Anwälte an einen Rechner und
erhielt Zugangscode und Passwort. Nichts auf dem Bildschirm deutete daraufhin,
wer den Computer gebaut oder die Software geschrieben hatte.
Sherry Abney wanderte wie eine Universitätsprofessorin von einem Anwalt zum
nächsten und begutachtete die Bildschirmanzeige. "Ganz am Anfang finden
Sie ein ausführliches Selbstlernprogramm. Ich kann Ihnen nur raten, es heute
durchzuarbeiten. Rufen Sie den Index auf. Die Dokumente sind in drei Hauptgruppen
mit einhundert Untergruppen unterteilt. Kategorie A enthält harmlosen Kram, den
Bartin schon bekommen hat - Briefe, E-Mails, interne Memos, die Liste ist
endlos. Kategorie B enthält vorzulegendes Material, das noch nicht vollständig
ausgehändigt wurde. In Kategorie T - >T< für topsecret - finden Sie die
wirklich interessanten Sachen, etwa eine Million Dokumente, die sich mit der
technologischen Forschung befassen, um die es bei diesem kleinen Rechtsstreit
geht. Die Unterlagen sind absolut geheim, vertraulich, und außer dem Richter
weiß niemand, ob Bartin sie je zu Gesicht bekommen wird. Mr Rush glaubt nicht.
Kategorie T ist nicht vorlegungspflichtig, unterliegt der Schweigepflicht, ist
Produkt der Arbeit eines Rechtsanwalts. Wenn Sie auf Kategorie T zugreifen,
wird das automatisch auf Mr Gants Computer nebenan registriert. Noch
Fragen?"
Die acht Juristen starrten auf ihre Monitore und dachten alle dasselbe: vier
Millionen Dokumente im Archiv, die irgendwer lesen musste.
"Sonic
ist fantastisch", fuhr Sherry Abney fort. "Wenn Sie das Programm
beherrschen, können Sie damit innerhalb von Sekunden Dokumente oder
Dokumentengruppen finden. Ich bin den Rest des Tages hier und halte einen
Workshop. Je eher
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